Ich liege lange im Bett und schreibe. Ein ganz entspannter Morgen. Langsam alles zusammenpacken, noch ein bisschen mit Heike und Christoph quatschen und mit dem Norweger von nebenan und dann machen Markus und ich uns auf den Weg. Inzwischen ist es fast halb 12. Aber wir haben ja auch nur 10 Kilometer vor uns. Natürlich im Regen, wie auch sonst.

Als erstes steht ein kurzer, steiler Anstieg an. Über einen Pfad durch den Wald kommen wir zum kleinen Bahnhof. Und müssen ein bisschen suchen, bis wir den nächsten Pfad finden. Markierungen gibt es vielleicht extra keine. Man muss nämlich über die Bahngleise drüber und ein bisschen neben dem Pfad steht ein großes Schild, dass man die Gleise nicht betreten darf. Ein Stück weiter stehen dann wieder Wegweiser und eine Infotafel. Heute geht es nämlich in den Saltfjellet-Svartisen Nasjonalpark.

Auf dem steilen Weg nach oben werden der Bahnhof und die Straße unten im Tal schnell kleiner. Und da hinten ist kurz ein kleines bisschen blauer Himmel zu sehen.

Kurze Zeit später ist aber wieder alles grau. Wir sind über der Baumlinie angekommen und haben das steile Stück schon geschafft.

Es geht über nasse Wiese und Felsen das Bolnadalen entlang. Die Wolken hängen tief und gönnen uns nicht viel Sicht.

Etwas später taucht vor uns ein Regenbogen auf. Und bleibt ziemlich lange. Wieder ein Wegweiser für uns, in die Richtung müssen wir. Wir laufen die ganze Zeit genau darauf zu und zwischendurch scheint er richtig nah. Über Wiese, Geröll und ein paar Bäche. Diese können wir aber alle über ein paar Steine überqueren. Oder mit einem einfachen Sprung.

Zwischendurch sieht die Landschaft ziemlich bunt aus mit dem braun-roten Moos, der dunkelgrünen Wiese und den rötlichen Felsen im Hintergrund.

Wir klettern über noch mehr Felsen. Ich finde den Weg richtig schön. Wäre es nur nicht so grau und regnerisch und kalt.

Kurz vor dem Ziel müssen wir noch über 2 breitere Bäche. Hinter dem zweiten sehen wir von weitem schon 2 Gestalten. Das sind bestimmt Heike und Christoph, die ihre Schuhe wieder anziehen oder so. Unterhalb des Wasserfalls finden wir genug Steine. Beim nächsten Bach zieht Markus dann auch seine Schuhe aus. Ich laufe durch das Wasser und gehe schonmal weiter.

Die Hütte kommt in Sicht. Und daneben auch der Holzbogen, der den Polarkreis markieren soll.

Tut er nicht mehr, wie wir ja gestern gelernt haben. Aber sonst gibt es keine sichtbare Markierung, also mache ich natürlich auch hier ein paar Fotos. Sehen wir das mal nicht so eng, dass wir eigentlich erst morgen den Polarkreis überschreiten. So weit nördlich war ich noch nie!

Ich stehe noch ein bisschen an dem Bogen und bin ganz in Gedanken versunken. Wahnsinn, was ich jetzt bis hierhin schon alles geschafft habe, gelaufen bin und erlebt habe. Jetzt sind es nur noch 1.000 Kilometer bis zum Ziel.

Jetzt aber doch schnell zur Hütte und ein bisschen aufwärmen. Als ich die Tür zur Raudfjelldalskoia öffne, ist es schon ziemlich voll. Heike, Christoph und Markus sitzen auf den Bänken. Und Rhea auf einem Baumstumpf. Unter dem Tisch liegt ihr Hund Mika.

Ich gehe doch nochmal kurz zum letzten Bach zurück und mache meine 2 Liter Wasserblase voll, damit ich gleich direkt kochen kann und nicht mehr raus muss. Dann suche ich mir einen Platz zwischen den anderen. Ich ziehe mich komplett um, brauche aber ziemlich lange, bis mir warm wird. Rhea ist auch aus Deutschland. Sie war drüben in Schweden zum Angeln und ist letzte Nacht hier angekommen. Sie ist im Bach ausgerutscht und ins Wasser gefallen. Deswegen liegt ihr ganzes Zeug hier verstreut zum Trocknen. Und sie hat eine Menge bei einem 40 Kilo Rucksack. Sie läuft aber auch nur ein paar Kilometer jeden Tag und stellt dann wieder ihr Zelt auf. Sie will einfach nur draußen sein. Mehr könne sie mit Mika wohl auch nicht mehr machen, der schon 15 Jahre alt ist.

Heike und Christoph wollten hier nur Pause machen und gehen noch weiter. Und Markus und ich schauen nochmal in den Wetterbericht. Hier hat man sogar ganz guten Empfang. Wir beschließen unsere Zelte neben der Hütte aufzustellen. Es soll trocken sein heute Nacht und inzwischen morgen nicht mehr nur morgens, sondern den ganzen Tag ganz schön werden. Und den Tag danach gleich auch noch. Das sind ja mal Aussichten. Also stellen wir die Zelte auf, als es gerade mal trocken ist. Ich habe richtig Lust, wieder draußen an der frischen Luft zu schlafen nach den letzten Nächten in Hütten.

Ein bisschen blauer Himmel kommt jetzt schon zum Vorschein. Aber immer nur kurz. Die Wolken bieten mal wieder ein schönes Schauspiel.

Für unsere geplante Polarkreis-Party setzen wir uns wieder in die warme Hütte. Jetzt gibt es endlich die Lachs-Pasta, die ich die ganze Zeit verwahrt habe. Markus spendiert noch Haferbrei zum Nachtisch und zum Nach-Nachtisch gibt es ein Stück Schokolade.

Rhea war Pilze sammeln und ich lerne ein bisschen was über die Pilze. Da kenne ich mich gar nicht aus. Sie sammelt Birkenröhrlinge. Alle Pilze mit Schwamm könne man wohl ohne große Gefahr essen. Da gibt es keine, die so giftig sind, dass man daran sterben könnte. Und dass der Stiel sich nach dem Anschneiden dunkel verfärbt sei auch ein gutes Zeichen, dass der Pilz essbar ist. Interessant. Da würde ich mich ja auch gerne besser auskennen. Aber wahrscheinlich wäre es mir meistens doch zu viel Risiko.

Wir quatschen noch eine ganze Weile, bevor ich mich ins Zelt verziehe. Meine Luftmatte habe ich nicht so fest aufgepumpt, in der Hoffnung, dass es nicht noch mehr knallt heute Nacht. Geschlafen wird also nochmal mit erhöhten Füßen. Meine neue Matte ist inzwischen bei der Post in Røkland angekommen, das hat super geklappt. Dann kann ich sie am Montag dort abholen.

Gute Nacht, im Prinzip vom Polarkreis! So stand es gestern im Polarzirkel-Zentrum auf einem Schild. Dass man dort im Prinzip den Polarkreis überquere. So kann man es auch einfach schwammig ausdrücken, ohne zu erwähnen, dass die Linie sich inzwischen verschoben hat. Die Info findet man dort nämlich nirgendwo.


9,9 km
2:45 h
309 hm
185 hm
799 m