Heute Morgen schlafe ich richtig lange. Es war ja auch spät gestern. Ich bin zwar schonmal wach, schlafe aber wieder ein und dann ist es plötzlich fast 9 Uhr. Ich trinke einen warmen Tee und packe in Ruhe meine Sachen. Meine Schuhe hatte ich in meine Regenhose eingewickelt mit ins Innenzelt genommen und sie sind nicht gefroren. Bis ich losgehe ist es schon halb 11. Aber ich habe wieder nur etwas über 20 Kilometer vor mir. Das ist ja ein Klacks. Wobei ich recht früh da sein möchte, damit ich die Sauna noch nutzen kann.

Mein Weg ist nicht viel anders als gestern. Nur etwas trockener, was schön ist. Ich folge einer Quad-Spur durch die weite, flache Landschaft.

Schon nach den ersten 2 Kilometern nehme ich aber die falsche Spur. Es kreuzen immer mal andere Spuren oder der Weg teilt sich. Ich gehe irgendwie zu weit links. Das fällt mir auch nur auf, weil ich auf der Karte gesehen habe, dass ich zwischen ein paar Seen hergehen sollte und ich diese rechts von mir sehe. Das kommt mir komisch vor und ich schaue nochmal auf die Karte. Also klettere ich über den Rentierzaun, wo der oberste Draht etwas durchhängt und gehe den kleinen Hang runter, um der richtigen Spur zu folgen.

Auf den Karten ist der Weg ab den Seen nur noch als unmarkierter Pfad eingezeichnet und nicht mehr als Traktorspur. Aber die breite Spur ist durchgehend da.

Sobald ich ein bisschen Empfang habe, rufe ich nochmal bei der Hütte an. Eine Antwort auf meine E-Mail habe ich nämlich nicht bekommen. Dieses Mal erreiche ich auch jemanden. Jetzt habe ich ein Bett für heute Nacht sicher und bekomme sogar Abendessen und Frühstück. Das ist ja genial.

Hinter dem großen See Spierkojávri macht der Weg einen großen Bogen. Für ein bisschen Abwechslung lasse ich diesen aus und gehe querfeldein. Das sind dann nicht einmal 2 Kilometer bis ich wieder auf dem Weg stehe. Es geht durch Sumpf, niedriges Gestrüpp und über ein paar kleine Hügel. Definitiv der abwechslungsreichste Teil heute. Da kann ich auch meinen Kompass nochmal benutzen. Am Ende muss ich zum zweiten Mal heute über einen Rentierzaun und dann stehe ich wieder auf dem Weg. Mit Markierungen, da der Wanderweg auch hierher verläuft.

Ich höre weit hinter mir Hundegebell und sehe auch ein Quad, aber es sieht so aus, als wäre es in die andere Richtung unterwegs. Da war wohl nur ein Hügel im Weg, sie kommen doch in meine Richtung. Erst kann ich es nicht richtig erkennen. Ich sehe eine Horde Tiere auf mich zukommen. Für Rentiere sind sie zu klein. Es sind Hunde, bestimmt 20 Tiere. Dahinter das Quad mit 2 Menschen drauf. Ich mache lieber mal Platz und gehe ein paar Meter vom Weg weg. Es sind Huskys, die vor das Quad gespannt sind. Von den Trainingsfahrten habe ich ja inzwischen schon gehört, aber nicht, dass die Hunde ein Quad ziehen. Der Fahrer gibt auch Gas, aber scheinbar nur so viel, dass die Hunde auch noch was zu tun haben.

Das Mädel, das hinten auf dem Quad sitzt, ruft mir zu, ob ich nach Jotka gehen würde. Dann sehen wir uns dort. Es ist auch nicht mehr weit. Es geht runter, nochmal einen Hügel rauf, durch lichten, kahlen Birkenwald und dann kann ich den Hof schon sehen.

Um halb 4 komme ich an der Jotka Fjellstue an. Es ist nicht nur eine Berghütte. Die Familie Kristensen lebt mit ihren Huskys das ganze Jahr hier, trainiert die Hunde und versorgt Gäste. Auf der Internetseite finde ich später einen Link zu einer Doku, die im norwegischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Es geht um den Hof und das Leben hier, sehr interessant und mit schönen Aufnahmen. Ihr könnt ja mal reinschauen, wenn es euch interessiert. Es gibt zwar nur norwegische Untertitel, aber mit Google Chrome auf meinem Handy und der automatischen Übersetzung klappt das so schnell, dass ich die Untertitel auf deutsch lesen kann. Es ist zwar nicht die beste Übersetzung, aber man versteht, worum es geht.

Das Mädel vom Quad kommt mir entgegen. Eine Norwegerin aus der Nähe von Oslo, die hier auf dem Hof hilft. Sie zeigt mir die Hütte. Andere Gäste sind im Moment nicht hier, daher habe ich das Zimmer mit 4 Betten für mich alleine. Die Sauna braucht ungefähr 2 Stunden zum Aufheizen und um 19 Uhr gibt es Essen. Das sind ja feine Aussichten für den Abend. Ein richtiges Verwöhn-Programm.

Nachdem ich den Kamin angemacht, mich umgezogen und einen Tee zum Aufwärmen getrunken habe, schaue ich mich draußen um. Ich dachte irgendwie immer, dass Huskys alle helles Fell haben. Aber auch die mit schwarzem Fell sind Huskys. Die Frage wird hier wohl häufig gestellt.

Die Jungtiere sind besonders süß und es macht Spaß, ihnen beim Herumtollen zuzuschauen. Sie sind jetzt 3 Monate alt und in nochmal 3 Monaten können sie anfangen mit den Großen zu trainieren.

Es gibt sogar einen holzbefeuerten Whirlpool. Das ist ziemlich genial. Aber der ist heute nicht in Betrieb.

Vor der Sauna gibt es einen großen Kessel mit heißem Wasser, dass auch durch den Holzofen erhitzt wird. Und sogar eine Dusche mit kleiner Pumpe. Man kann sich heißes und kaltes Wasser in einem Eimer mischen, die Pumpe reinhängen und einschalten und sich unter den Duschkopf stellen. Ich bin echt begeistert.

Ich genieße die Sauna sehr. Die Wärme tut so gut nach der ständigen Kälte draußen.

Nach ein paar Saunagängen und zwischendrin immer einer Abkühlung im kalten Fluss, gehe ich rüber zum Haupthaus. Pünktlich um 19 Uhr zum Abendessen. Einer der vielen Tische ist liebevoll für mich eingedeckt. Ich bekomme eine große Karaffe Wasser und Apfelsaft. Und mache große Augen, als das Essen serviert wird. Ich bekomme nicht einen fertigen Teller, sondern kann mich selbst bedienen. Auf meinem Tisch landen Schüsseln mit Rentierfleisch, Kartoffeln, Gemüse – Blumenkohl, Brokkoli und Möhren – und süß angemachten roten Zwiebeln. Dazu natürlich selbstgemachte Preiselbeermarmelade. Ich schwebe im Himmel. Endlich mal einfache, norwegische Hausmannskost. Und dazu noch so viel, dass glatt 3 Leute davon satt werden könnten. Also normale Leute, nicht jedoch Norge på langs Wanderer.

Meine erste Portion ist ruckzuck aufgegessen. Ich bin normalerweise die Meisterin im Langsam-Essen. Jetzt kann ich mich aber nicht zurückhalten. Ich habe so einen Hunger und es schmeckt so herrlich gut. Ich bin hinterher etwas erstaunt, dass ich tatsächlich alles restlos aufgegessen habe. Und dann werde ich auch noch gefragt, ob ich einen Nachschlag möchte. Aber ich bin satt geworden. Zum Nachtisch gibt es eine Waffel mit Moltebeeren-Creme und einen Kakao. Was geht es mir doch heute gut!


21,0 km
4:15 h
338 hm
373 hm
495 m