Weiter geht’s. Selbe Straße, selber Fluss, mehr Sonne. Neue Spiegelbilder.

Es sind noch ungefähr 10 Kilometer bis zur Storestraumen Schleuse. Das ist mein erstes Zwischenziel. Der Weg ist weiter unspektakulär. Mir kommen 3 Porsche entgegen, dann überholen mich 4 Geländewagen mit Dachzelten. Alle schön in Grüppchen. Sogar eine Läuferin kommt mir entgegen und ein anderer Wanderer.

An der alten Schleuse angekommen, mache ich eine kleine Pause an einem der Picknicktische. Hier ist ein Rastplatz, die Bundesstraße kommt auf diese Flussseite rüber, der Radweg wechselt auf die andere Seite. Von einer Infotafel lerne ich, dass bis 1962 noch die Setesdalsbane in Betrieb war, eine Eisenbahnstrecke von Kristiansand bis Byglandsfjord. Die Bibliothek, die ich dort gestern fotografiert habe, ist der ehemalige Endbahnhof und heute Kulturerbe. Nördlich der Schleuse liegt der Åraksfjord, südlich der Byglandsfjord. Durch die Schleuse konnten die Leute vom Endbahnhof aus mit einem Dampfschiff weiter bis Ose fahren. Das war wohl früher ein wichtiger Verkehrsweg, um in die höher gelegenen Dörfer zu kommen. Dadurch dass nördlich von Evje ein Damm gebaut wurde und der Wasserspiegel im Byglandsfjord um 3 Meter anstieg, wird die Schleuse heute nicht mehr gebraucht.

Nun folgen nochmal fast 10 Kilometer auf einer ruhigen Straße, bis dann endlich ein paar Höhenmeter auf mich warten. Hier habe ich aber gute Unterhaltung, da ich die „Mama-Telefon-Hotline-Gegen-Asphalt-Langeweile“ wähle.

Mich überholen 2 Rennrad-Fahrer. Als sie mir später auf dem Rückweg wieder entgegenkommen, halten sie an. Es ist ein älteres Pärchen aus Kristiansand, die manchmal mit dem Auto in diese Richtung fahren und hier gerne Radtouren machen. Er fragt als erstes, ob ich zum Nordkap laufe. Dass ich allerdings ja sage, damit haben sie nicht gerechnet. Wir unterhalten uns noch ein bisschen über Weg und Ausrüstung. Sie kann gar nicht glauben, dass ich nachts immer im Zelt schlafe. Sie fragen mich noch, ob ich aus Amerika oder England sei. Mein Englisch sei so perfekt. Das ehrt mich aber! Wo ich doch Englisch viel mehr mag als Deutsch. Auf jeden Fall ist es eine sehr nette Begegnung und ich gehe mit einem Lächeln weiter, nachdem die beiden mir noch einen guten Weg gewünscht haben.

Dann biege ich endlich ab und verlasse den Radweg und die Straße am Fjord entlang. Ich durchquere die kleine Siedlung Åraksbø mit ein paar hübschen Häuschen und einer Kapelle inmitten von blühendem Löwenzahn.

Ich komme an einem Garten vorbei, wo der Hund bellend zum Zaun gelaufen kommt. Zum Glück ist die Besitzerin auch da und pfeift ihn zurück. Unter dem Zaun passt er nämlich locker durch. Als ich längst an dem Garten vorbei bin, kommt der Hund aber doch hinter mir hergerannt. Und verfolgt mich laut kläffend bis zum allerletzten Haus der Straße. Gut, dass er nicht ganz bis zu mir läuft, sondern immer ein Stückchen hinter mir stehenbleibt. Aber ich hasse es und atme tief durch als er doch endlich auf sein Frauchen hört und zurückläuft. Das ist jetzt schon das zweite Mal. Anfang der Woche meinte schon mal ein Hund, dass ich auf der Straße nicht weitergehen dürfe und hat sich mir knurrend in den Weg gestellt. Obwohl das Haus ganze 50 Meter weg von der Straße hinter einer Weide stand. Jetzt habe ich immer schon Angst, wenn ich an so alleinliegenden Höfen oder Häusern vorbeigehe.

Hinter dem Ort geht es dann hinauf und der Blick zurück wird immer besser. Da unten bin ich hergekommen.

Beim Blick auf die beiden felsigen Berge vor mir denke ich ein paar Mal, dass ich jetzt auch genauso gut im Allgäu stehen könnte. Die Straße schlängelt sich den Berg hoch und ich komme noch an ein paar verlassen aussehenden Häusern vorbei.

An einem kleinen Unterstand hängt ein Thermometer. 21 Grad im Schatten. Das fühlt sich aber noch viel wärmer an. Ich habe zwischendurch mein Halstuch in einen kalten Bach getaucht und lege es mir mal über die Ohren, dann wieder über die Hand. Mein Ausschlag juckt nämlich bei der Wärme wieder richtig. Ich gehe mal davon aus, dass es Sonnenallergie ist.

Auf diesen Felsen mache ich nochmal ein bisschen Pause. In der Ferne kann man sogar jetzt die ersten höheren Berge mit Schnee sehen. Ich muss Grinsen, der Anblick gefällt mir.

15 Minuten später habe ich den höchsten Punkt für heute erreicht, den Hovatn Stausee. An einer Schranke auf dem Weg konnte man eine Angelerlaubnis kaufen, Bachsaibling und Forelle gäbe es zu fangen. Mit diesem Bild habe ich allerdings nicht gerechnet, als ich an der Staumauer vorbeigehe. Es ist alles ziemlich ausgetrocknet. Da ist nichts mit großem See, nur ein paar kleine Pfützen gibt es im Moment.

Meine 25 Kilometer, die ich mir für heute vorgenommen hatte, habe ich geschafft. Bis zur ersten Hütte auf meinem Weg, wo ich mich schon so drauf freue, waren es heute morgen noch 50 Kilometer. Also heute und morgen jeweils 25 Kilometer und ich kann morgen in der Hütte übernachten. So mein Plan. Also halte ich jetzt Ausschau nach einem geeigneten Schlafplatz. Das stellt sich aber als ziemlich schwierig heraus. Der See ist zwar trocken, aber die ganzen Wiesen drumherum sind total sumpfig. Ich teste zwischendurch mal ein paar Schritte ab vom Weg, habe aber direkt nasse Füße. Auf dem Moos sinke ich ziemlich ein. Na toll! Das schon wieder. Ich muss noch ein ganzes Stück weiter gehen, bis ich ein Stück trockenen Boden finde. Der ist zwar ziemlich uneben, aber ich finde einen Platz für mein schmales Zelt. Nur um festzustellen, dass ich die Heringe nicht in den Boden bekomme, da darunter Fels ist. Nach noch ein paar Mal Probeliegen kann ich mein Zelt doch noch sicher aufstellen. Mein Po hängt zwar jetzt in einer Mulde beim Liegen und die Füße liegen erhöht, aber das stört mich nicht weiter. Hauptsache die Heringe halten im Boden, falls es doch noch windiger wird.


28,8 km
5:55 h
682 hm
205 hm
724 m