Als ich heute morgen kurz aufstehe, um zur Toilette zu gehen, sieht der Himmel so schön aus. Wolkenfrei und mit einem ganz breiten Streifen in orange am Horizont. Ein schöner Farbverlauf von orange zu gelb, weiß, hellblau und dann dunkelblau, wie gemalt.
Bevor ich meine Sachen zusammenpacke, schreibe ich noch. Markus wartet aber schon, also stehe ich auch auf. Um 9 Uhr geht es los. Endlich mal wieder in kurzen Sachen. Es ist sonnig, zur Abwechslung wieder für einen Tag Sommer.
Es geht etwas oberhalb der Skjækra das Skjækerdalen entlang. Durch den Wald, das passt mir ja gerade gar nicht. Ich möchte gerne was von der Sonne abbekommen und einen Blick auf die Berge haben. Ich schaue nochmal nach, wie lange es dauert, bis es wieder über die Baumgrenze geht. Um mich zu motivieren. Nur 6 Kilometer, das schaffe ich. Der Wald wird aber bald auch lichter und ich kann mein Gesicht in die Sonne halten.
Zwischendurch haben wir dann auch einen Blick runter ins Tal.
Kurz vor dem Skjækerdammen finden wir eine Picknickbank und legen eine Pause mit kleiner Stärkung ein. Der Wald ist hier auch geschafft. Heute wird ein kurzer Tag, wir haben mit 7 Kilometern schon die Hälfte hinter uns. Ich will ja schon seit der Ramsjøhytta einen Tag Pause machen, jetzt haben wir stattdessen geplant, heute einen halben und in Gjefsjøen dann noch einen halben Tag Pause zu machen.
Daniel holt uns ein, wir quatschen ein bisschen und sehen uns dann später wahrscheinlich in der Setertjønnhytta wieder, da er dort Mittagspause machen will. Es geht über den Fluss und über die schmale Brücke. Schön, dass zumindest an einer Seite ein Geländer ist. Die Brückenpfeiler sehen so aus, als hätte es hier auch mal eine richtig breite Brücke gegeben.
Noch 6 Kilometer zu Norges Midtpunkt, unserem nächsten Ziel.
Wir kommen an der Skjækerosstua vorbei, wo ein paar Norweger ums Feuer sitzen. Ein Topf hängt über den Flammen. Und Daniel sitzt bei ihnen. Zuerst begrüßt uns ihr Hund, dann kommen ein Mann und eine Frau hinterher. Sie befragen uns zur Wanderung und laden uns auch ein, uns dazuzusetzen. Wir lehnen dankend ab, da wir früh an der Hütte sein wollen, um noch was vom halben Tag Pause zu haben. Im Nachhinein denken wir aber, das wir uns die Zeit vielleicht doch hätten nehmen sollen. Solche Begegnungen und Einladungen machen die Tour doch auch aus. Außerdem erzählt Daniel später, dass er ein kaltes Bier und was zu essen bekommen hätte. Nächstes Mal dann 🙂
Jetzt geht es bergauf und da habe ich dann auch meinen Ausblick. Der linke Berg mit den Schneeresten ist der Skjækerhatten. Dem Gipfel wollen wir morgen auf dem Weg nach Gaundalen einen Besuch abstatten. Nur die ganzen Fliegeviecher hier oben sind richtig nervig. Ich schlage ständig um mich, um sie von meinem Gesicht fernzuhalten. Heute sind vor allem Bremsen und Fliegen unterwegs.
Der Himmel in die andere Richtung sieht auch echt gut aus. Ein weißes Wolkenmeer, das erkennt man auf dem Foto gar nicht so gut. Das denke ich so häufig, wenn ich mir abends die Fotos anschaue. Ohne Linse davor ist alles noch viel schöner!
Wir kommen an der Lågvassbua vorbei, einer reinen Schutzhütte ohne Vorräte. Da wollen wir mal reinschauen. Die Hütte ist unverschlossen, eine öffentliche Hütte der Kommune. Eine Übernachtung kostet 10 € und es gibt ein Plumpsklo, Holzlager und eine kleine Küchenzeile mit Kochgeschirr. Echt schön, die Hütte gefällt mir. Hier könnte ich direkt einziehen. Nur die Möbel würde ich fast alle rausschmeißen für mich. Wer braucht schon Möbel, auf dem Boden ist es am schönsten 🙂
Das ist der Blick, wenn man hinauskommt. Herrlich, oder? Mit riesiger Badewanne vor der Tür. Zum See ist es nicht weit.
Wir können nicht widerstehen, uns noch ein bisschen vor der Hütte in die Sonne zu legen.
Dann wollen wir aber doch noch weiter zur Setertjønnhytta. Tschüss, hyggelige Hytta.
Kurz darauf holt Daniel uns wieder ein und wir gehen den restlichen Weg zusammen. Wir quatschen die ganze Zeit. Über diese Wanderung, die Wanderwege in Schweden und einen Traum, den wir alle drei teilen – eine Durchquerung Neuseelands auf dem Te Araroa. Ich bin so mit Daniel ins Gespräch vertieft, dass ich vom Weg nicht so viel mitbekomme. Ich muss lachen, als wir dann ganz plötzlich am geografischen Mittelpunkt stehen.
Ich habe allerdings noch weitere 180 Kilometer vor mir, bevor ich meine Halbzeit feiern kann.
Der restliche, kurze Weg zur Hütte ist richtiger Luxus. Holzplanken mit rutschfester Auflage. So gut präparierte Wege findet man in Norwegen eher selten. Daniel meint, dass die Wanderwege in Schweden schon besser gepflegt würden.
An der Kreuzung mit Planken in alle 4 Richtungen biegen wir rechts ab und schon stehen wir vor der Setertjønnhytta. Es ist fast 15 Uhr, den restlichen Tag ist Entspannung angesagt.
Ich hatte mich schon den ganzen Tag darauf gefreut, mich hier an der Hütte im Fluss oder See zu erfrischen und mich mal wieder ein bisschen zu waschen. Meine Beine sind bis zu den Knien braun vom Schlamm. Nach einer Stärkung geht es also zum See. Der ist zwar überhaupt nicht tief, das Wasser geht mir nur bis zu den Waden, aber besser als nichts. Nur mit dem Schwimmen wird das leider nichts hier. Schnell umschauen, ob an den beiden Hütten in der Nähe auch niemand ist, nackig machen und rein ins Wasser. Sogar meinen Kopf tauche ich hinein und wasche meine Haare. Das sähe bestimmt lustig aus, wenn mich jetzt jemand sehen könnte. Dann zurück zur Hütte, in meine Schlafsachen kuscheln und mit Kakao vor dem Ofen schreiben. Schön!
Daniel beschließt, auch hierzubleiben und später kommt noch eine Norwegerin mit ihrem Huskey dazu. Sie geht den E1 in Etappen, jedes Jahr 3 bis 4 Wochen, und ist im Norden gestartet. Eine nette Runde. Erst sitzen wir eine ganze Weile draußen vor der Hütte, dann drinnen, die Köpfe über die Wanderkarten gebeugt. Inger Lise, die Norwegerin, und der Daniel, der Schwede, können sich sogar verstehen, wenn sie sich jeder in seiner Sprache unterhalten. Was mich ganz fröhlich stimmt für die nächste Etappe, ist, dass Inger Lise total vom Børgefjell schwärmt. Sie finde es viel schöner als hier und wenn man nicht durch die Täler laufe, sondern oberhalb der Baumgrenze an den Berghängen entlang, wäre es auch nicht sumpfig und gut zu gehen. Das wird nämlich nach dem Skjækerfjella und Blåfjell die nächste Weglose-Wildnis-Herausforderung.