Es ist perfektes Gipfel-Wetter! Was habe ich ein Glück. Keine einzige Wolke am Himmel, es ist nur blau über mir. Ich wollte eigentlich sehr früh los, um den anderen Leuten aus dem Weg zu gehen, die bestimmt auch heute das gute Wetter für eine Gipfeltour nutzen. Aber das mit dem früh Aufstehen klappt im Moment nicht so gut. Ich bleibe lieber noch ein bisschen liegen. Los geht es dann erst um halb 9.

Hinter der Hütte beginnt direkt der steile Anstieg. Rondslottet – ich komme!

Bei einem Blick in die Karte gestern habe ich gesehen, dass ich sogar auf dem Weg noch über einen anderen Gipfel komme. Ich nehme also heute gleich 2 der 10 Gipfel mit, die über 2.000 Meter hoch sind.

Nach dem ersten steilen Stück wird es wieder ein bisschen flacher. Mich überholen zwei junge Mädels und hinter mir ist noch ein Mann. Auch wenn mich zwischendurch noch jemand überholt, voll ist es nicht auf dem Weg.

Nach dem Abzweig auf den Storronden geht es nach Rondholet. Bis ans Ende der Ebene, wo es dann wieder steil hinauf geht. Der Aufstieg ist echt schweißtreibend. Ich bin froh, dass ich im Bach nochmal mein Wasser auffüllen kann. Oben wird es nicht mehr viele Möglichkeiten geben.

Beim Blick zurück sieht man immer die schneebedeckten Gipfel Jotunheimens.

Das ist eine einzige Steinwüste hier.

Es geht über ein Schneefeld und weiter über die Felsbrocken. Bis ich irgendwann endlich auf dem Sattel zwischen Storronden und Vinjeronden stehe. Das waren aber erst 600 Höhenmeter, das kommt mir heute schon viel mehr vor.

Ich verstecke mich schnell hinter einem Steinmännchen, um dem starken Wind zu entkommen. Und gönne mir eine kleine Pause.

Dann geht es weiter nach oben, am steilen Hang entlang. Immer schön aufpassen, dass die Felsen fest sind, wo ich hintrete. Es gibt genug Ecken und Kanten, wo man sich festhalten kann. Ich wundere mich über alle, die hier mit Trekkingstöcken hochgehen. Zwischendurch immer mal Ausschau nach der nächsten „T“-Markierung halten und sich dann einen Weg in die Richtung suchen. Einen Pfad gibt es nicht wirklich hier auf den Felsen.

Da unten rechts auf dem schmalen Sattel habe ich gerade noch Pause gemacht.

Und dann ist mein erster Gipfel erreicht. Jippieh! Ich stehe auf dem Vinjeronden auf 2.045 Meter Höhe.

Der Blick runter auf den grünen See auf dem Storbotn ist gut. Nur nicht zu nah an die Kante, da hängen noch ein paar Schneefelder ziemlich freischwebend am Fels. Aber der Gipfel ist platt und ziemlich groß. So wie irgendwie die meisten Gipfel hier, habe ich den Eindruck. Ganz anders als in den Alpen.

Auf dem Weg hoch bin ich schon ein Stück mit Håkan zusammen gegangen. Ein Norweger aus Bergen, der jetzt in Oslo wohnt. Er war letztes Jahr mit Freunden zusammen auf dem Storronden gegenüber. Auf den Rondslottet konnten sie nicht hinauf, weil es zu nebelig war. Das will er jetzt nachholen. Mit ein bisschen Unterhaltung vergehen die Höhenmeter gleich viel schneller.

Wir gehen zusammen weiter, dann hänge ich Håkan aber schnell ab. Es geht ein kleines Stück bergab, da bin ich recht schnell. Runter zum nächsten schmalen Sattel und dann wieder hinauf.

Über die Steine zu klettern macht mir Spaß. Bergauf jedenfalls. Trotzdem bin ich inzwischen ziemlich fertig. Die Sonne gibt alles und hier oben kommt noch ziemlich starker Wind dazu.

Endlich ist der Gipfel-Steinturm in Sicht.

Gut, dass der so groß ist. Dahinter können sich gut mehrere Leute vor dem heftigen Wind in Sicherheit bringen.

Ich habe es geschafft! Der Rondslottet mit 2.178 Metern ist bezwungen. Der höchste Gipfel in Rondane und der höchste Punkt meiner Norge på langs Wanderung. Ich bin super glücklich. Und das bei so einem Traum-Wetter.

Erstmal hinter dem Steinturm verkriechen, die Beine ausstrecken und ein bisschen durchatmen. Håkan kommt auch an und setzt sich zu mir. Es sind 10 Leute oder so hier oben, zwischendurch kommt und geht wieder jemand. Ich mache Bekanntschaft mit drei norwegischen Frauen, zwei Israelis und zwei Amerikanern. Wanderer aus aller Welt.

Dann schaue ich mich ein bisschen um auf dem großen Plateau und genieße die Weitsicht.

Wenn ich mir das so anschaue, dann habe ich auf den Abstieg ja gar keine Lust. Die meisten gehen denselben Weg zurück zur Hütte. Den Weg auf der andere Seite nutzen scheinbar nicht so viele Leute. Ich schaue hinab auf mehr Schnee und Felsen, ziemlich steil.

Und es ist tatsächlich schrecklich. Der Schnee ist total nass, weich und rutschig und hält mich kaum noch. Obwohl schon immer wieder Felsen herausschauen, rutsche ich vorsichtig auf dem Hintern herunter. Dann kann ich auch nicht mehr so tief fallen, als wenn ich stehe und ausrutsche.

Ich brauche gefühlt Ewigkeiten für das erste steile Stück. Hinter mir kommt noch ein norwegisches Pärchen, die aber irgendwie querfeldein gehen und nicht den Markierungen folgen. Was bin ich froh, als dann zumindest der Schnee aufhört und ich auf den Felsen wieder einigermaßen normal gehen oder auch klettern kann.

Es geht immer weiter hinab ins Langglupdalen und nachdem ich unten über einen Bach drüber bin, wird es wieder grüner bzw. bunter. Der Boden leuchtet auch hier in Rot- und verschiedenen Grüntönen.

Hier nochmal der Blick zurück auf „meine“ Gipfel.

Ich habe die Norweger vor dem Bach überholt und als ich auf einem Stein nochmal Pause mache, überholen sie mich wieder. Ich gehe von dem markierten Wanderweg nach Bjørnhollia weg und auf einem unmarkierten Pfad weiter. Der ist aber so gut sichtbar, dass es gar keine Markierungen braucht. Das weiß man ja vorher nie so und ich bin froh, dass ich heute mal Glück habe mit dem unmarkierten Weg.

An der Veslkollhøe vorbei und durch das Veslkolldalen steige ich weiter ab. Bis ich irgendwann wieder im Wald stehe. Die Bäume werden langsam höher. Erst kleine Birken, später dann hohe Tannen. Aber es ist ein lichter Wald, das mag ich. Dunkle, enge Wälder mag ich dagegen nicht so sehr.

Plötzlich kommen mir die beiden Norweger wieder entgegen. Sie meinen, da würde es nicht weitergehen. Wir haben dasselbe Ziel, nämlich Straumbu. Also suchen wir in die andere Richtung und finden den Pfad ziemlich versteckt wieder.

Kurz vor Straumbu und der Straße will ich mir einen Zeltplatz suchen. Das ist aber gar nicht so einfach, da der Boden ziemlich buckelig ist. Der Rasen und das Moos zwischen den Bäumen gleicht eher einer kleinen Krater-Landschaft. Etwas abseits vom Weg werde ich aber doch noch fündig. An einem Bach auf der Kiesbank. Die Heringe halten zwar nicht optimal, aber hier ist es so windgeschützt, dass das reicht. Ich beschwere sie alle mit dicken Steinen.

Allerdings sind die Mücken schrecklich aufdringlich. Ich ziehe schnell meine Regenhose und -jacke über, bevor ich das Zelt aufbaue. Koche noch eben und dann verkrieche ich mich schnell.

Was für ein schöner Tag!


18,9 km
7:45 h
1.108 hm
1.601 hm
2.181 m