Die ersten Kletterer im Lager fangen um kurz nach 5 Uhr an ihre Sachen zu packen. Ich bleibe aber noch 2 Stunden liegen, heute wird nämlich ein ganz entspannter Tag. Auf meinem Weg heute liegt eine Biwakschachtel und ich wollte schon immer mal in so einer übernachten. Bis dahin ist es nicht so weit. Außerdem habe ich von den anderen gehört, dass die nächsten beiden Hütten, die Häuslalm und Sonnschienhütte, schon voll sind. Es ist eben Samstag.

Ich gehe erst leicht ansteigend über die obere Dullwitz, dann über den steilen Graf-Meran-Steig. Über den Rotgangboden geht’s zum Schiestlhaus. Der Weg ist richtig schön. Es geht über zig Schneefelder, auf denen man aber gut gehen kann. Hier liegt in manchen Senken das ganze Jahr über Schnee. Er ist stellenweise bestimmt noch 2 Meter tief, an manchen Rändern kann man das gut erkennen. Und auch die Schilder hängen garantiert eigentlich etwas höher.

Die Steinböcke lassen sich gar nicht stören bei ihrem Sonnenbad. Das sind so schöne Tiere.

Heute sehe ich auch die ersten Murmeltiere. 2 Tiere spazieren ein Stück über mir ganz entspannt über ein Schneefeld.

Hier sieht man rechts das ziemlich moderne Schiestlhaus und links den Gipfel des Hochschwab. Bisher ist dieser mit 2277 Metern der höchste Gipfel auf dem Nordalpenweg. Wenn man den Nord-Süd-Weitwanderweg geht, dann bleibt es auch der höchste Gipfel.

Bis nachmittags sitze ich auf der Terrasse am Schiestlhaus und beobachte den Himmel und die Wolken. Und das Treiben um mich herum. Die Bergrettung hat heute Anklettern als Saisonauftakt, dementsprechend ist hier einiges los.

Anja und Jürgen machen hier auch kurz Pause und setzen sich zu mir. Und dann lerne ich noch Petr kennen, einen Tschechen, der schon die ganze Zeit am Nebentisch sitzt. Er macht sonst Hochtouren, ist aber dieses Wochenende mal hier unterwegs. Wir sitzen bestimmt noch 2 Stunden zusammen und er gibt mir für meinen langen Weg einen aus.

Dann machen wir uns irgendwann zusammen auf den Weg zum Gipfel. Das ist nicht mal mehr eine halbe Stunde Aufstieg von hier.

Der Gipfel ist ziemlich gut besucht. Zwei Frauen wollen mir gerne etwas mitgeben auf meinen Weg, die eine hat noch ein Wiener Zuckerl in der Tasche, ein Marillen-Bonbon. Und 4 Jungs wollen mich mit auf ihrem Gipfelkreuz-Selfie haben, damit sie allen erzählen können, dass sie eine getroffen haben, die quer durch Österreich läuft. Ihr seht, ich bin heute nicht alleine und habe genug Unterhaltung.

Hier scheint auch ein ganz beliebter Platz zum Biwakieren sein. Direkt am Gipfel schläft ein Mann und als ich das Stück runter zum Fleischer-Biwak gehe, steht dort auch schon ein Zelt. Da kann mir ja gar nichts passieren, ich bin hier in bester Gesellschaft. Sie ist Meteorologin und er ist bei der Bergrettung.

Und so sieht sie aus die kleine Notunterkunft. Sie bietet laut Beschreibung Platz für 10 Personen. Das wird dann aber schön kuschelig. Allerdings ist sie ja vor allem ein Schutz bei plötzlichem Unwetter. Sie wurde aufgestellt, nachdem 1903 hier 4 Personen in einem Schneesturm umgekommen sind.

Jetzt wird gekocht, gegessen, der Sonnenuntergang bestaunt und dann geschlafen.


5,9 km
2:55 h
724 hm
174 hm
2258 m