Wenn es so kalt ist, muss ich mich morgens erstmal überwinden, meinen warmen Schlafsack zu verlassen. Heute probiere ich eine neue Anzieh-Technik aus. Ich stecke abwechselnd meine Arme und Beine aus dem Schlafsack und ziehe mich irgendwie ziemlich kompliziert an. Aber so bleibt es noch ein kleines bisschen länger warm. Um Viertel nach 10 gehe ich los.

Weiter geht’s auf der Schotterstraße. Der Tag ist ziemlich unspektakulär. Ich möchte soweit gehen, dass ich morgen nur noch einen kurzen Tag habe. Es wäre super, mittags schon in Ifjord anzukommen und hoffentlich etwas zu Essen zu bekommen.

Ich habe vorgestern nun übrigens auch den nördlichsten Punkt Finnlands hinter mir gelassen. Nördlicher als Schweden war ich ja schon an Tag 130. Jetzt gib es kein europäisches Land mehr, das weiter nördlich liegt.

Ich gehe an dem riesigen Stausee Mohkkejávri entlang und über die Staumauer Dam Krokvann. Immer wieder sehe ich Schilder von Statkraft. Der norwegische Energiekonzern ist in Europa der größte Erzeuger von erneuerbarer Energie, hauptsächlich aus Wasserkraft.

Am spannendsten ist es heute, den Himmel zu beobachten. Zwischendurch gibt es blaue Löcher zwischen den Wolken, Nebel steigt auf, ein paar Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg zur Erde und dann ist wieder alles grau.

Nach etwa der Hälfte der Strecke gehe ich auf Asphalt weiter. Und mich überholen zwei Autos. Wo kommen die denn her? Vielleicht gibt es noch irgendwo einen Abzweig, den ich übersehen habe.

Etwas weiter sehe ich im Gelände 2 Männer. Ich höre einen Schuss und sehe kurz darauf ein Moorhuhn wegflattern. Ich freue mich, dass die Jäger es verfehlt haben.

An der Staumauer Dam Offervann biege ich rechts ab. Ich könnte auch der Straße weiter folgen, würde dann in 13 Kilometern auf die Hauptstraße kommen und müsste dieser nochmal 24 Kilometer bis nach Ifjord folgen. Aber den großen Schlenker kann ich mir auch sparen. Dann muss ich zwar ab der östlichen Staumauer am Store Måsvannet etwas querfeldein gehen, aber das sind nur 6 Kilometer bis ich auf die nächste kleine Straße stoße.

Es war schon die ganze Zeit ziemlich windig, aber jetzt wird es richtig unangenehm. Es geht bergauf und der eisige Wind kommt von rechts. Die Felsen am Straßenrand bieten mir keinen Schutz und ich bin schnell ziemlich durchgefroren. Ich gehe um den großen See herum und kann die Staumauer schon von weitem sehen. Dort endet die Straße.

Ich gehe durch die Senke hinter der Steinmauer und hoffe, dass ich irgendwo einen windgeschützten Schlafplatz finde. Auch wenn es noch früh ist, will ich lieber nicht viel weitergehen. Es geht nämlich wieder hoch und sieht recht felsig aus. Hinter der Staumauer ist es windstill, aber da könnte ich nicht ruhig schlafen.

Ich gehe ein bisschen weiter durch das Gras. Hier der Blick zurück. Von da hinten kommen immer wieder neue dicke Wolken.

Etwas weiter vor mir sehr ich ganz viele kahle Birken. Vielleicht finde ich zwischen den Bäumen einen Platz.

Es geht runter in eine Bucht, wo es tatsächlich relativ gut geschützt ist. Der Boden ist allerdings zum Wasser hin ziemlich sumpfig und dahinter buckelig. Ich liege Probe und suche eine Kuhle zwischen den Grasbuckeln, wo ich einigermaßen gerade liegen kann. So habe ich um Viertel nach 3 schon mein Zelt aufgebaut. Aber die Sonne geht ja auch gleich unter.

Ich hole Wasser im See und bin gerade wieder im Zelt, als es anfängt zu regnen. Der Wind pfeift um die Felsen und durch die Bäume, aber ich bekomme kaum was ab.

Ich kuschel mich ein und esse. Es ist so früh dunkel, dass es mir um 18 Uhr schon wie Mitternacht vorkommt. Also schlafe ich einfach früh. Jetzt habe ich morgen vielleicht noch 14 Kilometer vor mir. Und wehe, Campingplatz oder Café haben geschlossen. Ich habe heute Vormittag, als ich kurz Empfang hatte, dort angerufen, aber es ist niemand drangegangen. Ich freue mich so sehr auf eine warme Dusche und meine Sachen trocknen zu können. Inzwischen wird es mir echt ein bisschen zu kalt und ungemütlich.


20,7 km
4:05 h
351 hm
360 hm
253 m