Um 5 Uhr schleiche ich mich aus dem Lager, ziehe mich an und packe meine Sachen auf dem Flur zusammen, um niemanden zu wecken. Kai flüstert mir noch „Alles Gute“ zu und dann geht’s heute früh los. Ich habe lieber den ganzen Tag Zeit für so lange Strecken, als dass ich später losgehe und mich dann gestresst fühle, weil ich nicht so spät ankommen will. Auf vielen Hütten gibt es nur bis 18 Uhr etwas zu Essen. Außerdem herrscht früh morgens immer so eine schöne Stimmung, das mag ich. Es ist noch ruhig, ein schönes Licht und oft hängt noch Nebel in Senken. Es ist auch noch schön kühl, da kann man gut schon ein paar Kilometer schaffen.

Der Himmel sieht toll aus. Von der Terrasse der Hütte habe ich das erste Mal einen super Blick auf das Dachstein-Massiv mit seinen Gletschern. Zu sehen ganz links bei den hinteren Bergen. Und weiter rechts sieht man die Bischofsmütze.

Der Weg führt zuerst leicht abwärts durch den Henarwald. Dann tauchen die ersten kleinen Holzhütten der Augstwiesen-Alm auf. Auch die Kuhglocken höre ich schon aus der Ferne. Die Sonne ist inzwischen ganz aufgegangen und der Himmel strahlend blau. Über der etwas tiefer gelegenen Ebene mit der Kuhweide hängt aber noch dichter Nebel.

Durch den Nebel steige ich über Elektrozäune und gehe an den Kühen vorbei, die mich nicht weiter beachten. Wo der Wanderweg herführt, liegt unter den Zäunen ein Stück Baumstamm, damit man einfacher herüberkommt. Es folgen ein paar sumpfige Wiesen bis der Weg dann zum Hochklapfsattel wieder ansteigt und ich den Nebel hinter mir lasse.

Der Weg ist hier als schwarze Route ausgeschildert. Durch die Latschen klettere ich große Felsblöcke hinauf. Dann führt ein schmaler Pfad den Abhang entlang.

Als ich um eine Kurve komme, habe ich plötzlich eine klasse Aussicht. Wieder auf den Dachstein mit Gletscher und unten auf den Altausseer See.

Noch über eine Kante rüber und ich habe wieder einen völlig anderen Blick und neue Berge vor mir.

Dann geht es über die Weiden der Loser-Alm. Dort führt eine Straße hin und schon von weitem sehe ich die vielen Wohnmobile und Autos auf dem Parkplatz. Noch ein Stück weiter und mir kommen die ersten Tagesausflügler in Sandalen entgegen. Der Weg ist dann erstmal ein breiter Schotterweg. Es geht hinunter bis zur Loserhütte, wo ich mir einen Stempel hole. Hier wollte ich eigentlich übernachten, damit ich nicht so viel Abstieg auf einmal habe.

Ich freue mich schon auf die Blaa-Alm, bis dahin sind es noch 2 Stunden durch den Wald den Berg hinunter. Es wurde mir schon relativ am Anfang meiner Wanderung von jemandem empfohlen, dort einzukehren. Ich habe mir also nichts zu Essen eingeweicht und freue mich schon den ganzen Tag auf diese Alm. Werde aber enttäuscht. Sie haben heute auch noch Ruhetag. Na toll! Wenigstens gibt es einen Quellbrunnen, wo ich mich abkühlen und mein Wasser auffüllen kann. Dass es auch gerade heute wieder so heiß sein muss.

Nach ein bisschen Pause geht es dann wieder bergauf. Der zweite Anstieg für heute. Durch den Wald und über weitere Almwiesen geht es hoch in Richtung Sandling. Unterhalb des Gipfels herum und dann war es das mit Aufstieg für heute. Beim Hochgehen versuche ich mir den anstrengenden Weg in kleinere Abschnitte zu unterteilen und gönne mir alle 100 Höhenmeter eine Trinkpause.

Jetzt geht es nur noch runter. Auf einem schmalen Pfad steige ich in schmalen Kehren durch den Wald ab. Nach der vorderen Sandlingalm soll eigentlich die Lambacher Hütte kommen. Ich komme an einem Schild vorbei, wo sie mit 20 Minuten Gehzeit angegeben ist. Als ich dann aber etwas weiter an einem weiteren Schild vorbeikomme, dass in die Richtung zeigt, aus der ich komme und 45 Minuten angibt, stutze ich. Da kann doch etwas nicht stimmen. Ich schaue auf die Karte und habe wohl einen Abzweig verpasst. Allerdings bin ich einfach den rot-weiß-roten Markierungen gefolgt, die hier alle paar Meter an den Bäumen sind. Und auch auf dem gelben Wegweiser ist der Weg 01 bzw. 201 angegeben. Komisch, dann passen die Markierungen hier überhaupt nicht zu der Strecke, die im Wanderführer beschrieben ist. Vielleicht ist es eine alte Markierung oder eine Alternative, die nur nicht erwähnt wird. Die 200 Höhenmeter gehe ich jetzt jedenfalls nicht wieder hoch! Wenn ich dem Weg weiter folge, komme ich ohne Umweg auch wieder auf die beschriebene Route.

Meine Füße schmerzen inzwischen ziemlich. Am schlimmsten ist es, wenn ich eine Pause mache und dann wieder losgehe. Irgendwann erreiche ich Pichlern und gehe auf der Straße an Bauernhöfen vorbei. Der Wanderweg führt wieder über eine Weide. Ich halte möglichst viel Abstand und gehe dicht am Zaun entlang, da zwei junge Kälber zwischen den Kühen liegen. Trotzdem stehen sie auf und ergreifen die Flucht. Dann sehe ich keine Markierung mehr und frage mich, wie ich von der Weide wieder runterkomme. Ich gehe zu dem einzigen Durchgang im Zaun, den ich sehe und stehe im Kuhstall. Das soll so bestimmt nicht sein. Ich klettere über den Holzzaun und stehe wieder auf der Straße. Ein Stück weiter gibt es auch wieder Markierungen. Über die Straße, noch eine Wiese und wieder die Straße erreiche ich irgendwann mit qualmenden Füßen Bad Goisern.

Puh, geschafft. Das war ein langer und anstrengender Tag! Ich schlafe heute im Hostel und genieße nach dem Einchecken erstmal eine kalte Dusche. Ich habe ein Viererzimmer für mich alleine, hier ist heute nicht viel Betrieb.

Da ich heute noch nichts gegessen habe und mein Magen knurrt, frage ich nach der besten Pizza im Ort. Das gönne ich mir heute, da habe ich richtig Lust drauf.

Nur leider klappt das mit dem Versorgungspaket wieder nicht. Hier in Bad Goisern wollte ich eigentlich ein Päckchen mit den nächsten Wanderkarten abholen. Mama hat es extra schon eine Woche vorher losgeschickt und es sollte eigentlich am Freitag zugestellt werden in der Postfiliale. Da ist aber irgendwas schief gegangen und die Post weiß nicht, wo das Päckchen sich befindet. Ich soll einen Nachforschungsauftrag stellen und muss dann wohl ohne die Karten weitergehen bis nach Werfen. Das ist nicht ganz so schlimm, ich habe ja noch die Offline-Karte auf meinem Handy. Aber ärgerlich ist es trotzdem!

Jetzt muss ich nur noch schnell entscheiden, ob ich morgen schon zur Simonyhütte aufsteige und dort meinen Pausentag mache oder ob ich nach dem Tag heute direkt 2 Nächte hier im Hostel bleibe. Obwohl morgen nochmal ein sehr anstrengender Tag wird, entscheide ich mich für den langen Aufstieg und dann erst die Pause. Ich reserviere also noch die nächsten Schlafplätze und dann geht’s schlafen.


29,6 km
8:30 h
1040 hm
2157 hm
1637 m