Ich habe kaum geschlafen und bin froh als der Morgen da ist. Eigentlich wollte ich früh losgehen. Ich ziehe mich an, setze mich aber dann nochmal ins Zelt. Durch die Bäume kann ich sehen, wie der Himmel sich verfärbt und die Sonne aufgeht. Davor die herbstlich verfärbten Blätter. Das sieht schön aus. Ich sitze einfach eine Weile da und beobachte wie die Blätter sich in dem warmen Licht bewegen und gold leuchten.

Dann schreibe ich erstmal noch in Ruhe von gestern. Da habe ich gerade Lust zu. Dann ist das erledigt.

Es ist kurz vor 9 Uhr bis ich fertig bin. Ich habe vorhin schon einen Trailläufer mit Stirnlampe beobachtet. Es geht weiter die Schotterstraße hinab. Und inzwischen kommen mir auch einige Leute entgegen. Über dem Tal hängen wieder die Wolken.

Es ist nicht zu steil und ich kann entspannt gehen. Die ersten 500 Höhenmeter geht es nur runter. An einem Bach fülle ich mein Wasser auf. Das schmeckt besonders gut. Es schmeckt schon unterschiedlich aus den verschiedenen Quellen. Ich trinke eine Flasche direkt leer und fülle sie wieder auf.

Dann geht es über die Straße am Kesselberg Pass. Genau zwischen Kochel- und Walchensee. Auf der anderen Straßenseite steht auf den Wegweisern nun die Tutzinger Hütte angeschrieben. Mit 7 Stunden Gehzeit. Das wollen wir ja mal sehen. Mein Plan war, dass ich erst zur Hütte gehe, dort was leckeres esse und dann zum Gipfel und dort schlafe. Allerdings bin ich dafür jetzt wahrscheinlich zu spät losgegangen.

Nun heißt es schnell umschalten auf Bergauf-Antrieb. Der Waldweg führt direkt steil hinauf, erst einige Stufen, dann in vielen Kehren. Puh, ist das anstrengend. Ich muss meine Anstiegs-Muskeln wohl erst noch warmlaufen. Nach einer Weile geht es besser. Und bald schmelzen die Höhenmeter nur so dahin und ich bin recht zügig unterwegs. Es ist ein schöner Pfad durch den Wald.

Nach 500 Höhenmetern wird es flacher und ich gehe über Wiesen. Oder Weiden. Aber Kühe sind hier oben nicht mehr anzutreffen. Viehscheid war schon. Auf einem Schild steht, dass die Jocher-Alm im Sommer bewirtschaftet ist. Dann ist da jetzt bestimmt niemand mehr.

Als ich näherkomme, sehe ich dort Leute. Und auf der Terrasse sitzt auch eine Gruppe mit Getränken vor sich. Dann gibt es ja doch noch was. Wie schön. Ich freue mich riesig darüber. Dann kann ich hier Pause machen und was essen und dann später direkt zum Gipfel gehen. Das ist ein guter Plan. Diese Woche wird hier alles winterfest gemacht, ab nächster Woche ist dann geschlossen.

Bei herrlichstem Sonnenschein setze ich mich auf die Terrasse. Trinke eine Birne-Holler-Schorle, esse Spinatknödel-Suppe und zum Abschluss noch ein Stück Apfel-Streusel-Kuchen. Das schmeckt gut.

Die nächsten 10 Kilometer geht es nun immer mal ein bisschen hoch und wieder runter. Über Wiesen, an Almen vorbei und viel auf einem schmalen Pfad am Hang entlang. Der Weg schlängelt sich so an den Bergen entlang.

Hier kann man den Weg vor lauter Blättern kaum erkennen.

An einem schönen Bach, der den Berg hinunter kommt, mache ich noch eine kurze Pause. Ich wasche mich ein bisschen und kühle mich ab. Das tut gut.

Vereinzelt treffe ich immer wieder Leute. Ich hatte mich vorher gefragt, wie voll es wohl auf den Wegen wird. Vor allem während der Herbstferien. Aber wenn nicht gerade eine Seilbahn in der Nähe ist, ist auch nicht viel los.

Ich muss ziemlich häufig über umgefallene Baumstämme klettern oder mich darunter herducken. Ich habe letztens gesehen, dass ich ein Loch in meiner langen Hose am Hintern habe. Das ist, glaube ich, von den quer liegenden Bäumen am Tegelberg. Da bin ich an einigen Ästen hängengeblieben.

Dahinten rechts ist die Benediktenwand zu sehen. Das sieht noch so weit aus.

Ich begegne einem Mann, der mich direkt fragt, ob ich den Maximiliansweg gehe und bis wohin ich heute möchte. Er wünscht mir noch viel Spaß.

Ich folge einem breiten Schotterweg und biege auf einen felsigen Pfad in den Wald ab. Jetzt geht es wieder nach oben und ich erreiche endlich die Glaswandscharte. Hier wäre ein Abzweig zur Tutzinger Hütte. Aber ich hoffe einfach sehr, dass die Biwakschachtel am Gipfel nicht verschlossen ist. Sollte sie eigentlich nicht sein. Sonst könnte ich immer noch absteigen zur Hütte.

Also gehe ich steil weiter bergauf. Ein Mann, der mir entgegenkommt, meint, er hätte von hier noch eine halbe Stunde gebraucht zum Gipfel. Super, das schaffe ich. Auch wenn es anstrengend ist inzwischen. Ich mache viele Trinkpausen.

Es geht in engen Kehren hinauf. Dann lichten sich die Bäume und der Pfad schlängelt sich durch Latschenkiefern. Zwischendurch nochmal ein bisschen runter, durch eine Senke und über Felsen wieder hinauf. Unten liegen noch Schneereste.

Mir kommen Leute entgegen und jedesmal denke ich, das sind jetzt bestimmt die Letzten. Dann habe ich den Gipfel gleich für mich. Hoch geht jetzt bestimmt niemand mehr. Es fängt gerade an zu regnen. Nur ein paar Tropfen. Dann nochmal. Als ich oben bin, hat es aber wieder aufgehört.

Zuerst sehe ich das Gipfelkreuz, dann die kleine Schutzhütte. Ihr seht sie unten rechts auf dem Foto. Geschafft!

Ich gehe zuerst zu der kleinen Holzhütte. Die Tür ist nicht verschlossen, aber ich bekomme sie nicht auf. Na toll. Das kann doch nicht sein. Der Riegel, wo ein Schloss hängen könnte, ist offen. Und ansonsten gibt es nur eine rostige Eisenstange. Die kann ich kaum bewegen. Vielleicht klemmt sie nur. Ich drücke sie nach oben und nach unten. Es passiert nichts. Also nochmal. Ich drücke gegen die Tür und siehe da, das geht doch ganz einfach. Glück gehabt.

Die Hütte ist klein, mit umlaufender Bank an den Wänden und Nägeln als Haken. Das reicht zum Schlafen. Man ist vor Wind und Wetter geschützt. Um draußen zu schlafen, ist es hier ein bisschen zu windig. Ich stelle meine Sachen ab und gehe die paar Schritte hoch zum Gipfelkreuz. Erstmal anschlagen. Auf der Benediktenwand auf 1.800 Meter Höhe.

Ich ziehe mich um und bereite mein Schlaflager auf dem Boden. Wobei ich erstmal fege, es liegt ein Handfeger herum. Ich erschrecke mich als jemand zur Tür herein schaut. Dann bin ich wohl doch nicht alleine. Simone möchte auch hier schlafen. Ich wäre gerne alleine gewesen, aber der Gedanke verfliegt schnell. Es wird ein richtig schöner Abend. Platz ist hier genug für 2 Leute.

Es zieht immer mehr zu. Vor allem Richtung Westen wird drr Himmel immer dunkler. Ob man bei den Wolken überhaupt den Sonnenuntergang sehen kann? Wir quatschen so viel, dass wir ihn am Ende fast verpassen. Irgendwann schaut Simone zur Tür raus. Der Himmel ist ganz orange verfärbt. Schnell die Kamera mitnehmen und nochmal hoch zum Gipfelkreuz. Das ist der Wahnsinn. Wunderschön. Dadurch dass so viel Feuchtigkeit in der Luft ist und es da hinten zu regnen scheint, verbreitet sich die Farbe ganz diffus. Ein Traum.

Als wir wieder in der Hütte sitzen und gegessen haben, erschrecke ich mich nochmal. Da ist noch jemand. Auch Barbara möchte hier schlafen. Sie überlegt noch, ob sie draußen schläft, aber wir rücken lieber zusammen auf dem Boden der Hütte. Das ist zu windig draußen. Es pfeift ganz schön. Das ist echt lustig. 3 Solo-Wandersfrauen, die sich hier zufällig zum Gipfel-Biwak treffen. Und wir haben alle gedacht, dass wir im Oktober und unter der Woche hier oben alleine sein würden. Wir quatschen über Wanderungen und Ausrüstung. Es hat jeder was zu erzählen und gute Tipps. Simone ist zum Beispiel schon den CDT (Continental Divide Trail) in den USA gelaufen. Beide wohnen in der Nähe und schlafen gerne draußen. Es ist super entspannt und lustig. Schön, dass wir uns getroffen haben.


19,2 km
5:35 h
1.350 hm
916 hm
1.817 m