Mein Zelt ist morgens ziemlich eingeschneit. Ich hatte alle meine nassen Klamotten und die Schuhe mit hereingenommen und in eine Plastiktüte gepackt. Das hat gut geholfen, gefroren ist nichts. Allerdings beschließe ich, heute meinen trockenen Schlafsachen anzulassen und einfach noch eine Lage darüber zu ziehen. Bisher war immer die höchste Priorität, dass die Schlafsachen trocken bleiben, aber heute ist es egal. In Mehamn kommt sowieso alles in die Waschmaschine. Also gönne ich mir den Luxus, nicht in nassen Sachen loszugehen.

Ich buddel die Heringe aus dem Schnee aus und packe alles zusammen. Ganz schön viele letzte Male heute. Das letzte Mal alleine in weiter Natur aufwachen. Das letzte Mal im warmen Schlafsack sitzen, die Landschaft beobachten und dabei Tee trinken. Das letzte Mal mit eisigen Fingern das Zelt abbauen. Zumindest vorerst. Für dieses Jahr.

Es ist bewölkt, aber das Wetter ist besser als gestern. Ich kann viel weiter schauen. Und der Himmel sieht toll aus, als die Sonne aufgeht.

Als ich eine Stunde später losgehe, gegen 10 Uhr, ist es aber wieder grau.

Meine Trekkingstöcke sind so stark gefroren, dass ich sie nicht zusammenklappen kann. Also befestige ich sie so am Rucksack. Der Schnee ist tiefer als die letzten beiden Tage und meine Fußspuren vom Hinweg kann ich nicht mehr erkennen. Gestern konnte ich mich noch daran orientieren. Ich mache ein letztes Startfoto. Mit dicken Schneeflocken, die auf mich herabrieseln.

Den Gipfel des Bjørnviktuva lasse ich auf dem Rückweg aus und nehme den direkten Weg zum nächsten Steinmännchen. Dann geht es wieder über Hügel, an Seen vorbei, an meinem Schlafplatz von vorgestern und über die beiden Bäche. An manchen Stellen frage ich mich, ob ich hier tatsächlich schon einmal war. Aus dieser Richtung sieht es teilweise komplett anders aus. Ich freue mich, als die Steine weniger werden und der Boden wieder weicher. Das reicht mir jetzt mit dem Geröll. Auch der Schnee wird langsam etwas weniger.

In der Ferne leuchtet der Himmel ganz surreal. Eine tolle Lichtstimmung. Und das mitten am Tag, es ist gerade halb 1.

Dann kommt Mehamn wieder in Sicht. Auf dem letzten Stück lasse ich die ganzen Schlenker aus, die ich auf dem Hinweg unabsichtlich gemacht habe und gehe fast Luftlinie. Bis ich am Flughafen ankomme.

Ich gehe am Zaun entlang, nochmal durch das Tor zum Kinnarodden und an der Straße zurück ins Zentrum.

Es ist geschafft. Gleich ziehe ich die Schuhe aus und morgen ist der erste Morgen, wo ich sie nicht mehr schnüre und weitergehe. Aber da denke ich noch gar nicht so viel dran. Ich gehe am Supermarkt vorbei und dann zum Adventure Camp. Ich hatte Vidar schon geschrieben, dass ich heute nochmal ein Zimmer haben möchte.

Als ich ankomme, treffe ich zwei seiner Mitarbeiter. Vidar wäre heute nicht da, aber ich könne einfach wieder in mein altes Zimmer und die Sauna wäre auch schon warm. Ich solle mich wie Zuhause fühlen. Das ist ja super! Damit hatte ich nicht gerechnet, dass ich mit einer heißen Sauna empfangen werde als Belohnung. Ich schmeiße alle meine Sachen in die Waschmaschine und genieße dann einen entspannten Nachmittag in der Sauna. Es ist toll, dass ich hier im Ort mit Vidar die ganze Zeit eine Kontaktperson hatte. Ich habe ihm auch die letzten Tage immer kurz eine Nachricht geschrieben, wenn ich mein Zelt aufgestellt hatte. Er ist sehr hilfsbereit und unterstützt mich, wo er kann.

Jetzt habe ich morgen noch einen ganzen Tag hier in Mehamn, was super ist. Ich wollte mich ja gerne noch ein bisschen umschauen. Das war die beste Entscheidung, meine Rückfahrt um eine Woche nach hinten zu verschieben. So hat alles perfekt gepasst.


12,5 km
3:20 h
237 hm
501 hm
319 m