Um kurz nach Mitternacht musste ich letzte Nacht kurz aus dem Zelt. Und bin dann gleich nochmal rein, um meine Kamera zu holen. Es ist ziemlich hell, man sieht den Mond und der Himmel ist am Horizont noch ganz orange. Das sieht klasse aus.
Bis Heinseter gehen Markus und ich noch zusammen. Vorbei an lustigen Steinmännchen, die aussehen, als würden sie beim nächsten Windhauch umkippen. Und beim Selstjønnbekken über eine schöne Brücke. In der Nähe des Weges steht eine kleine Steinhütte, wo wir bei schlechtem Wetter hätten übernachten können. Die Hütte ist für jeden offen und man schmeißt einfach 10 € in einen Briefkasten oder überweist das Geld.
Bei Heinseter machen wir im Windschatten eine frühe Mittagspause. Heute soll das Wetter wieder schlechter werden. Ab heute Abend soll es regnen und die nächsten beiden Tage auch.
Direkt hinter Heinseter ist der große, reißende Fluss, vor dem wir in Rjukan gewarnt wurden. Die Brücke steht aber und das ist auch echt gut so. Da haben wir uns schon vor der Pause vergewissert.
Noch ein paar Meter weiter steht dann der Wegweiser, an dem sich unsere Wege trennen. Markus geht rechts den Berg hinauf zur Tuva Hütte und macht in Geilo einen Pausentag. Ich gehe Richtung Fagerheim und direkt nach Storestølen. Wir machen noch ein letztes Foto zusammen und verabschieden uns. Ich bin gespannt, ob wir uns nochmal über den Weg laufen. Unsere geplanten Routen verlaufen jedenfalls immer mal wieder gleich. Wir wollen so oder so in Kontakt bleiben. Wenn man so lange zusammen wandert, lernt man sich gleich ganz anders kennen und es bildet sich ziemlich schnell eine Freundschaft, die sehr vertraut ist. Das ist das schöne an solchen Wanderungen, wenn man Gleichgesinnte trifft mit ähnlichen Plänen und Vorstellungen. Da ich schon sehr gerne alleine wandere, bin ich auch selber überrascht, wie lange wir jetzt doch zusammen gegangen sind, das waren ja jetzt 2 Wochen. Aber wenn alle so entspannt sind und trotzdem jeder sein Ding macht, ist das super. Also – es war schön, dich zu treffen, Markus! Bis bald zu Pfannkuchen auf einer Hütte oder Pizza im Ort 😉
Jetzt geht’s alleine weiter. Ich war schon gespannt, ob es sich vielleicht komisch anfühlt, nach 2 Wochen mit Begleitung wieder alleine zu gehen. Aber ich fühle mich gut, alles ist normal, ich bin glücklich.
Es geht ein bisschen bergauf, am Gipfel vorbei, durch eine Senke und zum nächsten Gipfel. Es ist aber nicht viel Höhenunterschied. Ich muss über 2 Bäche rüber und gehe gleich mit Stöcken weiter, falls noch mehr Querungen kommen.
Links unter mir schaue ich auf den noch ziemlich gefrorenen und riesigen See Øvre Hein. Kein Wunder, dass das Wasser in den Flüssen so eisig ist.
Da ich Richtung Westen gehe, habe ich direkt vor mir die ganze Zeit eine geniale Aussicht auf die hohen, schneebedeckten Berge in der westlichen Hardangervidda und auf den Gletscher Hardangerjøkulen. Gestern sah es noch aus, als ob sich eine lange Wolke über die Gipfel gelegt hat, das hatte ich noch zu Markus gesagt. Heute erkenne ich aber, dass es eigentlich der Gletscher ist, der da so weiß leuchtet.
Und hier mal ein Schneehuhn, das nicht mit viel Lärm weg flattert, wenn man vorbeigeht. Da habe ich mich schon einige Male echt erschreckt. Aber die Tiere wahrscheinlich genauso.
Beim Anblick des ganzen Schnees werde ich aber auch ein bisschen nervös, da ich noch ein Stückchen weiter Richtung Westen gehen wollte. Wird Zeit, dass ich mal wieder Empfang habe, dass ich die Schneelage auf meiner geplanten Route nachgucken kann. Bisher war der Empfang zwischendurch so schlecht, dass keine Internetseite geladen werden konnte. Heute könnte ich da mehr Glück haben, da ich Richtung Straße unterwegs bin. Fagerheim liegt nur ein Stück dahinter.
Aber erstmal geht es noch über einen breiten Bach, zum Glück auch ohne Probleme, und über immer mehr Schneefelder. Ich merke jetzt schon, dass es mehr Schnee wird, je weiter ich gehe. Aber bis zur Straße werde ich wohl kommen.
Hier geht es über den Bach, über den großen Stein aufs Schneefeld und dahinter, ganz oben, ist die nächste Wegmarkierung zu sehen.
Auf einem kleinen Hügel teste ich nochmal, ob ich vielleicht Empfang habe. Oh, perfekt, 4G und 3 Balken. Und es ist auch gerade passend ein super Zeltplatz neben dem Weg. Mit Blick auf den Gletscher. Hier gefällt es mir und ich kann mir in Ruhe den weiteren Weg anschauen und weiter planen. Obwohl ich erst 16 Kilometer gelaufen bin und es gerade mal 16 Uhr ist, baue ich hier mein Zelt auf. Es ist zwar windig und nicht geschützt, aber der Wind soll nicht stärker werden laut Wetterbericht. Ich spanne das Zelt gründlich ab, kontrolliere nochmal alle Heringe und lege über 2, die nicht so gut halten in dem Moos, große Steine.
Ich ziehe mich um, esse und dann nehme ich mir die Karte vor. Von Fagerheim bis Haugastøl könnte ich statt durchs Fjell auch Straße gehen. Das wäre sowieso der direkte Weg. Das kann ich ja morgen je nach Verkehr und Blick in die Berge entscheiden.
Von Haugastøl habe ich geplant durch das Hallingskarvet und über die Lordehytta zum Faugelifjorden zu laufen und dann auf kleinen Straßen, wahrscheinlich Schotter, östlich um den See herum nach Storestølen. Allerdings sehe ich jetzt erst, dass ich bei dem Gebirgszug auf über 1.600 Meter Höhe muss. Das wird noch eine Menge Schnee bedeuten. Bisher war ich immer nur bis auf 1.300 Meter Höhe, das war okay mit dem Schnee, aber das sind ja nochmal 300 Meter höher. Laut SeNorge liegen dort oben noch bis zu 2 Meter hoch Schnee und zwar nasser Schnee. Wobei da direkt in der Nähe auch keine Messstation ist, das werden also berechnete Daten sein. Schwierig, schwierig… Ich suche nach allen möglichen Infos zum Weg und zur Hütte, aber das hilft mir nicht so viel weiter. Aus November finde ich ein Video von dem Weg, wo welche mit Schneeschuhen hochgegangen sind und eins aus dem Sommer ohne Schnee. Das Problem ist auch, dass ich ab Haugastøl erstmal 10 Kilometer seicht bergauf laufe, was wahrscheinlich noch in Ordnung ist und erst dann geht es noch 300 Meter steil nach oben. An der Stelle habe ich aber keine Alternative mehr. Wenn ich mir das dann nicht zutraue, muss ich wieder die 3 bis 4 Stunden zurück nach Haugastøl laufen, um dann doch Richtung Geilo zu gehen. Das würde mich einiges an Zeit kosten.
Ansonsten könnte ich vorher schon 3 mal abbiegen Richtung Geilo und entweder einen unmarkierten oder markierten Weg zurück zur Tuva Hütte nehmen oder ab Haugastøl die Straße oder Wanderwege etwas oberhalb. Dann muss ich den kompletten Gebirgszug umgehen, weil es sonst keinen Weg rüber gibt. Das ist auch eine Menge Umweg und passt mir alles nicht so richtig. Ich habe gestern und heute schon zwischendurch versucht, die Schneekarte zu laden und hätte ich es eher geschafft, wäre ich wahrscheinlich so wie Markus direkt zur Tuva Hütte und über Geilo gegangen. Aber so ist es jetzt – ich ärgere mich gerade nur, dass ich mich so schwer tue mit einer Entscheidung. Erstmal schlafen und dann schaue ich morgen früh nochmal…
Bib
So wunderschöne Fotos
Da packt einen wirklich die Sehnsucht, selbst auf Wanderschaft zu gehen… und das soll was heißen!
Sophie
Oh, Lieblings-Bib! Das aus deinem Mund 🙂 Ich schicke ganz viele Küsschen nach Dortmund :*