Gestern Abend bin ich nochmal in den Ort gegangen, weil ich ganz vergessen hatte, mir einen Stempel zu holen. Es ist schon 21 Uhr und außer einer Eisdiele hat nichts mehr auf. Ich werde ein bisschen komisch angeschaut, bekomme aber meinen Stempel. In der offiziellen Wegbeschreibung des Nordalpenwegs sind bestimmte Orte oder Hütten als Kontrollstellen markiert. Wenn man überall dort Stempel sammelt, bekommt man hinterher vom Alpenverein ein Abzeichen und eine Urkunde. Da lege ich zwar nicht so viel Wert drauf, aber unterwegs Stempel sammeln, finde ich trotzdem super. Am Ende des Tages habe ich dann auch schon vier zusammen. Die Hütten an den anderen beiden Kontrollstellen haben heute Ruhteag.

Heute breche ich früh auf. Gegen halb 7 geht’s los, damit ich langsam gehen und mir Zeit lassen kann. Auch wenn es über 30 Kilometer sind heute, ich habe ja den ganzen Tag Zeit. Mein Leben besteht nur aus Laufen, Essen, Schlafen und euch Schreiben im Moment. Da schafft man ohne Stress schon eine ganz schöne Strecke, wenn man möchte. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ist es aktuell fast 16 Stunden hell.

Zuerst gehe ich von meiner Unterkunft die Straße hoch, zurück zum Nordalpenweg. Und nun kann ich endlich einfach der Beschilderung folgen. Das macht das Gehen, finde ich, so viel entspannter, als wenn man ständig den Weg suchen muss. Ich bin ja schon gespannt darauf, wie das dann nächstes Jahr in Norwegen wird. Dort habe ich einige komplett weglose Abschnitte vor mir, wo sicher eine ganze Menge Zeit für die Orientierung draufgehen wird.

Es geht heute viel durch schattigen Wald. Das ist echt angenehm, der Himmel ist nämlich wieder wolkenfrei und die Sonne gibt alles. Nach einem Stück auf breitem Forstweg folgt direkt der erste Anstieg. Über schmale Pfade geht es steil hinauf zur Kammersteiner Hütte auf 578 Meter. Ich mache viele kleine Pausen, es ist schon anstrengend mit dem zusätzlichen Gewicht des Rucksacks. Mein Körper braucht auch scheinbar immer ein bisschen, um sich anzupassen. Der erste Tag einer mehrtägigen Bergtour ist immer der anstrengendste für mich und ich habe häufig mit Übelkeit zu kämpfen. Danach geht alles einfacher. Alle, die schon mit mir gewandert sind, kennen das von mir. Aber inzwischen weiß ich das ja und stelle mich darauf ein.

Direkt an der Kammersteiner Hütte steht die Josefswarte. Ein 11 Meter hoher Stahlturm, der „Höhepunkt Perchtoldsdorfs“. Oben hat man eine gigantische Aussicht über die Hügel des Wienerwalds und Wien.

Da steht mein Ziel angeschlagen. Oder zumindest eines meiner beiden Ziele. Auf zum Bodensee 🙂

Der weitere Weg ist ein leichtes auf und ab über eine breite Forststraße. Meist durch den Wald und zwischendurch an wunderschönen Wildwiesen vorbei.

Hier führen eine ganze Menge Wanderwege her. Schilder, die ich heute immer wieder sehe, sind die vom Wiener Wallfahrerweg und Via Sacra, zwei Pilgerwegen.

Und mit den vielen Wegen und Menschen, scheint es hier leider auch ein Müllproblem zu geben. Diese Übersicht hängt an jeder Ecke. Jeder, der seinen Müll in die Natur schmeißen will, sollte sich die Zahlen mal durch den Kopf gehen lassen und dann doch auf den nächsten Mülleimer warten.

Auf dem Weg hinab nach Sittendorf treffe ich zwei andere Wanderer mit großen Rucksäcken. Stefan und Sophie, ein frisch verheiratetes, junges Pärchen aus Wien. Sie gehen 4 Tage lang den Mariazeller Pilgerweg bevor sie dann für ihre Hochzeitsreise nach Griechenland fliegen. Als Verpflegung haben sie im Gepäck die Reste des Essens von der Hochzeitsfeier. Wir gehen ein ganzes Stück zusammen, bevor wir uns verabschieden, weil ich ein bisschen langsamer weitergehen möchte. Alles Gute nochmal euch beiden!

Weiter geht’s über schmale Pfade wieder ein Stück hinauf. Der Weg heute ist abwechslungsreich und sehr schön.

Der nächste Stopp ist das Stift Heiligenkreuz. Hier war 2007 das Ziel vieler Pilger, als Papst Benedikt XVI. das Kloster und die angrenzende Hochschule besuchte. Es ist das älteste durchgehend bestehende Zisterzienserkloster der Welt.

Auf dem Weg komme ich an dieser kleinen Kapelle mit Friedhof vorbei.

Kurz danach erreiche ich das Kloster und schlendere durch die beeindruckenden Gemäuer. Es gibt ganz schön viel zu sehen heute.

Der erste Teil des Weges nach Mayerling ist nicht so schön, da man direkt an der Bundesstraße entlang geht, wo es gefühlt keine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. Danach geht es aber wieder über Schotterwege durch Felder und Wiesen. Kurz vor dem Ort Maria Raisenmarkt finde ich dann auch einen Platz für meine Pause, im Schatten eines großen Baums. Es ist erst Mittag und ich habe schon zwei Drittel meiner Etappe geschafft. Hier überholen mich Stefan und Sophie wieder, die in Mayerling Pause gemacht haben. Dort haben wir uns anscheinend verpasst.

Es folgt der zweite große Anstieg für heute. Über wurzelige Pfade geht es durch den Wald hinauf zur Ruine Arnstein und weiter auf breiteren Waldwegen zum Peilsteinhaus auf 718 Metern.

Nun ist es nicht mehr so weit bis Weissenbach an der Triesting. Es geht bergab, zwischendurch nochmal mit schönem Ausblick.

Durch den Ort hindurch und ein bisschen ab vom Weg zum Edlahof. Einem Bauernhof, wo ich die nächsten zwei Nächte schlafen und morgen einen entspannten Pausentag verbringen werde.

Ich muss sagen, dass der Nordalpenweg richtig gut markiert ist. Es gab nur zwei Stellen heute, wo ich mir noch einen Pfeil gewünscht hätte. Nach einem Blick in die Karte, war aber auch dort der Weg klar. Und auch der Wanderführer zu dem Weg enthält für jede Etappe eine super Wegbeschreibung. Verlaufen ist also kaum möglich. Mal schauen, ob das auch so bleibt. Nach dem, was ich gelesen habe, gibt es schon ein paar Abschnitte, wo die Markierungen nicht so gut sind.


32,7 km
8:30 h
1111 hm
1040 hm
720 m