Heute geht es um halb 8 los. Ich bin schon früh wach und warte nur, bis es ganz hell ist.

Dann will ich mal das letzte weglose Stück in Angriff nehmen. Ich gehe über die Grasbuckel, zwischen den krüppeligen Birken hindurch und den Hügel hinauf. Der Boden ist weich und mit Krähenbeeren bedeckt.

Ich bin umgeben von Stauseen. Links der Store Måsvannet, rechts der Loavddajávri. Hinter mir strahlt die Sonne die Wolken an und erzeugt ein ganz mystisches Licht.

An einem kleinen See geht es steil hinab und ich muss aufpassen, dass ich nicht ausrutsche. Dann wieder hinauf und über den nächsten Hügel. Da vorne geht es zwischen den Seen über die Felsen. Das sieht doch recht einfach aus.

Allerdings stehe ich plötzlich an einer steilen Kante. Unter mir mindestens 3 Meter senkrechte Felsen. Ich gehe mit etwas Abstand an der Kante entlang. Vielleicht gibt es irgendwo ja eine flache Stelle. Zum Glück finde ich etwas weiter eine grüne Rinne, die ich vorsichtig hinabklettern kann.

Als ich unten bin, schaue ich nochmal zurück. Von unten ist es meistens so viel einfacher, einen Weg zu finden.

Es wird felsiger und viele der glatten Felsen sind steiler als es von weitem aussah. Aber ich bahne mir einen Weg drumherum, gehe möglichst viel übers Gras und vorsichtig über die Felsen. Dabei bleibe ich immer wieder stehen und beobachte fasziniert den Himmel.

Die Wolken bewegen sich schnell und es gibt ständig ein anderes Bild.

Als ich über das schmale Stück zwischen den Seen drüber bin, geht es runter. Bis zum Tredjevannet, wo schon die nächste kleine Straße beginnt. Aber ganz so einfach, wie es auf der Karte aussieht, ist es nicht. Die Felsen werden zur einen Seite immer höher und ich gehe ein bisschen Zickzack.

Rechts von mir sehe ich einen See, der viel tiefer liegt, als ich dachte. Das ist doch ganz schön steil hier. Der Bach hinunter in den Tredjevannet fließt durch eine steile Schlucht. Ursprünglich wollte ich ihn hier oben queren, aber das kann ich vergessen. Ich gehe bis zur Kante der Schlucht und bekomme ein bisschen Angst. Wie soll ich denn bitte da unten den See erreichen? Rechts die Felsen sind steil und glatt. Und links sehe ich da vorne eine Kante und überhängende Felsen.

Immer wenn ich weglos gegangen bin, hatte ich ein bisschen Angst, dass ich an so eine Stelle komme, wo ich einfach nicht weiterkomme. Bisher hatte ich immer Glück und habe einen Weg gefunden. Und jetzt?

Ich stehe da und schaue mir die Umgebung genau an. Die Schlucht mit dem Bach führt relativ seicht nach unten. Vielleicht kann ich ja über die großen Felsen im Bach klettern. Oder weiter nach links gehen. Etwa 800 Meter weiter gibt es einen grünen Einschnitt zwischen den Bergen, vielleicht ist es da weniger steil.

Da vor mir gerade eine Stelle ist, wo ich runter in die Schlucht klettern kann, will ich es durch den Bach versuchen. Hier komme ich zur Not auch wieder hinauf. Ich klettere vorsichtig am Rand des Wassers über die Steine. Die ersten Meter funktionieren auch ganz gut.

Dann haben die Steine aber einen größeren Abstand, sind rutschig und das Wasser dazwischen ist sehr viel tiefer als gedacht. Ich klettere trotzdem vorsichtig weiter. Muss mich bei ein paar Schritten erst überwinden. Bis ich mich gar nicht weitertraue. Mann, war das vielleicht eine blöde Idee. Das war doch eigentlich von vornherein klar. Das hätte mir ja mal jemand sagen können.

Ich drehe mich vorsichtig um und brauche eine Weile, bis ich über die blöde Stelle zurückgeklettert bin. Zumindest schaffe ich es ohne abzurutschen. Dann die Felskante und Grasrinne hoch und ich stehe wieder oben am Rand der Schlucht.

Der See unter mir ist so nah und doch so weit weg. Ich gehe weiter nach links an der Kante entlang. Dort ist noch ein Einschnitt zwischen den Felsen. Eine kleinere Schlucht, die trocken ist. Da könnte ich vielleicht hinabklettern.

Es ist steil, gibt aber ein paar praktische Stufen im Boden. Ich hocke mich hin, taste mit dem Fuß nach dem nächsten Tritt und halte mich an den Ästen fest. Bis ich tatsächlich unten stehe.

Ich quere den Bach und gehe daran entlang Richtung See. Dort finde ich dann auch direkt die Quad-Spur. Das wäre geschafft! Das war der letzte weglose Abschnitt. Jippieh! Und der hatte es am Ende nochmal in sich. Auch hier wäre es von unten wieder sehr viel einfacher gewesen, einen möglichen Weg zu finden.

Der restliche Weg nach Ifjord ist einfach. Ich folge der Schotterstraße bergauf und weg vom See. Über eine Kuppe und dahinter geht es bis zur Hauptstraße wieder runter. Mit Blick auf ständig neue Wolkenbilder.

Hinter dem See kann ich schon die Hauptstraße sehen. Es scheint wenig Verkehr zu geben, ich sehe nur vereinzelt Autos vorbeifahren.

Noch ein paar Kurven hinab, durch einen Bach und dann kürze ich nochmal ein kurzes Stück ab und klettere die Böschung hoch zur Straße. Ich steige über die Leitplanke und gehe am Straßenrand weiter. Ich bekomme sogar ein bisschen Sonne ab, aber das ist nur ein ganz kurzes Vergnügen.

Nur noch 4 Kilometer. Der Weg zieht sich jetzt. Es donnern ein paar Laster an mir vorbei, die keinen Platz machen. Dann kommt endlich dieses Schild. Essen und Bett nehme ich beides liebend gerne.

Ich biege in Ifjord rechts ab. Nach links ist das erste Mal Mehamn ausgeschildert und mein Herz schlägt ein bisschen schneller. Ich bin plötzlich richtig aufgeregt.

Ich gehe zu dem Gebäude hinter den Zapfsäulen. Hier ist auf der Karte der Campingplatz eingezeichnet. An der Tür hängt ein Schild mit einer Telefonnummer und den Öffnungszeiten des Cafés. Täglich 12 bis 20 Uhr. Ich freue mich riesig! Jetzt ist es gerade einmal 11 Uhr. Ich überlege, ob ich die Stunde warten soll, rufe aber dann doch die Nummer an. Die Frau meint, sie würde mir gleich die Tür öffnen.

Ich werde ganz herzlich empfangen. Ich bekomme ein Zimmer mit eigenem Bad zum Preis des günstigsten Zimmers mit Gemeinschaftsbad. Und solange die Dame mir das Zimmer herrichtet, darf ich mich ins Café setzen, Tee trinken und Kuchen essen. Ich schwebe im Himmel! Das Gebäude wirkt von außen alt und ein bisschen heruntergekommen, aber drinnen ist es anscheinend relativ neu renoviert und ganz gemütlich eingerichtet. So warte ich mit Schokokuchen und Blaubeermuffin glücklich auf mein Zimmer.

Ich bekomme das Zimmer direkt neben der Sauna. Dort könne ich meine Sachen trocknen und mich selbst aufwärmen. Das wird ja immer besser. Erstmal begnüge ich mich aber mit einer ewig langen warmen Dusche. Was tut das gut! Ich vertrile meine Sachen zum Trocknen und gehe hoch ins Café.

Ich suche mir einen gemütlichen Tisch mit Bank am Fenster und bestelle erstmal etwas zu Essen. Es gibt leider nur Fleisch, also nehme ich einen Burger. Den restlichen Tag verbringe ich mit schreiben, planen und noch mehr essen. Nachmittags gibt es eine Waffel und abends Rentiereintopf. Es kommen immer mal wieder Einheimische rein, um etwas zu trinken oder zu essen.

Es folgen nun 3 Tage hauptsächlich Straße und dann brauche ich noch 2 Tage zum Kinnarodden. Ich könnte also am Freitag am Ziel sein. Ich habe aber auch noch ein bisschen Puffer, um erst nach Mehamn gehen zu können bei schlechtem Wetter. Was für ein Hin und Her das in letzter Zeit war. Erst wollte ich gar nicht mehr, dann wollte ich nicht, dass es zu Ende ist und jetzt freue ich mich einfach auf die letzten Tage und will sie genießen.

Ich beschließe, in Lebesby am Dorfladen vorbeizugehen und irgendetwas besonderes für die Ziel-Sause zu kaufen. Eigentlich wollte ich auch meine Rückfahrt jetzt buchen, damit warte ich aber noch. Das wird ja auch spontan gehen. Wenn vom Wetter alles passt, würde ich nämlich gerne das Schiff am 26. Oktober nehmen. Dann habe ich noch ein paar Tage in Bergen, wo ich mich gerne umschauen möchte. Ansonsten fährt das nächste Schiff am 30. Oktober, dann hätte ich nur noch einen halben Tag in Bergen. Die erste Option ist also mein Favorit. Aber da muss das Wetter mitspielen. Die exponierte Steinwüste zum Kinnarodden sollte man wohl nicht unterschätzen. Ich habe ein paar Berichte gelesen und Bilder gesehen.


13,6 km
3:20 h
346 hm
550 hm
277 m