Für ungefähr eine Stunde war der Wind nochmal ziemlich stark gestern Abend, dann wurde es ruhiger. Ich habe gegen Mitternacht mal rausgeschaut in den Sternenhimmel. Aber der Vollmond hat so hell geschienen, dass nicht so viele Sterne wie sonst zu sehen waren. Für Nordlichter war es wahrscheinlich auch zu hell, also habe ich mich wieder schlafen gelegt.

Ich habe meinen Wecker auf halb 7 gestellt und bin auch früh wach. Ich wollte zeitig losgehen, allerdings kann ich mich noch nicht aufraffen. Ich mache das Außenzelt auf, liege in meinem warmen Schlafsack und schaue in die weiß gefrorene Landschaft. Genieße es nochmal in vollen Zügen, alleine in dieser endlosen Weite aufzuwachen. Als die Sonne aufgeht, schieben sich direkt die ersten Wolken davor. Und ich hatte gehofft, die Sonnenstrahlen würden mein Zelt auftauen. Ich schaue nach dem Wetter und es soll heute mal nicht so windig werden. Das ist ja schön, dann kann ich mir auch irgendwo anders einen Zeltplatz suchen und brauche die Hütte nicht als Windschutz.

Es sind minus 2 Grad und gefühlt laut Wetteranzeige minus 6 Grad. Ich packe meine Schuhe aus meiner Regenhose aus und freue mich, dass sie nicht gefroren sind. Nur die Gamaschen und die wasserdichten Socken hatte ich blöderweise nur obendrauf gelegt, die sind etwas steif. Ich stelle meine Schuhe vor das Zelt, packe schonmal ein bisschen zusammen, ziehe mich an und will dann in die Schuhe schlüpfen. In der Zeit, wo sie draußen standen, sind sie aber doch tatsächlich gefroren. Na toll. Ich zwänge mich hinein und kämpfe mit den steifen Schnürsenkeln bis sie richtig sitzen. Ich trinke noch einen Tee und habe so einen Hunger, dass ich das Mittagessen vorziehe. Der See ist größtenteils gefroren und die Eisschicht ist dieses Mal schon richtig dick. Nicht so ein Hauch von Eis wie bisher. Das ist bestimmt ein Zentimeter. Ich schlage ein Loch hinein, um ans Wasser zu kommen.

Zwischen ein paar Steinen bildet das Eis schöne Muster.

Das normale Gas kommt schon an seine Grenzen. Gut, dass ich auch noch eine große Kartusche Wintergas habe. Ich packe den Rest zusammen und schüttle mein Zelt so gut es geht aus. Dann mal los, es ist inzwischen schon nach 10 Uhr. So viel zum frühen Losgehen.

Der Himmel ist nun ganz bewölkt und es schneit leicht. Ich habe direkt meine Regensachen übergezogen. Und 3 Paar Socken übereinander an. Eigentlich habe ich alles an, bis auf meine Schlafsachen und die Daunenjacke. Nach der Unterwäsche 4 Lagen an den Beinen und 5 Lagen am Oberkörper. Mir ist schön warm.

Ich gehe um den See herum und über ein paar kleine Hügel. Auf den Steinen muss ich gut aufpassen, sie sind mit einer dünnen Eisschicht überzogen und echt rutschig. Aber zum Glück sind es nur ein paar breite Geröllstreifen zwischen der Erde mit den Flechten.

Es geht heute nördlich um den Vilgesrášša herum. Und bald sehe ich nur noch grau um mich herum. Geröllfelder, wo ich hinschaue. Doch nicht nur ein paar breite Geröllstreifen. Das ist eine einzige Steinwüste hier. Und die Steine sind alle so rutschig. Die großen, schrägen Felsbrocken, über die man eigentlich ganz gut laufen könnte, meide ich jetzt. Ich setze meine Füße in all die kleinen Zwischenräume, damit ich nicht wegrutsche.

Vielleicht wird es ja besser, wenn ich weiter links und ein bisschen bergab gehe. Aber steil ist es hier nicht, es gibt keine großen Höhenunterschiede. Ich gehe ein bisschen in die Richtung, aber es sieht überall gleich aus. Das Foto beschreibt meinen Blick nach vorne, nach rechts und nach links.

Nach den ersten 5 Kilometern mache ich eine kleine Pause. Sitze im Schnee und esse ein paar Nüsse. Gut, dass ich gestern nicht weiter gegangen bin. Hier hätte ich keinen Zeltplatz gefunden und wäre dem Wind schutzlos ausgeliefert gewesen. Heute weht er wirklich nur leicht und lässt mich in Ruhe. Ich habe ja schließlich genug zu kämpfen mit den rutschigen Steinen. Viel Pause gönne ich mir nicht. Ich muss es auf steinfreien Boden schaffen bevor es dunkel wird.

Ich bin froh, als es über kleinere Steine geht. Das macht es ein kleines bisschen einfacher. Es folgt wieder ein breiter Streifen mit durcheinandergewürfelten Felsen. Meine schönen Flicken aus Panzerband und Zahnseide an meinen Schuhen überleben das leider nicht. Durch das ständige Entlangratschen an den spitzen und scharfkantigen Steinen, gibt es schon wieder neue Löcher.

Mal sehen, wie lange es dauert, bis ich genug habe von dieser Steinwüste. Ich könnte mir zig schönere Dinge vorstellen gerade, aber noch habe ich gute Laune und möchte nicht tauschen. Das gehört eben dazu zu meinem letzten Abenteuer auf dieser Wanderung. Langsam und vorsichtig gehe ich immer weiter.

Auf der Karte sind 4 Bäche eingezeichnet, die ich queren muss. Wo der erste Bach sein soll, sehe ich nur einen breiten Streifen hellerer Steine. Beim zweiten Bach gibt es einen tiefen Einschnitt und ich muss steil hinunter- und auf der anderen Seite wieder genauso steil hinaufklettern. Aber auch hier kein Wasser.

So gehe ich von einem trockenen Bach zum nächsten. Erst beim dritten Bach gibt es ein wenig Wasser. Wieder in einem tiefen Einschnitt, wo ich ein bisschen klettern muss.

Beim letzten Bach wundere ich mich, wo er denn ist. Da ist gar nichts zu sehen. Inzwischen ist es schon nach 15 Uhr und gefühlt dämmert es schon. Aber vielleicht ist es auch nur durch die tief hängenden Wolken so duster. Meine Aussicht ist heute nur grau und weiß. Aber zumindest werden die Steine nach über 12 Kilometern endlich weniger und ich komme besser vorwärts. Ich lege auch gleich einen Zahn zu, da ich mir echt Gedanken um meinen Schlafplatz mache. Ich möchte nicht irgendwo mitten in diesem Meer aus Steinen stehen, wenn es dunkel wird.

Da hinten kommt ein See in Sicht, vielleicht finde ich da einen Platz.

Vorher gehe ich noch über diese riesige und komplett flache Ebene aus kleinen, flachen Steinen. Hier kann ich mal normal gehen. Das sieht lustig aus mit den vereinzelten beigen Grasbüscheln.

Am See wird es hügelig und wieder felsig. Das ist das blödeste Geröllfeld heute. Rutschig und mit hohen Stufen und tiefen Löchern zwischen den Steinen. Langsam mache ich mir echt Sorgen. Die Steine müssen doch irgendwo auch wieder aufhören.

Zwischendrin gibt es ein paar kleine, unebene, mit Moos bewachsene Erdflecken. Ich schaue jeden prüfend an, ob ich mein Zelt aufstellen könnte. Aber sie sind immer noch zu steinig und zu buckelig. Einer kommt in Frage, den merke ich mir, gehe aber noch ein Stück weiter. Ich hatte vorhin ganz unerwartet kurz Empfang und habe mir die Satellitenbilder angeschaut. Es gibt ein paar Flecken am Ende des Sees, die nicht ganz so grau aussehen. Danach sieht es wieder nach nur Steinen aus. Also sollte ich wirklich hier bleiben.

Ich finde etwas weiter eine kleine Senke direkt am Wasser, die perfekt ist. Da der weiße Nebel sich kurz verzieht, lasse ich den Rucksack stehen und gehe über die nächste Kuppe. Soweit ich das erkennen kann, sieht das doch ganz vielversprechend aus für morgen. Nicht mehr nur Steine da hinten.

Vielleicht schaffe ich es morgen wirklich mal früher loszugehen. Aber zum Glück habe ich die Zeit ja. Ich vermisse die langen Tage, wo es so lange hell war. Inzwischen geht die Sonne um Viertel nach 7 auf und um Viertel vor 5 unter. Aber zu dem Beginn der Quadspur, die zu der Kraftwerksstraße führt, schaffe ich es morgen auf jeden Fall. Das sind noch etwa 12 Kilometer.

Ich liege Probe und suche die Stelle mit den wenigsten Steinen im Weg. Die Heringe halten nicht gut, aber es gibt ja genug Steine drumherum. Ich suche die schwersten, die ich noch tragen kann und lege sie auf die Heringe. Das sollte passen, so windig ist es nicht. Bis alles steht ist es halb 5.

Es hat den ganzen Tag leicht geschneit. Als ich nach dem Essen daliege und schreibe, fängt es an zu regnen. Ein ziemlich langer Schauer. Jetzt hoffe ich nur, dass die Steine morgen früh nicht noch rutschiger sind, wenn es wieder friert.


14,9 km
4:20 h
222 hm
244 hm
689 m