Ich fange den Tag mit einer Runde Functional Training in meinem Hotelzimmer an. Da ich heute nicht viel wandere, will ich noch ein bisschen Sport machen. Ich muss erst um 12 Uhr auschecken. So richtig glücklich bin ich damit aber nicht, den ganzen Tag hier im Ort herumzuhängen. So viel hat er dann auch nicht zu bieten. Ich will lieber einfach wieder laufen, so wie die letzten Tage. Also schnappe ich mir die Karte und schmiede einen Plan.

Einfach direkt runter zum Hafen gehen wäre ja doof, dann wäre ich in 1,5 bis 2 Stunden schon da. Und ich weiß nicht, ob ich mich dort irgendwo hinlegen kann. Da entdecke ich ein bisschen weiter südlich noch einen Picknickplatz auf der Karte. Dort führt auch ein direkter Weg hin, aber ich möchte dann zum Hafen nicht denselben Weg zurückgehen. Ich entscheide mich dafür, nochmal ein bisschen aufzusteigen und dann über Tiñor und San Andrés nach Timijiraque zu laufen. Ich habe ja bis morgen früh um 6:30 Uhr Zeit.

Ich packe in Ruhe meinen Rucksack schon so, dass ich vor dem Rückflug nicht mehr umpacken muss und alles sicher verstaut ist, was ich nicht mehr brauche. Um halb 12 breche ich auf. In Valverde finde ich noch zwei Geocaches, dann folge ich meiner geplanten Route aus dem Ort hinaus. Erst gehe ich wieder in den Wolken und es ist kalt. Nach einer Weile reißt die Wolkendecke aber auf und wie als Abschiedsgeschenk, kann ich den ganzen Nachmittag durch die Sonne wandern.

Es geht ziemlich steil hinauf, auf schönen Pfaden. Ich treffe einen alten Hirten. Er möchte sich anscheinend sehr gerne mit mir unterhalten, aber er spricht nur sehr schwer verständliches Spanisch. Außer, dass er der Meinung ist, dass alle deutschen Mädels sehr hübsch sind und er verblüfft ist, dass ich kein Auto habe, verstehe ich nicht viel.

Ich mache auf einem Felsen Pause mit Sonne und Meerblick.

Immer wieder komme ich an riesigen Kakteen vorbei. Aus diesen roten Früchten wird die Marmelade gekocht.

Noch ein letzter Weitblick über die grüne Insel.

Dann geht es an den Abstieg. Und der hat es in sich. Es geht in engen Kehren einen steilen, felsigen Hang hinab. Ich fange an, mich selbst zu verfluchen. Wieso habe ich nur so eine lange Tour herausgesucht für heute. Meine Füße tun sowas von weh, jeder Schritt schmerzt. Und irgendwann dann auch die Knie. Ich jammere laut vor mich hin. Aber irgendwie muss ich unten ankommen. Am besten bevor es dunkel wird. Das schaffe ich tatsächlich auch – natürlich! Aber ich gehe auf dem Zahnfleisch.

Der Picknickplatz liegt am Strand, aber auch direkt neben der Straße. Und es ist schon jemand dort. Anscheinend ein Landstreicher oder so. Mit seinen drei Hunden, die zum Glück angebunden sind. Er ist mir zwar ein bisschen suspekt, aber das ist mir gerade alles egal. Hauptsache ich kann mich hinsetzen und die Schuhe ausziehen.

Als ich nach einer Weile nochmal aufstehe, um meine Füße kurz ins Meer zu tauchen, merke ich, wie mir einfach alles wehtut. Der Abstieg heute ist, für mein Gefühl, zu vergleichen mit dem Abstieg vom Becherhaus über die Teplitzerhütte nach Ridnaun bei unserer letzten Familien-Hüttentour. Und das Becherhaus liegt auf felsigen 3.195 Metern Höhe in den Südtiroler Alpen. Da taten meine Füße genauso weh.

Ich sitze einfach auf dem Tisch, lasse meine Beine herunterhängen und esse alles auf, was ich noch habe. Nur zum Frühstück lasse ich noch was übrig. Dann trinke ich Tee und überlege, wie ich die Nacht herumbekomme. Irgendwie ist es mir nicht ganz geheuer hier neben dem Typen zu schlafen. Also mache ich mich gegen 22:30 Uhr doch schon auf den Weg zum Hafen. Ich brauche nur 45 Minuten. Etwas oberhalb ist ein Geocache versteckt, da schaue ich nach einem ruhigen Plätzchen. Da bin ich wenigstens außer Sichtweite der Straße und Häuser. Es ist zwar überall felsig und steinig, aber ich lege mich einfach mit meinem Schlafsack ganz oben auf dem Hügel halb unter einen großen Felsen. Ich liege da, gucke in die Wolken und Sterne, lese ein bisschen, döse vor mich hin und irgendwann ist es 5 Uhr morgens. Geschafft!

Abreise

Ich suche noch den Geocache und frühstücke. Dann geht es runter zum Hafen und zur Fähre. Ich kann direkt einchecken und an Bord gehen. Die Überfahrt nach Teneriffa ist nicht so entspannt. Es schaukelt extrem stark und mir ist so übel. Dabei hatte ich noch nie Probleme mit Seekrankheit. Es hört einfach nicht auf und ist der Horror. Ich muss mich übergeben und hocke die ganze Fahrt auf dem Boden und hoffe, dass es bald vorbei ist.

In Los Christianos angekommen, mit festem Boden unter den Füßen, geht es mir direkt wieder besser. Ich schaue, wann der Bus fährt und setze mich an die Strandpromenade, um etwas zu essen. Dann geht es mit dem Bus zum Flughafen, zurück nach Düsseldorf und mit dem Zug nach Iserlohn.

Und vorbei ist mein erster Solo-Abenteuer-Urlaub – ganz alleine, sehr abenteuerlich und voller spannender Begegnungen. Im Kopf habe ich schon die nächste Tour, zu Fuß von List zur Zugspitze… Ich glaube, trotz einiger Tiefpunkte in den letzten Tagen, bin ich auf den Geschmack gekommen! Am Ende überwiegen die tollen Momente in der Natur, es alleine zu schaffen, Grenzen zu verschieben. Und dafür lohnt es sich.


17,8 km
5:35 h
721 hm
1244 hm
1022 m