Gestern saß ich noch ein bisschen mit einer Gruppe aus Niederbayern vor der Hütte. Ich bin in kurzer Hose und barfuß draußen herumgelaufen und sie haben mich auf meine weißen Füße angesprochen. Inzwischen habe ich einen ziemlichen Abdruck von den Socken und ganz braune Beine. Sie meinten, dafür müsse ich aber schon lange durch die Sonne gelaufen sein. Stimmt!

Heute Morgen bin ich wieder früh wach. Ich habe gestern Abend schon alles soweit zusammengepackt, damit ich leise verschwinden kann. Im Flur stopfe ich nur noch eben meinen Schlafsack in den Rucksack. Eine ältere Frau fragt mich ganz verwundert, ob ich jetzt schon weg wolle und das bei dem Wetter. Ich flüstere nur zurück, dass ich eine lange Tour vor mir habe. Sie scheint das nicht zu stören, dass noch Hüttenruhe ist und alle schlafen. Gestern wurde ich auch von 2 Herren gesiezt, daran merkt man, dass das hier eine Ausflugshütte mit Parkplatz in der Nähe ist. In den Bergen siezt man sich nicht, da gibt es nur „Du“, egal wen man trifft. Darüber haben der Hüttenwirt in der Dr.-Heinrich-Hackel-Hütte und ich uns auch gerade unterhalten. Die Wanderer und Bergsteiger bilden schon eine schöne Gemeinschaft hier oben. Alle sind locker drauf, man respektiert und hilft sich, man grüßt sich unterwegs und wechselt mit allen, die man trifft, ein paar Worte. Auf der Hütte abends sitzt man gemütlich zusammen, wie Zuhause im Wohnzimmer.

Draußen ist es nebelig und regnet. Der Weg ist heute das Kontrastprogramm zu gestern. Statt Sonne, blauem Himmel, Fels und Schnee gibt es heute Wolken, Regen, Wiese und Matsch.

Von der Hütte geht es ein Stück weiter den Hang entlang, genauso wie ich gestern auch hergekommen bin. Dann biege ich links ab auf die sumpfige Kuhweide. Der Weg ist rutschig, an manchen Stellen schlittere ich auf der Erde hinab. Halt hat man hier sonst sowieso nicht. Irgendwann geht es dann durch den Wald, bis ich eine Forststraße erreiche. Dann noch 2 Stunden lang immer leicht abwärts über eine Schotter- und später Asphaltstraße. An einzelnen Häusern und Höfen vorbei bis nach Lungötz. Ich trotte hier durch den Regen und stelle mir vor, wie hinter den Fenstern die Leute beim gemütlichen Sonntags-Frühstück sitzen. In trockenen Kuschel-Klamotten, mit warmem Tee und frischen Brötchen. Davon träume ich jetzt auch.

Ich frage einen Mann, der gerade aus einem der Häuser kommt, ob es einen Bäcker im Ort gibt. Der nächste ist aber 5 Kilometer entfernt. Es gibt zwar einen kleinen Supermarkt, aber der hat natürlich heute zu.

Ich überquere die Hauptstraße im Ort und folge den Schildern Richtung Hackelhütte. Ein Stückchen weiter setze ich mich erstmal unter den Dachvorsprung einiger Garagen. Vor meiner Nase tropft der Regen, aber hier kann ich noch eben den Bericht von gestern hochladen. Das hat gestern Abend nicht geklappt.

Jetzt habe ich zumindest schon gegen 9 Uhr die 3 Stunden blöden Abstieg geschafft. Weiter geht es fast nur noch aufwärts. Vom Dachstein-Gebirge ins Tennen-Gebirge. Ich schaue mir nochmal die Wegbeschreibung im Wanderführer an. Hier gibt es 2 Möglichkeiten. Eigentlich geht es über einen Höhenweg über die Brandlbergköpfe. Die Alternative führt die Straße hier weiter durch das Lammertal und über die Aualm. Und ist ca. 2 Stunden kürzer. Ich bin ein bisschen hin- und hergerissen. Eigentlich würde ich schon lieber den Höhenweg gehen. Aber nachdem ich wieder losgehe, entscheide ich mich doch ziemlich schnell um. Meine Füße sind nass, mir ist kalt und sehen kann ich da oben eh nichts. Da kann ich mir die 2 Stunden extra durch den Regen spazieren auch schenken. Früh an der Hütte zu sein, ist gerade doch verlockender.

Ich folge also der Straße weiter an ein paar Höfen vorbei. Dann einer Schotterstraße über  einen ehemaligen Truppenübungsplatz und die Aualm. Zwischen Kühen her bis zum Waldrand. Die letzten 200 Höhenmeter geht es dann einen schmalen Pfad in Kehren steiler hinauf.

Oben angekommen geht es noch ein Stückchen durch lichten Wald und wieder über sumpfige Weiden hinunter. Damit die Schuhe auch richtig schön schlammig sind. Inzwischen trage ich 2 Seen an den Füßen mit mir herum.

Ich schlafe heute in der Dr.-Heinrich-Hackel-Hütte auf 1550 Metern. Ich bin schon gegen 14 Uhr da und ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich über die kostenlose, warme Dusche freue. Und das auch noch ohne Schlange stehen. Einfach perfekt bei dem Wetter! Der Kamin ist auch schon angefeuert, sodass ich meine tropfenden Sachen darüber aufhängen kann. Ich genieße eine ausgiebige Dusche, ziehe mir was warmes an und setze mich an den Kachelofen. So komme ich doch noch zu meinem gemütlichen Sonntag. Und es ist so herrlich gemütlich und einladend hier. Peter, der Hüttenwirt, und Fritz sorgen dafür, dass man sich richtig wohl fühlt. Es gibt heute eigentlich kein vegetarisches Hauptgericht, sie schauen aber eben nach, was noch so da ist und zaubern mir einen ziemlich genialen Salat mit Kaspressknödeln. Super lecker! Zusammen warten wir auf die anderen Gäste, die sich zum Übernachten angemeldet haben. Nur zu empfehlen, ein Besuch auf dieser Hütte!


23,9 km
6:10 h
971 hm
1153 hm
1713 m