So ein schöner Zeltplatz, den man gar nicht genießen kann. Morgens sind die Mücken und Knots wieder da. So viel wie möglich packe ich schon im Zelt zusammen, dann nur noch schnell das Zelt oben in den Rucksack und losgehen.
Unser Weg führt uns erstmal nach Ås zum Supermarkt. Markus muss eh einkaufen und ich möchte auch was Frisches, wenn es schon mal die Möglichkeit gibt. Wir folgen einer Schotterstraße und dann dem Radweg an der Hauptstraße. Vorbei an dieser lustigen Tanne, die irgendwie ein Doppelleben führt.
In Kirkvollen kommen wir an einer schönen Pilgerunterkunft vorbei. Der Olavsweg und auch ein Kulturpfad mit Infotafeln begleiten uns.
Am Supermarkt angekommen, machen wir lange Pause. Direkt nebenan gibt es ein paar Picknickbänke, Wasserpumpe, Mülleimer und in der Tankstelle eine Toilette. Ein guter Pausenplatz. Heute gibt es bei mir Brötchen mit Avocado und Tomate. Das ist echt gut. Ich hätte nur lieber eine richtige Scheibe Brot und nicht so ein weiches, weißes Brötchen. Aber so richtig gutes Brot gibt es wohl nur bei uns in Deutschland. Hier hat alles Toastbrot-Konsistenz. Und selbst wenn Vollkorn draufsteht, heißt das maximal 40 % Vollkornmehl. Mehr habe ich noch nicht entdeckt.
Noch einen warmen Kakao mit Keks und dann geht es gestärkt weiter. Richtung Østby und die nächsten Stunden diese Schotterstraße entlang. Das zieht sich!
Wir gehen am Ufer des Gammelvollsjøen entlang und werden vom lauten Zwitschern des Vogels ganz oben auf dem Baum begleitet.
Ein Mann auf dem Fahrrad kommt uns auf einer Parallelstraße über uns entgegen und wir winken uns zu. Kurz darauf steht er neben uns und fragt, ob wir Norge på langs laufen. Bingo! Er hätte letztes Jahr auch ein Mädel getroffen, das hier hergelaufen sei. Er hätte unten im Ort ein Sommerhaus und verbringe nur den Winter in der Stadt. Norwegen zu Fuß zu durchqueren war auch immer sein Traum, aber jetzt sei er zu alt mit 75 Jahren. Das werde ich hoffentlich niemals sagen über Dinge, die ich unbedingt machen wollte!
Weiter geht es auf der Schotterstraße. Und weiter. Und noch weiter. Der Himmel ist grau, es ist windig, zwischendurch nass, rechts und links stehen Tannen. Wir hören eine Folge meines Lieblings-Podcasts The Minimalists, damit die Zeit schneller umgeht.
An einer Kreuzung ist unser Ziel, die Ramsjøhytta, mit noch 8 Kilometern ausgeschildert. Das kann irgendwie nicht sein, das ist viel zu nah. Aber vielleicht gibt es ja eine Abkürzung, die nicht auf der Karte eingezeichnet ist. Ich hatte einen Weg herausgesucht, der auch nicht überall eingezeichnet ist, das wären 9 Kilometer. Und wenn wir dem Wegweiser folgen, sind es eigentlich noch 12 Kilometer. Also hoffen wir mal auf die Abkürzung. Die gibt es am Ende aber nicht und es sind wirklich noch 12 Kilometer. Blöde Schilder! Das kostet uns eine Stunde mehr, immer noch auf der Schotterstraße.
Irgendwann kommen wir dann zu einem kleinen Parkplatz. Jetzt geht es auf einen Pfad ins Grüne. Noch 4 Kilometer. Hier steht auch ein Auto und wir überlegen schon, ob dann wohl noch jemand in der Hütte ist.
Diese Brücke sieht nicht mehr ganz so vertrauenerweckend aus. Aber sie hält.
Jetzt geht es durch Sumpf und Matsch. Den Luxus auf Holzplanken zu laufen, gibt es nur auf kleinen Abschnitten. Ansonsten rutschen und „schmatzen“ wir langsam Richtung Hütte. Ich muss an die Tough Mudder Läufe denken. Hindernisläufe, wo Leute viel Geld dafür bezahlen, durch den Matsch zu laufen. Hier gibt es kein Startgeld, ist alles kostenlos.
Ich bin so konzentriert darauf, nicht auszurutschen und mich nicht hinzulegen, dass ich die Rentiere vor mir erst bemerke, als sie schon weglaufen.
Dieses Schneefeld umgehen wir lieber, das sieht schon ziemlich unterspült aus.
Und dann ist endlich die Hütte in Sicht.
Noch über diese schöne Brücke und dann ist es endlich geschafft für heute.
Ich habe von weitem schon gesehen, dass die Türen zu zwei der Hütten offen stehen. Dann ist auch jemand da. Ich rechne aber nicht damit, eine komplett volle Stube vorzufinden. Das ist das erste Mal bisher, dass es so voll ist auf einer Hütte. Aber sie liegt auch auf der offiziellen Norge på tvers Route, also Norwegen der Breite nach. Eine gemischte Gruppe Norweger, Österreicher, Deutsche und Amerikaner sind mit Pferden unterwegs. Und ich hatte mich schon über die ganzen Stiefel und Sattel im Vorraum gewundert. Die Pferde sind nämlich nicht in Sicht. Dann noch 2 Norwegerinnen und später kommen noch 2, die im Zelt schlafen. Und es ist immer eine Hüttenaufsicht vom DNT anwesend. Das ist auf den SB-Hütten eher ungewöhnlich, aber diese Hütte liegt ja nur 4 Kilometer vom Parkplatz entfernt und ist zudem noch komplett renoviert. Alles ist neu, in hellem Holz und mit riesigen Glasfronten. Mit moderner Küche und großen Schlafräumen mit viel Platz. Super schön! Am 25. Juni hat die neue Hütte erst eröffnet.
Wir bekommen eine Führung von der Frau vom DNT und haben einen ganzen Schlafraum im Obergeschoss für uns alleine. Dann wird gegessen und nochmal in die Karte geschaut für den nächsten Tag. Allerdings ist die Stimmung bei Markus und mir irgendwie etwas gedrückt. Vielleicht passiert das einfach mal, wenn man so lange zusammen unterwegs ist. Wir verziehen uns nach oben in den Schlafraum, da es in der Stube so laut und trubelig ist und verschwinden beide eine Weile in unsere eigene Welt. Ich höre Musik, schreibe, futtere Chips und nutze den Platz, um auf dem Boden herumzuliegen, durch den Raum zu tanzen und ein bisschen Yoga zu machen. Danach geht es mir schon wieder besser.