Heute steht wieder eine lange Etappe an. Ich freue mich aufs Weitergehen. Um 7 Uhr gibt es Frühstück. Da ich der einzige Gast bin, hätte ich ein schlechtes Gewissen, ohne Frühstück zu gehen. Das Geld für die Übernachtung geht nämlich an die jeweilige DAV Sektion, nicht an den Hüttenwirt. Also esse ich zwei Marmeladenbrote, trinke einen Tee und mache mich eine halbe Stunde später auf den Weg.
Die Sonne geht gerade erst auf und der Himmel ist schön knallig verfärbt.
Heute starte ich mit dem Abstieg nach Unterammergau. Und der fängt gleich wieder ziemlich matschig an. Das macht doch keinen Spaß. Hoffentlich ist es nur das erste Stück über die Wiese so rutschig. Im Wald wird es tatsächlich besser. Zumindest überwiegend. Mir wird schnell zu warm und ich ziehe die lange Hose und meine Windjacke aus.
Nach den ersten 400 Höhenmetern bergab komme ich auf eine Forststraße. Hier kommen mir immer wieder LKWs entgegen und stinken alles voll. Ich erinnere mich, wie gestern auf der Hütte darüber geredet wurde, dass die Straße neu gemacht wird.
Ich folge dem Schotterweg neben einem Bachlauf bis in den Ort. Oben an der Kenzenhütte stand, dass man 1 3/4 Stunde braucht. Da hätte ich aber sehr viel mehr trödeln müssen. Es ist erst knapp über eine Stunde vergangen. Ich gehe zwischen den Häusern her und dann geht es auf der anderen Seite wieder nach oben. Ich folge nun den Schildern Richtung Zeitberg und Hörnlehütte.
Hier unten ist es irgendwie doch kälter. Ich ziehe Mütze und Handschuhe über. Das Outfit mag ich gerne beim Wandern. Kurze Hose und Mütze. An den Beinen friere ich nicht schnell, dafür werden meine Ohren schnell kalt.
Ich singe vor mich hin. Der Weg ist nicht so spannend. Die Kühe wollen sich auch nicht mit mir unterhalten.
Ich biege vom Schotterweg wieder in den Wald ab. Es geht zwischendurch ganz schön steil hoch über viele Wurzeln. Gut, dass der Boden hier trocken ist. Über eine große Lichtung geht es eben weiter, dann nochmal ein knackiger Anstieg. Ich komme direkt an der Hörnlehütte aus dem Wald. Dahinter sehe ich schon die Aussichtsplattform und ein kleines Gipfelkreuz. Das ist aber kein schöner Gipfel. Das ist ein Ausflugsberg hier. Man kann mit der Hörnlebahn hochfahren und hier oben eine Runde spazieren gehen. Es sind alles breite Schotterwege.
Es sind einige Menschen hier und ich mache nur schnell ein Foto und schaue mich kurz um. Der Zeitberg auf 1.404 Metern.
Mit dem Wind ist es ganz schön kühl und ich gehe schnell weiter. Zum Aufwärmen steige ich auf die nächste Wiesen-Kuppe, die vor mir liegt. Das sind nicht mal 100 Höhenmeter mehr. Kurz ein Gipfel-Foto auf dem Vorderen Hörnle auf 1.484 Meter Höhe gemacht und wieder weiter. Solche kleinen Gipfel wie hier begeistern mich heute nicht so. Die sind langweilig.
Wieder unten auf dem Schotterweg angekommen, stehen dort ein paar bequem aussehende Stühle und die Sonne kommt gerade raus. Also gönne ich mir ein paar Minuten Pause. Mir fällt sowieso auf, dass ich tagsüber wenig Pausen mache und nicht selten einfach in einem Stück durch laufe. Aber das hier tut gut.
Ich gehe am Mittleren und Hinteren Hörnle vorbei. Die Gipfel spare ich mir. Jetzt folgt der zweite lange Abstieg nach Grafenaschau. Ich verlasse die Schotter-Spazierwege und biege auf eine Wiese ab. Ihr könnt euch denken wie begeistert ich bin, als auch diese Wiese sich als matschige Rutschbahn herausstellt.
Meine Beine sind nach einer Weile wieder völlig verschlammt und ich habe nasse Füße. Schön ist es hier auch nicht. Ich gehe über eine weite Fläche, wo alle Bäume gefällt wurden. Das sieht richtig traurig aus. Im Vordergrund seht ihr ein bisschen davon. Dort unten kann man Murnau und den Staffelsee sehen.
Es folgen unendlich viele enge Kehren den steilen Hang hinab. Ein sehr schmaler Pfad, immer wieder sehr rutschig, zwischendurch mit Dornengestrüpp an den Seiten. Das macht gar keinen Spaß. Auch im Wald wird es nicht besser. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit wird der Pfad etwas breiter und es wird flacher. Ich freue mich sehr als ich irgendwann auf einer Forststraße rauskomme. Dann muss es ja fast geschafft sein. Oder zumindest kann ich lockerer weitergehen.
Nach einer Kurve biegt wieder ein Pfad in den Wald ab. Ich könnte auch der Forststraße weiter folgen. Die 10 Minuten, die es über den Pfad schneller sein soll, reichen mir aber als Argument. Außerdem weiß ich, dass ich gleich noch genug Straße laufe. Die werde ich noch verfluchen heute. Es geht nämlich später bis Eschenlohe an der Straße entlang durchs Murnauer Moos. Und das sind 2 Stunden einfach nur ebenes Asphalt-Gehen.
Es sind nur noch 40 Minuten bis Grafenaschau. Und der Weg ist nun zum Glück besser zu gehen.
Mich spricht ein Mann an, der neben seinem Motorrad steht. Das sehe ja nach einer längeren Wanderung aus. Er würde gerade in Kontakt mit zwei Mädels stehen, die den Jakobsweg gehen und ist sehr interessiert. Zum Schluss meint er, ich wäre ja noch jung und solle meine Jugend genießen. Irgendwie werde ich beim Wandern immer auf maximal Mitte 20 geschätzt. Letztens auf einer Hütte auch wieder. Dann sind die Leute manchmal ganz erstaunt, dass ich arbeiten gehe und nicht noch meine Ausbildung mache oder studiere.
In Grafenaschau ist der Dorfladen auf den Wegweisern ausgeschildert. Dann schaue ich doch mal, ob ich da einen Mittags-Snack bekomme. Für so eine kleine Siedlung ist das ein großer und richtig schöner Dorfladen. Sie machen in 5 Minuten zu, ich bekomme aber noch schnell eine Leberkäs-Semmel und nehme mir was zu trinken mit.
Dann mache ich mich auf den Weg nach Eschenlohe. Heute ist keine schöne Etappe. Aber gut, das ist halt mal so beim Weitwandern. Die Wege gefallen mir heute nicht. Ich folge nun dieser wenig befahrenen Straße. Links von mir das Moos, rechts Wiese oder Wald.
Und eine Stunde später sieht es immer noch so aus. Meine Füße sind müde. Ich gehe zwischendurch schon immer wieder im Gras oder auf dem Schotter am Rand.
Immer noch 45 Minuten. Wieso so lange noch? Den Kirchturm kann ich doch schon sehen. Hier in der Region ist der Maximiliansweg übrigens immer mit markiert. Entweder mit einem „M“ auf dem Wegweiser oder wie hier mit der Krone und „MaxWeg“.
Kurz vor Eschenlohe macht der Wanderweg noch einen großen Bogen und führt einen unter der Autobahn hindurch. Ich komme an einer Kapelle mit kleinem Friedhof vorbei. Da gibt es immer einen Wasserhahn. Ich fülle meine Flasche auf und auch meine zusätzliche Wasserblase. Dann habe ich später genug Wasser zum Essen kochen und für einen Tee morgen früh.
Im Ortskern angekommen, gebe ich eben meine Pfandflasche von vorhin wieder ab im Supermarkt. Viel gibt es hier sonst nicht. Kein Café oder so. Ich hätte noch ein bisschen Zeit. Es ist erst halb 4 und ich muss nur noch ein Stückchen raus aus dem Ort und mir einen Schlafplatz suchen. Mir fällt aber ein Bio-Eis-Verkauf ins Auge. Da gehe ich vorbei, das liegt fast auf meinem Weg. Es ist ein Bauernhof mit Selbstbedienungs-Eistruhe in einer kleinen Holzhütte. Daneben steht eine Kasse. Es gibt Kürbiskernöl-Eis und Erdbeer-Basilikum. Ich bleibe aber bei meiner Lieblibgssorte und nehme mir einen Becher Zitronen-Sorbet. Das schmeckt gut. Und zwischendurch kommt auch nochmal die Sonne raus.
Na gut, dann mache ich mich mal auf zur Schlafplatz-Suche. Da bin ich ganz zuversichtlich, dass ich im Wald nahe der Eschenlaine einen Platz für mein Zelt finde.
Über eine schöne Holzbrücke geht es über die Loisach und raus aus dem Ort. Ich folge einer Straße, die leicht bergauf führt. An einem Wanderparkplatz vorbei. Und noch einem. Ich biege nach rechts auf einen Forstweg ab. Direkt rechts davon fließt die Eschenlaine. Ich schaue mich beim Gehen die ganze Zeit um nach möglichen Zeltplätzen. Mir kommen noch 2 Autos und ein Trecker entgegen. Hoffentlich verziehen die Leute sich jetzt alle so langsam. Es ist doch Feierabend-Zeit.
Auf der Karte hatte ich schon eine Stelle gefunden, wo ein Weg abzweigt, der kurz danach aber einfach aufhört. Solche Wege eignen sich ganz gut, weil da niemand hergeht. Hier ist nur der Bach im weg. Dahinter geht die Fahrspur weiter, die Fahrzeuge fahren also durchs Wasser. Es ist nicht tief und gibt kaum Strömung. Im Furten bin ich ja nach Norwegen Profi. Und da drüben kommt sehr unwahrscheinlich heute Nacht jemand rüber. Ich warte noch bis zwei Spaziergänger außer Sichtweite sind und ziehe meine Schuhe aus. Das Wasser ist kalt, tut meinen Füßen aber gut.
Als ich drüben bin, wasche ich auch gleich noch den ganzen getrockneten Matsch von meinen Beinen. Dann ziehe ich meine Schuhe wieder an. Hier ist es flacher und nicht so ein steiler Hang wie auf der anderen Seite. Das ist gut. Ich folge der Fahrspur noch ein Stück weiter durch hohes Gras am Fluss entlang. Bis es so aussieht, als wäre hier schon lange niemand mehr hergefahren.
Hinter ein paar Bäumen finde ich einen guten Platz für mein Zelt. Super. Hoffentlich geht das gut. Es ist kurz nach 5 Uhr. Ich warte lieber noch ein Stündchen bevor ich mein Zelt aufbaue. Um halb 7 geht die Sonne unter. Solange setze ich mich auf die Steine am Bach, koche und esse. Das ist vielleicht sowieso besser im Hellen, damit später im Dunkeln nicht das Licht der Gasflamme zu sehen ist. Wahrscheinlich mache ich mir aber auch zu viele Gedanken darüber.
Von hier kann ich den Weg auf der anderen Seite hinter ein paar Bäumen erkennen. Hier ist auch direkt eine ganz gute Stelle, wo ich morgen früh wieder furten kann.
Gerade als meine Essen fertig ist, fängt es an zu tröpfeln. Planänderung – ich baue mein Zelt doch schon auf. Als ich fertig bin, hat es schon wieder aufgehört zu regnen. Solche kurzen Schauer gibt es noch ein paar Mal heute Abend.
Ich ziehe mich um, esse, putze Zähne und lege mich dann schon in meinen Schlafsack. Empfang habe ich hier nicht. Bis ich fertig bin mit Schreiben ist es dann auch Viertel vor 9. Schlafenszeit.
Sven
Der Tag war wirklich lang und mit dieser ewig und nie enden wollende Straße auch nicht das was dein Weitwandererherz schneller schlagen lässt. Am Ende war es ja dann doch Sophie-Like mit Zitroneneis und furten.
Danke für deine Beschreibungen. Die sind nicht langweilig.