Jetzt bin ich schon einen ganzen Monat unterwegs. Das kommt mir noch gar nicht so lange vor. Von der Strecke habe ich, glaube ich, fast die Hälfte. 520 Kilometer und 23.600 Höhenmeter rauf habe ich schon geschafft.

Da die Pühringerhütte, wo ich eigentlich heute hinwollte, schon ausgebucht ist, bleibe ich noch eine Nacht hier im Prielschutzhaus. Das heißt, die Frage ist heute, Füße hochlegen oder den Großen Priel besteigen? Das Wetter sieht gut aus, es ist aufgeklart und die meisten Wolken haben sich verzogen. Es ist zwar sehr verlockend, einen faulen Tag einzuschieben, aber der Berg ruft mich lauter. Es ist schließlich der höchste Berg des Toten Gebirges. Das kann ich mir doch nicht entgehen lassen. Meine Füße sind auch dafür, ich habe sie gefragt, ob sie lieber Pause machen möchten 😉

Ich lasse mir morgens aber erstmal Zeit. Auf den Berg führt nämlich auch der längste Klettersteig Österreichs. Die ganzen Kletterer brechen früh auf und ich hoffe, dass es am Gipfel nicht so voll ist, wenn ich erst ein bisschen später losgehe. Um kurz vor 9 Uhr mache ich mich dann aber auch auf den Weg. Und zwar mit leichtem Rucksack. Ich nehme nur Wasser, was zu Essen und warme Sachen mit. Ich merke das Gewicht gar nicht, ich bin schließlich jetzt anderes gewöhnt.

Der Weg führt einen Hang voller Latschen hinauf, dann ein Geröllfeld. Es sind einige Leute unterwegs. Nach den ersten 600 Höhenmetern wird es dann spannend. Ich muss über ein riesiges Schneefeld drüber und am Ende wird es ziemlich steil. Ich gehe langsam, Tritte sind schon genügend da, denen man folgen kann. Dann kommt einige Fels-Kletterei mit Seilsicherungen und ein paar Stahlbügeln als zusätzliche Hilfe. Es ist schließlich auch eine schwarze Tour. Aber wenn man aufpasst und sich konzentriert, ist das alles gut zu machen. Es gibt keine Stellen, wo ich Angst bekomme. Nachdem die Brotfallscharte überquert ist, habe ich eine phänomenale Sicht auf die dahinterliegenden Berge und zig Schneefelder. Es sieht ein bisschen aus, wie eine Mond-Landschaft. Der Weg führt weiter über Felsblöcke und -zacken und Geröll, über den Bergrücken und dann den Grat Richtung Gipfel. Ich bin ganz verliebt, der Weg, die Landschaft, die Aussicht – einfach genial!

Ich schlage nach knapp 3 Stunden am großen, roten Gipfelkreuz auf 2515 Metern an. Es sind zwar einige Leute da, aber es ist genug Platz um das Kreuz herum. Ich mache lange Pause und esse erstmal was. Die Sonne kommt zwischendurch immer mal raus, mal ist alles in einer Wolke verschwunden.

Nachdem ich gestärkt bin, geht es auf demselben Weg wieder an den Abstieg. Ich mache mir beim Hochgehen bei anspruchsvolleren Wegen immer ein bisschen Sorgen, wie ich da hinterher wieder runter kommen soll. Hier vor allem wegen der Kletterei und dem Schneefeld. Aber es klappt alles wunderbar, viel besser als erwartet. Der Fels ist trocken und griffig. Trotz Grödl rutsche ich im Schnee ein bisschen, inzwischen ist er recht matschig von der Sonne und den vielen Leuten, die hier schon hergegangen sind heute. Aber ich komme heile unten an. Das gibt’s auch nur in den Bergen, weiter geht’s bei sommerlichen Temperaturen, kurzen Sachen und den Schuhen voller Schnee.

Dieser Ausflug hat sich definitiv gelohnt! Wenn ihr mal in dieser Gegend seid, steigt auf den Großen Priel. Hier die Eindrücke des Tages.

Jetzt bin ich todmüde, am liebsten hätte ich mich schon um 18 Uhr schlafen gelegt. Und Lust auf einen geselligen Hüttenabend habe ich heute auch nicht. Ich will einfach nur meine Ruhe haben. Da sowieso noch alle draußen in der Sonne sitzen, setze ich mich mit einer Schorle in die leere Gaststube und plane die nächsten Tage. Und jetzt liege ich im Bett, schreibe euch noch eben und dann wird tatsächlich schon geschlafen.


9,1 km
4:45 h
1144 hm
1141 hm
2510 m