Ich schlafe ein bisschen. Wache auf, öffne die Augen und habe einen gigantischen Sternenhimmel über mir. Ich muss nochmal aufstehen und mich umschauen.

Über Ruhpolding hat sich ein bisschen Hochnebel gesammelt. Die Wolken über mir werden weniger und die Sterne funkeln.

Das ist echt der beste Schlafplatz. Ich wundere mich erst, woher das ganze Licht kommt. Es ist Wahnsinn, wie viel Licht eine große Stadt wie Salzburg in den Himmel schickt. In die Richtung sind auch deutlich weniger Sterne zu sehen.

Bei diesem Blick aus dem Schlafsack, kann man gut einfach da liegen und in der Gegend herumschauen. Ich sehe sogar noch 2 Sternschnuppen.

Ich schlafe zwar nicht so viel, aber das stört mich heute nicht. Gerade als ich meine Luftmatratze einrolle und es mir mit meinem Schlafsack am Gipfelkreuz gemütlich machen möchte, sehe ich das erste Licht den Berg herauf kommen. Ich habe mir schon gedacht, dass Leute am Wochenende hier Sonnenaufgangs-Wanderungen hin machen.

Es ist eine junge Frau. Sie fragt ganz erstaunt, ob ich hier geschlafen hätte und findet das ziemlich cool. Sie hat ihre Spiegelreflexkamera dabei und meint, dass sie ihre Freunde leider nicht so früh aus dem Bett bekommt für eine gemeinsame Tour.

Kurze Zeit später kommen noch ein Trail-Läufer, ein Papa-Tochter-Duo und zwei Freundinnen an. Wir verteilen uns auf den Felsen, es ist genug Platz für alle. Und beobachten gespannt die Wolken unter uns und den Himmel, der sich so schnell verändert. Die Sonne schickt ihre ersten Strahlen.

In die andere Richtung ist das Licht ganz sanft und weich.

Diese Sonnenaufgänge oben in den Bergen sind echt wunderschön. Jetzt sehen die Wolken toll aus.

Ich blicke gebannt Richtung Osten. Als ich mich umdrehe, sieht es dort aber auch so toll aus. Man müsste hier in alle Richtungen gleichzeitig gucken können.

Etwa eine Stunde später ist das Farb-Spektakel vorbei. Die Sonne ist über den Bergen aufgetaucht und es ist taghell. Mir wird von 2 Leuten etwas zu Essen angeboten. Ob ich denn auch Frühstück dabei hätte. Das ist lieb, ich bin versorgt. Ich schaue allerdings doch etwas neidisch auf die Nuss-Nougat-Croissants.

Ich breite meinen Schlafsack zum Trocken über den Felsen aus. Gut, dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass etwas wegfliegt. Das kenne ich auch anders von Gipfel-Biwaks.

Ich zögere alles ein bisschen hinaus und lasse mir Zeit. Ich möchte noch nicht absteigen. Möchte nicht runter ins Tal. Als alle anderen verschwunden sind, ziehe ich mich um und packe meine Sachen. Na gut, so langsam wird es mir zu frisch. Um kurz vor 9 Uhr gehe ich auch los. Umarme kurz das Gipfelkreuz und freue mich, dass ich es gestern hierhin geschafft habe. Dass ich so einen schönen Abschluss der Berg-Etappen hatte.

Eine ganze Weile gehe ich nun denselben Weg zurück, den ich gestern gekommen bin. Die Kehren zum Reichenhaller Haus hinunter und dann den felsigen Pfad am Hang entlang. Jetzt kann ich entspannt gehen und mich mehr umschauen. Hier gefällt es mir.

Ich hole schnell Papa und Tochter ein, die im Trödel-Tempo unterwegs sind. Ich gehe schon langsam, aber so zu trödeln bekomme ich irgendwie nicht hin. Wir beobachten eine Gämse, dann überhole ich sie. Die Felsformationen sind klasse.

Da vorne rechts ist der Mittelstaufen zu sehen. Die linke Flanke sieht ziemlich steil aus. Hier erkennt man es besser als gestern auf dem Foto von unten. Da geht der Weg hoch.

Hier nochmal als ich näher dran bin. Ich überlege kurz, meinen Rucksack stehen zu lassen und es nochmal zu versuchen. Aber heute nicht. Jetzt möchte ich einfach ganz entspannt absteigen.

Also folge ich dem Pfad über das Schotterfeld. Solche Querungen mag ich nicht so sehr, wenn es so steil ist. Aber hier geht es gut.

Danach geht es wieder in Kehren zwischen Latschenkiefern hinab. Bis ich zum Abzweig von gestern komme. Jetzt gehe ich schön brav am Absperrband vorbei und folge den komfortablen Stufen durch den Wald nach unten.

Man sieht immer wieder, wo die Wegewarte schon fleißig aufgeräumt haben. Baumstämme zersägt und Äste an die Seite geräumt haben. Der Weg ist einfach und gut zu gehen. Ich quere noch ein Geröllfeld und komme dem Hochnebel immer näher.

Etwas später bin ich dann abgetaucht und gehe durch den nebeligen Wald. Ich hoffe, die Sonne löst den Nebel auf und kommt heute bis ins Tal.

Ich komme auf eine Schotterstraße und gehe bald auf Asphalt weiter. Durch ein Wohngebiet und über Spazierwege durch einen Park. Hier sind Jogger und Leute mit ihren Hunden unterwegs. Es grüßen nur wenige. Ich überquere die Saalach und gehe auf dem Bürgersteig ins Zentrum von Bad Reichenhall.

Hier gefällt es mir nicht. Es ist laut, stinkt nach Abgasen und die Leute sind nicht so entspannt wie oben in den Bergen. Es ist gerade mal halb 12. Den Abstieg habe ich geschafft. Jetzt habe ich noch etwa 2 Stunden zum Campingplatz. Ich habe mir ein Café rausgesucht, das ganz nett aussieht. Das öffnet aber erst um 12 Uhr. Also gehe ich durch die Fußgängerzone. Auf dem Rathausplatz ist ein Street Food Festival. Das Essen sieht gut aus, aber ich bin so durchgefroren, ich möchte gleich irgendwo gemütlich drinnen sitzen. Um die Wartezeit zu überbrücken, schaue ich auf dem Handy nach einem Hotelzimmer in Berchtesgaden. Für meine letzte Nacht morgen. Wenn alles geschafft ist. Als Belohnung möchte ich in die Sauna gehen. Nach einiger Recherche finde ich ein bezahlbares Zimmer. Mit Sauna im Hotel, gutem Frühstücksbuffet und nur 5 Minuten vom Bahnhof. Super. Gebucht. Ich freue mich drauf.

Jetzt saß ich doch auf einer Bank in der Kälte und vor allem meine Finger sind eisig. Hier im Tal kommt es mir so viel kälter vor als oben in den Bergen. Ich mache mich auf den Weg zum Café, was wirklich schön ist. Von außen nicht so, aber drinnen ist es gemütlich. Und der Kellner ist super entspannt und nett. Ich bestelle mir eine heiße Zitrone und eine Suppe. Erstmal wieder warm werden. Das tut gut. Ich schreibe ein bisschen und gönne mir auch noch ein Stück Kuchen und einen Kakao.

Ich kaufe im Supermarkt noch etwas Verpflegung für heute Abend. Ich habe ja gestern alles aufgegessen. Dann geht es aus dem Ort raus. Hinweise auf den Maximiliansweg finde ich nicht mehr. Es geht noch einige Zeit an Straßen entlang. Ab dem großen Wanderparkplatz in Bayerisch Gmain ist dann der Maximilians-Reitweg ausgeschildert.

Ich gehe über breite und einsame Wege durch den Wald. Direkt neben den Bahngleisen. So richtig schön ist es nicht. Ich möchte auch einfach nur ankommen am Campingplatz. Ich fühle mich total klebrig und dreckig. Ich freue mich so sehr auf eine Dusche. Und vielleicht kann ich ja auch meine Klamotten in die Waschmaschine schmeißen. Dann wäre ich frisch für Hotel und Rückfahrt.

Es geht relativ eben weiter. Große Höhenunterschiede kommen jetzt nicht mehr. Auf der anderen Seite der Bahngleise und der Bundesstraße geht es hinter Höfen und Weiden am Waldrand entlang. Viel Sonne bekomme ich leider nicht ab. Kurz vor Winkl geht es noch ein Stück auf dem Radweg direkt an der Straße entlang. Da hinten der Watzmann und links daneben der Kleine Watzmann bzw. die Watzmannfrau. Dazwischen die Watzmannkinder, von denen ich von hier aber nicht viel sehe.

Gegen halb 5 komme ich am Campingplatz an. Durch die Hecke sehe ich schon die leere Zeltwiese. Ich gehe um das Haus zur Rezeption und wundere mich, dass die Tür verschlossen und die Jalousie zugezogen ist. Laut Schild ist bis 18 Uhr geöffnet. Es gibt auch keinen Zettel mit Telefonnummer oder weiteren Informationen. Ich klingle, aber es tut sich nichts. Dann schaue ich nochmal auf der Webseite. Auch keine Telefonnummer. Im Impressum muss es doch eine geben. Die rufe ich an. Und höre eine Ansage, die mir mitteilt, dass bis zum 04.11. Betriebsruhe ist. Echt jetzt? Das hätte man ja auch mal irgendwo hinschreiben können. Geknickt schaue ich mich um und setze mich auf die Bank neben der Tür. Ich hatte mich so gefreut auf die Dusche und einen Schlafplatz zu haben. Wenn auch nochmal auf meiner Luftmatratze. Ich schaue nach Alternativen. Aber die sind teuer und alle mindestens 5 Kilometer entfernt. Jetzt mag ich gerade nicht mehr. Ich sitze da und weiß nicht wohin.

Irgendwann kommt eine Frau aus dem Haus. Ob sie mir helfen könne. Sie sieht aber eher so aus, als wollte sie mich schnell von ihrem Grundstück vertreiben. Nein, mein Zelt kann ich hier nicht aufstellen, es ist alles zu. Und in der Nähe gibt’s auch nichts. Was ich mache interessiert sie nicht. Ich soll mit dem Bus nach Berchtesgaden fahren für eine Unterkunft. Danke für die Hilfe. Es kann ja nicht jeder so nett sein, den ich treffe. Ich studiere meine Umgebung auf der Karte. Dann wird es wohl noch eine Nacht im Wald. Auf dem kleinen Berg hinter mir sind oben die Höhenlinien nicht so dicht, vielleicht finde ich dort einen Platz. Dann geht es jetzt halt doch nochmal 200 Höhenmeter hoch. Ich bin sauer und als ich weitergehe, laufen mir 2 Tränen die Wange runter.

Ich gehe am Campingplatz entlang und über einen schön klaren Bach. Dann kann ich hier ja schonmal Wasser auffüllen. Ein paar Meter weiter führt ein Trampelpfad in den kleinen Wald direkt am Ufer. Vielleicht habe ich hier unten ja schon Glück und muss gar nicht mehr auf den Berg. Als der Trampelpfad endet, balanciere ich noch ein Stück weiter über dicke Steine am Rand des Baches. Zwischen den Bäumen entdecke ich eine Stelle, die gerade groß genug für mein Zelt sein dürfte. Hier kommt bestimmt niemand hin. Auf der anderen Seite kann ich zwar ein Stück der Straße sehen, aber es wird ja gleich dunkel. Dann passe ich eben auf mit Licht.

Ich warte noch damit, mein Zelt aufzubauen. Erstmal ziehe ich mich um, packe mich warm ein und dann wird gegessen.

Als es zu dämmern beginnt, baue ich mein Zelt auf. Das Abspannen ist etwas schwierig. Eine Leine binde ich an einem Ast fest. In dem Moos halten die Heringe nicht. Es steht etwas schief, aber es wird reichen für die eine Nacht. Ich liege in einer Mulde, die gerade reicht vom Platz. Vielleicht kann ich die Luftmatratze nur unterlegen, ich habe ja noch eine dünne Matte unter dem Zelt liegen. Aber das wird mir schnell zu kalt. Also doch nochmal mit Ballon unter den Füßen schlafen und etwas angespannt, dass es wieder einen Knall gibt. Ich bin froh, dass ich jetzt doch so schnell einen Schlafplatz gefunden habe.


20,7 km
4:45 h
347 hm
1.412 hm
1.748 m