Ich bin früh wach und lausche dem Wind. Die Nacht war richtig ruhig und ich habe gut geschlafen. Die starken Windböen, die angesagt waren, bleiben aus. Ich habe heute nur noch einen kurzen Weg nach Lakselv, deswegen lasse ich mir Zeit und trinke in Ruhe Tee. Ich bin übrigens so glücklich über meine Trinkflasche aus Titan, die ich auch direkt auf meinen Kocher stellen kann, wenn mein Topf schon in Gebrauch ist. Um nichts in der Welt würde ich sie gegen eine Plastikflasche tauschen, nur um Gewicht zu sparen.

Um Viertel vor 9 geht’s dann los. Ich schaue mich erstmal um, wo ich hier gestern im Dunkeln gelandet bin. Und überquere die Hängebrücke jetzt nochmal im Hellen.

Es ist ganz freundlich draußen und gar nicht so kalt. Es soll sogar bis 10 Grad warm werden. Ich habe meinen nassen Sachen von gestern eingepackt und nur meinen Fleecepulli und meine Windjacke an. Die sind trocken geblieben. Es fühlt sich gut an, mal nicht in Regenjacke loszugehen.

Ich folge weiter der Straße. Unterwegs rufe ich beim Campingplatz an und frage nach, ob ich 2 Nächte bleiben kann. Heute könne ich ein Zimmer haben, aber morgen wäre schon alles belegt. Zur Not könne ich aber in einem Wohnwagen übernachten, der dort steht. Oder eben mein Zelt aufbauen.

Hier sind die Schilder sogar dreisprachig. Norwegisch, nordsamisch und kvenisch bzw. finnisch.

Kurz hinter dem Schild fängt ein breiter Gehweg an und ich muss nicht mehr direkt an der Straße gehen. Ich kann von weitem schon den Porsangerfjord sehen. Auf der Karte hat allerdings jede Bucht nochmal einen eigenen Namen. Ich gehe durch ein Wohngebiet und steuere erstmal das Zentrum an, wo die Geschäfte sind. Es ist kein großer Ort mit etwas über 2.000 Einwohnern, aber die größten Siedlung in der Region. Sogar mit Flughafen.

Ich schaue im Sportladen vorbei, um herauszufinden, wie groß die Auswahl an Real Turmat Gerichten ist. Nicht, dass ich die nächsten Wochen nur Lapskaus essen muss. Es gibt aber eine ganze Wand voll mit den orangenen Tüten. Ich wollte eigentlich morgen in Ruhe alle Besorgungen machen, kaufe aber jetzt schon ein. Ich frage nach einem Rabatt für die 24 Gerichte, die jeweils um die 10 Euro kosten. Den gibt es nicht, dafür bekomme ich aber die Gaskartusche für 19 Euro geschenkt. Ich ärgere mich nochmal richtig über das verschwundene Paket, als ich bezahle. Nicht nur, dass in meinen selbstgedörrten Gerichten eine Menge Zeit und Geld steckte, jetzt muss ich noch viel mehr für neues Essen ausgeben. Und habe damit nicht mal annähernd so viele Kalorien. Ein Gericht hat um die 600 Kilokalorien. Meine selbstgemachten Gerichte hatten jeweils 1.000 Kilokalorien und davon hatte ich 2 pro Tag plus meine Tüte mit Nüssen und Trockenfrüchten.

Mit der großen Intersport-Tüte in der Hand, geht’s dann weiter zu einem Café, das ich vorher schon ausfindig gemacht hatte. Hier verbringe ich den Nachmittag und freue mich, dass es mal ganz normales Essen gibt und nicht nur Fast Food. Bei einem Stück Lasagne für schlappe 18 Euro plane ich nun meine letzte Etappe. An die norwegischen Preise werde ich mich nicht gewöhnen. Da ich nun keine Papierkarten mehr habe, suche ich auf meinem Handy die Karte nach einer Alternative zur Straße ab. Und finde eine Quad-Spur, die mich auf die Gaissane Hochebene führt. Dann könnte ich bis zum Stálogáisá querfeldein gehen und treffe dort auf eine kleine Kraftwerksstraße. Ab Ifjord würde ich dann Straße gehen, bis es querfeldein zum Kinnarodden geht. Das wäre noch ein bisschen Abenteuer und eine gute Mischung aus Wildnis und Straße. Das gefällt mir. Bleibt nur noch das Zeitproblem. Wenn ich jetzt nicht komplett Straße gehe, komme ich nicht so schnell vorwärts und hätte keinen Puffer mehr, wenn ich doch irgendwo nicht weiterkomme und einen größeren Umweg gehen müsste.

Jetzt mache ich mich aber erstmal auf den Weg zum Campingplatz, der etwas außerhalb liegt. Ich beziehe mein kleines Zimmer mit eigenem Bad. Meine nassen Sachen müffeln und ich habe mich noch nie so gefreut, die Waschmaschine nutzen zu können. Ich ziehe meine Regenjacke und -hose an und schmeiße alle anderen Klamotten in die Maschine. Meine Regensachen wasche ich dann auch noch und laufe jetzt in Handtuch-Rock und Daunenjacke rum. Die neue Mode. Hoffentlich ist bis morgen alles trocken, dass ich wieder was zum Anziehen habe.

Abends setze ich mich dann wieder an die Planung. Ich würde gerne meine Rückreise um eine Woche nach hinten verschieben, damit ich keinen Stress habe. Nicht, um die Wanderung in die Länge zu ziehen, nur um wieder ein bisschen Puffer zu haben. Die restlichen Tage verbringe ich dann einfach im Mehamn. Ich freue mich, dass es von meinem Chef direkt grünes Licht gibt und auch Olaf mich eine Woche später in Hirtshals abholt. Dann rufe ich noch bei den Hurtigruten an. Einen Versuch ist es wert, nach einem Rabatt für die Rückfahrt zu fragen. Bei den Preisen… Ich spreche mit einer nettten Dame, die allerdings nichts am Preis machen kann. Sie verspricht mit ihrem Teamleiter zu sprechen, der jetzt schon im Wochenende ist und sich am Montag nochmal zu melden. Hoffentlich habe ich dann noch Empfang. Dann warte ich noch mit der Buchung.

Der Campingplatz liegt direkt am Fjord. Am nächsten Morgen ist aber kaum Wasser da. Gibt es hier Gezeiten?

Ich spreche nochmal mit der lieben Besitzerin und sie meint, ich könne wahrscheinlich mein Zimmer behalten. Sie würde das schon irgendwie einrichten. Das ist ja super. Gut, dass so Menschen wie in Skoganvarre eine Ausnahme sind. Sie macht mir außerdem einen super Preis und bietet an, dass es noch günstiger wird, wenn ich selber putze. Kein Problem. Sie zeigt mir das Putzzeug und gibt mir frische Bettwäsche und Handtücher. Für beide Nächte zahle ich dann nur 38 Euro. Ein richtiges Schnäppchen! Ich freue mich. Normalerweise kostet ein Zimmer hier 68 Euro pro Nacht.

Dann muss ich meinen Proviant noch vervollständigen. Ich brauche Snacks für tagsüber, die ich beim Gehen essen kann, wenn es zu kalt für Pausen ist. Etwas überfordert gehe ich durch die Gänge im Supermarkt. Ich brauche Essen für 16 Tage, um auf der sicheren Seite zu sein. Gar nicht so einfach, für so viele Tage Sachen zu kaufen, die möglichst viele Kalorien haben und in meinen Rucksack passen. Es war so gut, das bisher nicht unterwegs machen zu müssen. Meine Versorgungspakete waren so schön durchgeplant.

Im Sportladen schaue ich nach Schuhen. Meine sind zerlöchert und das Profil ist ziemlich abgelaufen. Aber es gibt nur eine kleine Auswahl und nur 2 Paare in meiner Größe. Beide sitzen nicht so super und ich habe Angst, mir damit nur Blasen zu laufen. Also hoffe ich, dass meine mich noch ins Ziel bringen. Dann muss ich sie nur noch ein bisschen flicken und nähen.

Den restlichen Tag verbringe ich wieder in Marthes Bistro. Esse einen Fischburger, schreibe, esse Gebäck, schreibe, trinke einen Milchshake. Pausentage sind ja auch immer dafür da, das Kaloriendefizit ein wenig auszugleichen. Und hier ist es echt lecker. So kann ich noch ein paar eurer lieben Einladungen einlösen. Die meisten gehen statt Tee aktuell für Essen drauf.

Dann geht’s zurück zum Campingplatz und der restliche Abend geht mit telefonieren und weiter schreiben auch schnell um.


15,4 km
2:50 h
85 hm
133 hm
61 m