Norwegen hat auf dem Festland inklusive vorgelagerter Inseln 40 Nationalparks. Dazu kommen nochmal 7 auf Spitzbergen. Durch drei davon bin ich bisher durchgegangen. Hardangervidda, Hallingskarvet und Jotunheimen. Heute geht es in den vierten und ältesten – nach Rondane. Der Nationalpark wurde 1962 als erster Norwegens gegründet.

Um kurz vor 8 Uhr bin ich startklar. Nach dem Tipp von Katharina, dass bei einer Dusche der Münzautomat kaputt ist und das Wasser immer weiter läuft, sogar schon wieder frisch geduscht.

Bis nach Otta rein gehe ich noch mit Markus zusammen. Erstmal in den Supermarkt und 2 Birnen kaufen. Frisches Obst ist echt immer eine schöne Abwechslung. Schön knackig und saftig. Eine gibt es direkt zum Frühstück, die andere nehme ich für morgen mit. Dann gehe ich alleine weiter, Markus macht ja heute seinen Pausentag.

Bis zum Ulafossen geht es auf einem Spazier- und Radweg parallel zur Straße. Das sind die ersten 6 Kilometer. Immer wieder sehe ich Markierungen vom Sankt Olavsweg. Einem Pilgerweg von Oslo bis Trondheim. Beziehungsweise gibt es, ähnlich wie beim Jakobsweg, ganz viele verschiedene Routen. Alle mit dem Ziel des Nidarosdoms in Trondheim, wo der Wikingerkönig Olav Haraldsson II. Im Jahr 1031 heilig gesprochen wurde.

Der Ulafossen ist der erste Wasserfall heute. Ganz unerwartet folgen noch mehr und richtig schöne.

Eigentlich müsste ich der Straße in Serpentinen den Berg hinauf folgen. Direkt neben dem Wasserfall steht aber ein Wander-Wegweiser für den Elvestigen. Der ist in keiner Karte eingezeichnet. Aber der scheint am Fluss entlang hochzugehen, also teste ich mal, ob ich oben dann wieder auf die Straße komme. Und das war genau die richtige Entscheidung. Der Weg ist super. Schmal und erst ziemlich steil geht es durch den Wald hinauf. Und immer wieder wird man nah an den Fluss geführt, wo ein Wasserfall besser als der andere ist. Das hier ist mein Lieblings-Wasserfall heute.

Und das ist dann der letzte, direkt an der Staumauer.

Oberhalb der See liegt ganz ruhig da und man ahnt nicht, was hinter der Staumauer passiert.

Ich komme tatsächlich wieder auf der Straße raus, perfekt. Schnell noch die anderen informieren, damit sie auch den schöneren Wasserfall-Weg nehmen können. Katharina, Manuel und Lando gehen jetzt los, sind also nur 2 Stunden hinter mir.

Den Rest des Tages geht es stetig die Schotterstraße hinauf. Das zieht sich. Und dabei ist es richtig heiß. Nach ein paar Kilometern baue ich aber nochmal einen kleinen Schlenker ein. Steil hinauf durch den Wald geht es zur Kvitskriuprestin Naturminne, den Erdpyramiden. Ich steige zig Stufen hinauf bis ich einen guten Blick auf die weißen Steinsäulen habe. Sie sind durch Erosion entstanden nachdem die Gletscher verschwunden sind und verändern sich immer noch weiter.

Da es hier im Wald ganz schön ist, mache ich auf dem Weg nach unten gleich noch Mittagspause und esse die restliche Pizza von gestern Abend. Nachdem Markus und ich uns noch Knoblauchbrot zur Vorspeise geteilt haben, was sich als Pizza mit Knoblauch und Käse herausstellte, habe ich meine große Pizza dann doch nicht mehr ganz geschafft. Ein Mann und eine Frau kommen keuchend die Stufen hoch. Ich nehme an, es sind Holländer. Hört sich jedenfalls so an und die Frau meint, sie kämen aus dem platten Land, sie seien das nicht gewohnt.

Weiter geht es dann die Schotterstraße hoch. Ganz schön anstrengend bei der Sonne heute.

In Mysusæter erreiche ich dann nach ungefähr 15 Kilometern den Eingang zum Nationalpark. Willkommen in Rondane!

Ich hoffe auf ein Eis im Nationalparkzentrum, aber hier ist leider alles zu. Also geht es nach kurzem Foto-Stopp weiter. Weiter auf der Schotterstraße. Das hatte ich mir ein bisschen anders vorgestellt im Nationalpark. Aber die Straße bringt mich jetzt bis zur Hütte. Blöderweise mit immer mehr Mücken und nervigen Fliegen. Eine ganze Schar umgibt mich und es ist echt ätzend, wenn sie mir ständig ins Gesicht fliegen. Irgendwann ziehe ich trotz Hitze meine Windjacke über und setze die Kapuze auf für ein bisschen mehr Schutz. Das ist vielleicht sowieso ganz gut, dass ich nicht verbrenne.

Beim Blick zurück kann ich noch bis nach Jotunheimen gucken.

Und als ich hoch genug bin, sehe ich dann auch endlich die Rondaner Berge. Es gibt hier 10 Gipfel mit über 2.000 Meter Höhe. Und alle sind von Rondvassbu in Tagestouren zu erreichen, wenn ich das richtig gelesen habe. Das ist ja mal eine praktische Lage der Hütte. 10 Tage Urlaub dort und jeden Tag ein anderer Gipfel klingt doch gut.

Ich komme an einem Parkplatz vorbei, weiter dürfen die Autos wohl nicht fahren. Es ist brechend voll. Wanderer, Radfahrer und ein paar Jogger sind hier unterwegs. Hinter dem Parkplatz wird man nochmal im Nationalpark willkommen geheißen. Damit haben sie hier echt nicht gespart.

Da ich kein Wasser mehr habe, mache ich einen kleinen Abstecher zum Bach Storula und lege dort auch gleich noch eine kurze Pause ein. Nur mal kurz die Augen schließen.

Dann wieder zurück auf den Schotterweg. Und mir mal eine Übersicht über die Berge vor mir verschaffen. Wer gerne wandern geht und sich fragt, wie die Berge drumherum heißen, ladet euch die App PeakFinder herunter. Die ist echt klasse, funktioniert auch offline und zeigt als Überlagerung des Kamerabildes die Namen der Gipfel an.

Vorne rechts ist der Storronden, dahinter die beiden sind, rechts im Schatten, der Vinjeronden und links der Svartnuten. Dahinter, in der Mitte der beiden, sieht man den Rondslottet, den höchsten Gipfel in Rondane. Bis auf den Svartnuten liegen alle über 2.000 Meter. Und es reizt mich echt morgen statt dem normalen Weg nach Bjørnhollia einen Gipfel einzuschieben. Einmal über 2.000 Meter Höhe in Norwegen zu sein. Das wäre dann nämlich auch der höchste Punkt meiner ganzen Wanderung und hier meine letzte Chance dazu. Weiter nördlich gibt es, glaube ich, keine 2.000er mehr. In meinem Kopf sehe ich mich morgen schon auf dem Rondslottet stehen. Wenn dann will ich natürlich auf den höchsten. Aber ich werde später in der Hütte erstmal nach den aktuellen Schneebedingungen fragen. Bei zu viel Schnee habe ich keine Lust. Von hier unten kann man das schlecht erkennen, man sieht halt überall noch weiße Flecken.

Bald kommt dann auch die Hütte in Sicht. Direkt am See und am Fuße der hohen Berge. Eine schöne Lage.

Rondvassbu ist eine bewirtschaftete DNT-Hütte. Und die haben immer auch einen extra Bereich, wo man sein Zelt aufstellen kann. Dann zahlt man nicht mehr als auf einem Campingplatz, meistens sogar noch viel weniger, hier z.B. als Mitglied nur 9 €. Trotzdem kann man die Stube benutzen und sich für Frühstück und Abendessen anmelden. Oder auch selber kochen, das ist in den Zimmern verboten. Und im Gegensatz zu Campingplätzen sind die Duschen kostenlos und man braucht nicht erst irgendwo Geld in passende Münzen tauschen.

Das 3-Gänge-Menü heute Abend hört sich zwar super an, aber ich esse lieber noch von mir ein Gericht. Dann ist der Rucksack für die eventuell vielen Höhenmeter morgen noch leichter. Wobei er sowieso inzwischen richtig leicht und ziemlich leer ist. Ich habe ja jetzt nur noch Essen für 3 Tage übrig, bis Tynset, wo ein neues Versorgungspaket auf mich wartet.

Ich quatsche lange mit dem jungen Norweger an der Rezeption. Er möchte irgendwann auch mal so eine lange Wanderung machen und ist ganz interessiert. Und er empfiehlt mir auf jeden Fall den Rondslottet. Das Wetter soll super werden und es waren schon einige Leute oben in den letzten Tagen. Wo der Schnee schmilzt, ist es zwar rutschig, da soll ich aufpassen, aber der Weg wäre okay. 3 bis 4 Stunden würde man hoch brauchen. Dann ist es entschieden – ich will morgen hoch hinaus! Ich freue mich jetzt schon.

Ich verkrieche mich mit einem alkoholfreien Radler als Abkühlung in mein Zelt. Danke an Henning für die Einladung. Es gibt auch ein paar neue Fotos in der „Teeklatsch“-Galerie. Draußen sind mir zu viele Mücken unterwegs. Ich schreibe und ruhe ein bisschen aus. Bis es irgendwann „klopft“. Katharina und Manuel sind auch angekommen. Und sie erzählen, dass es um 21 Uhr ein Feuer gibt. Ein Sankt-Hans-Feuer zur Mittsommer-Feier. Dann wird das zwar nichts mit früh schlafen, aber so ein Abend am Feuer ist schon schön. Die beiden wollen noch eben duschen gehen und ich suche schon mal das Feuer. Es wird gerade angezündet und es sitzen schon einige Norweger auf Bänken drumherum. Eine Frau hat mein Gespräch mit dem Kerl an der Rezeption mitbekommen und ich werde von allen direkt ausgefragt über meine Tour. Da lerne ich auch, dass mein Ziel, Kinnarodden, nicht mit „K“ am Anfang gesprochen wird, sondern mit „Sch“. Das habe ich jetzt schon bei verschiedenen Wörtern mit „k“ gehört, aber noch keine Regel feststellen können.

Katharina und Manuel kommen auch dazu und wir haben eine richtig schönen Abend. Ich mag es, das Feuer zu beobachten und wir unterhalten uns gut. Gegen 22 Uhr sind wir aber alle 3 reif fürs Bett.

Auf dem Weg zu meinem Zelt muss ich allerdings noch ein paar Fotos machen. Die Spiegelung sieht einfach so gut aus.


25,8 km
5:50 h
1.152 hm
213 hm
1.203 m