Beim ersten Blick aus dem Zelt ist der Himmel grau und hinten über den Bergen richtig dunkel. Nachdem ich nochmal ein bisschen im Schlafsack liege und vor mich hin träume, sind schon die ersten blauen Löcher zwischen den Wolken zu sehen. Schon besser, dann packe ich mal zusammen. Gegen 9 Uhr sind wir startklar und verlassen unsere eigene kleine Bucht. Inzwischen mit ein bisschen Sonne.
Katharina und Manuel packen auch schon zusammen, wollen aber noch in Ruhe frühstücken. Wir quatschen noch eine Weile. Wir haben uns alle echt gefreut, uns ganz unerwartet wiederzutreffen und dass wir gestern zusammen gehen konnten. Sie folgen heute der Straße weiter nach Schweden und dann dem Kungsleden. Mit Lando dürfen sie nicht durch den Padjelanta Nationalpark. Markus könnten sie in Abisko wiedertreffen und eventuell sehen wir uns alle auf der Huskyfarm in Innset wieder. Da kreuzen sich unsere Routen. Ist nur die Frage, ob es zeitlich passt. Aber das wäre echt super.
Markus und ich machen uns auf den Weg. Erstmal liegen noch ungefähr 6 Kilometer Straße vor uns. Zum Warmlaufen sozusagen. Wir müssen einmal um den See herum. Bis zum Ostufer auf der Straße und dann auf dem Wanderweg auf die nördliche Seite. Die Hütten dort sehen wir schon von hier.
Es geht am See entlang, mit Blick auf schneebedeckte Berge gegenüber. Bis wir dann abbiegen auf einen Schotterweg. Noch einen Kilometer und dann geht es wieder auf den Wanderweg. Genau an dem Abzweig treffen wir an einer der Hütten einen Mann, der uns direkt fragt, ob wir länger unterwegs seien. Vor ein paar Jahren sei ein Freund von ihm Norge på langs gelaufen und hätte mit 58 Tagen einen neuen Rekord unter den Wanderern aufgestellt, vom Nordkap bis Lindesnes. Das ist Wahnsinn. Er erzählt uns außerdem, dass hier vor 2 Tagen ein Bär die Straße gequert hätte. Es gäbe in der Region Hattfjelldal recht viele Bären und es wurden in letzter Zeit einige Schafe gerissen. Er zeigt uns eine Pflanze mit lila Blüten, die die Bären gerne fressen würden. Laut Flora Incognita App ist das Alpen-Milchlattich. Und wir lernen, dass diese Staude im Vordergrund essbar sei. Allerdings wenn sie noch jung ist, jetzt wären die Stängel zu holzig. Das ist Echte Engelwurz. Die Pflanzenerkennungs-App ist echt praktisch.
Wir folgen heute den blau-roten Markierungen der Nordlandsruta Richtung Famvatnet.
Ich bin zur Abwechslung mal begeistert, wie gut gepflegt und markiert der Weg hier ist. Aber wahrscheinlich nur bis zur letzten Hütte. Davon stehen hier noch einige entlang des Sees. Nach dem schmalen Pfad durch die hohe Wiese können wir jedenfalls ganz bequem über Holzplanken über die nasse Wiese spazieren und die Füße bleiben trocken. Jetzt gibt es auch wieder „T“ Markierungen.
Unser Ziel ist die Krutvasshytta für eine Mittagspause. Der Mann vorhin hat uns schon erzählt, dass dort eine offene Hütte sei. Vorher waren wir nicht sicher, ob sie vielleicht verschlossen ist. Empfang haben wir seit gestern Nachmittag keinen mehr, dass wir hätten nachschauen können. Wir treffen unterwegs auch noch einen Mann mit seinem Hund, der uns auf die Hütte hinweist. Und in 6 Kilometern würde nochmal ein Unterstand kommen, wo wir gut Pause machen könnten. Schön, wie alle versuchen zu helfen und uns Tipps geben.
Endlich mal wieder eine Hütte und noch so eine schöne dazu. Dieses Mal eine Statskog Hütte. Die norwegische Forstbehörde unterhält neben dem DNT einige Hütten, die für jedermann zugänglich sind.
Hier können wir unser Gas im Rucksack lassen und auf dem Gasherd kochen. Wir machen den Kamin an und essen was.
Meistens gibt es in einem extra Schuppen ein Plumpsklo, Holzlager und eine Axt. Ich hatte vorher noch nie eine Axt in der Hand, will mich aber nun auch mal daran versuchen, ein bisschen Holz zum Anmachen kleiner zu hacken. Nach ein paar Tipps von Markus, verschwinde ich also mit einem dicken Holzscheit im Schuppen und komme nach einer Weile ganz stolz mit kleinen Stückchen wieder. Das macht ja Spaß, ist allerdings auch ziemliches Krafttraining für die Arme.
Nach fast 1,5 Stunden Pause geht es aber mal weiter. Die Zeit geht irgendwie immer so schnell um. Wir haben aber noch einiges vor uns heute. Wir könnten natürlich einfach irgendwo einen Zeltplatz suchen, wenn wir müde werden. Bei Komoot hat aber jemand am Storbekktjønna eine Feuerstelle mit schönem Zeltplatz markiert. Da wollen wir gerne hin, das klingt gut. Vielleicht können wir bei dem schönen Wetter ja mal zusammen einen Lagerfeuer-Abend machen. Markus wünscht sich das schon die ganze Tour, abends selbst ein Feuer zu machen. Dann haben wir aber auch noch 20 Kilometer vor uns jetzt.
Es geht weiter durch Sträucher und lichten Wald. Den Berg hoch, über die Baumgrenze und durch das offene Fjell. An Seen vorbei und mit toller Aussicht, je höher wir kommen, echt schön.
Immer wieder sieht man abgeworfene Rentier-Geweihe oben in den Bergen. Kleine und große. Manchmal liegen sie auf dem Boden, manchmal wurden die Steinhaufen damit dekoriert.
Und auf einem Schneefeld treffen wir dann auch wieder auf eine Herde. Das sind so schöne Tiere.
Auf dem Weg runter ins Famvassdalen wird es wieder sumpfiger und wir gehen durch ganze Felder von Moltebeeren. Nur noch ein paar Wochen, dann sollten sie endlich reif sein.
Kurz vor der Straße machen wir nochmal Pause auf einer riesigen Wiese, die auf der Karte als Parkplatz gekennzeichnet ist. Ich könnte eigentlich schon mein Zelt aufstellen. Aber wir entscheiden uns für Pause und Weitergehen. Die Mücken sind auch echt schlimm hier. Falls wir entlang der Straße einen schönen Zeltplatz finden, nehmen wir den. Ansonsten gehen wir den Berg wieder hoch und bis zum See.
Auf der Straße kommen wir zumindest schnell voran. Sowieso kommen wir uns heute super schnell vor. Im Gegensatz zu den ganzen weglosen Teilen in letzter Zeit, sind wir heute richtige Fjell-Raketen.
Entlang der Straße ist alles zugewuchert und nicht Zelt-geeignet. Also geht’s bei Finneset wieder auf den Wanderweg. In den Wald und bergauf. Weit ist es nicht mehr. 1 Kilometer und 150 Höhenmeter. Alle 50 Höhenmeter gibt es eine kleine Trinkpause als Motivation und dass wir auch genug trinken. Die Wolken haben sich komplett aufgelöst und die Sonne strahlt. Da es schon recht spät ist und die Sonne nicht mehr so hoch steht, gibt es einen tolles Licht- und Schattenspiel zwischen den Bäumen.
Und dann sind wir oben und können endlich den Stobekktjønna vor uns sehen. Ich glaube, da haben wir alles richtig gemacht. Es ist wunderschön.
Die Feuerstelle ist schnell gefunden und gleich daneben ist eine schöne Ebene für die Zelte. Geschafft! Schon alleine um die Mücken zu vertreiben, wollen wir ein Feuer machen. Und da ich mal ausnahmsweise nicht so müde bin, wie sonst abends, sitzen wir auch tatsächlich bis halb 11 noch draußen. Herrlich!
Lisi
Traumhaft schön…da muss ich irgendwie an Neuseeland denken. Sei ganz ganz fest gedrückt. Kannst du die ganzen Namen eigentlich aussprechen? Ich stolper jedes Mal mehrfach, wenn ich Felix deine Artikel vorlese :p
Sophie
Da musste ich auch schon dran denken, das war super schön! Ich drücke dich auch :*
Inzwischen kann ich das meiste aussprechen. Wenn man die Grundregeln kennt, dann geht es ganz gut. Und da es in Norwegen über 400 Dialekte gibt, kann man eigentlich auch sagen, was man will. Es spricht eh jeder ein bisschen anders aus.