Ich freue mich schon auf halbwegs frische Klamotten heute. Ich habe vorgestern am Waschbecken alles, was ich jeden Tag zum Wandern anhabe, einmal durchgewaschen. Zumindest solange, bis das Wasser nicht mehr braun war. Mich heute anzuziehen ist also richtiger Luxus 🙂

Als ich um 5 Uhr das erste Mal aufwache, ist der Himmel noch wolkenfrei und ich freue mich schon, dass der Wetterbericht vielleicht doch nicht stimmt. Als ich um halb 7 dann aufstehe, sieht man aber leider nichts mehr. Es regnet und ist ziemlich nebelig. Da es später aufklaren soll, lasse ich mir Zeit und gehe erst gegen 9 Uhr los. Ich mache mir aber schon ein bisschen Gedanken über den Weg heute. Im Wanderführer ist die Etappe als sehr anspruchsvoll und anstrengend beschrieben. Und je nachdem, wen man fragt, bekommt man immer eine andere Antwort. Die Hüttenwirtin rät mir gestern Abend noch, bei Nebel nicht weiterzugehen. Der Hüttenwirt ist heute Morgen ungemein hilfreich mit seiner Antwort zur Schwierigkeit des Weges – „Wer’s kann, der kann’s“. 2 Männer, die gestern denselben Weg gekommen sind, meinen, wenn man vorsichtig ist, ist es kein Problem. Also gut, ich habe ja den ganzen Tag Zeit, 6 Stunden Gehzeit sind ausgeschildert. Vorsichtig und konzentriert einen Fuß vor den anderen setzen, dann wird es schon gehen. Von der Strecke ist es nicht so weit und so viele Höhenmeter sind es auch nicht. Da niemand von hier denselben Weg zu gehen scheint, rufe ich zur Sicherheit nochmal eben bei der Adamekhütte an und sage Bescheid, dass ich alleine unterwegs bin und welchen Weg ich gehe. Dann weiß zumindest jemand in der Nähe, wo ich bin und wartet auf mich.

Da es nur leicht nieselt, gehe ich in kurzen Sachen und Windjacke los.

Schon nach 5 Minuten wird der Regen aber wieder mehr und kalt ist es auch. Also schnell Regenjacke und -hose übergezogen. Über große Felsplatten geht es durch den Nebel.

Obwohl es so nass ist, kann ich auf den Felsen super gehen. Die Oberfläche ist rau und griffig. Das ist schon mal gut.

Es geht erst leicht hinab und dann hoch zum Hohen Trog. Es gibt noch ein paar Schneefelder, die gequert werden müssen, was aber gut klappt. Hier klettert man zwischen Schneefeld und Fels hinauf.

Der Weg ist super gut markiert. Alle paar Meter gibt es Markierungen auf dem Boden oder an Steinmännchen. Selbst bei dem Nebel kann ich die nächste Markierung immer gut erkennen. Nur auf einem großen Schneefeld muss ich ein bisschen suchen, finde den Weg aber wieder, als ich ein Stück weitergehe.

Es geht immer wieder ein bisschen hoch und runter, kein sehr großer Höhenunterschied am Stück. Ich finde das sehr angenehm zu gehen und gar nicht so anstrengend.

Der Weg führt unterhalb des Hosskogels her. Immer weiter über Felsplatten mit tiefen Rillen, Felsblöcke und zwischendurch Geröllfelder. Da habe ich mir umsonst so viele Sorgen gemacht. Trotz des Wetters finde ich den Weg gut zu gehen. Gut nicht im Sinne von einfach, aber wenn man trittsicher ist und aufpasst, gar kein Problem.

Zwischendurch höre ich unter und neben mir Wasser rauschen. Es hört sich auch nicht nach so wenig an. Ein bisschen unheimlich, wenn man es nicht sieht. Scheinbar fließt es unter den Felsen her.

Ein Stück weiter fließt das Wasser durch die vielen Rillen den Fels herunter. Das sieht gut aus, die Rillen sind ganz rund ausgehöhlt vom Wasser.

Am Anfang werde ich ziemlich nass, danach regnet es immer mal wieder kurz. Ich bin so froh, dass ich wasserdichte Handschuhe dabeihabe, sonst wären meine Hände schon vollkommen erfroren. Vor allem auch vom Abstützen bei steilen Schneefeldern.

An der Hosswandscharte kann ich dann tatsächlich mal kurz ein bisschen weiter gucken.

Dann geht es aber wieder hoch und in die nächste Wolke. Es ist ziemlich windig, aber ich habe ja genug warme Sachen dabei. Solange es nicht rutschig ist und ich richtig angezogen bin, gehe ich auch ganz gerne mal im Regen. Es stört mich also nicht weiter heute. Nur von der Aussicht habe ich leider nichts.

Hier noch ein paar Eindrücke vom weiteren Weg über die Felsen. Teilweise mit Seilen gesichert und hohen Stufen, aber es gibt genügend Kanten und Rillen, wo man auftreten und sich festhalten kann. So schön! Inzwischen kann ich gar nicht mehr sagen, wo ich es am schönsten finde.

Das letzte Stück geht es dann auf einem einfachen Schotterweg in Kehren hinauf. Und plötzlich taucht die Adamekhütte im Nebel vor mir auf. Ziel erreicht – auf 2196 Meter Höhe.

Obwohl ich nach meinem Gefühl langsam gegangen bin, habe ich den Weg in 4,5 Stunden geschafft. Selbst hier auf der Hütte sind sie erstaunt, dass ich schon da bin.

Ich beziehe mein Bett im Dachstein-Lager und breite meinen Schlafsack aus. Dann ein bisschen waschen und frisch machen, trockene Sachen anziehen und in der warmen Stube gemütlich machen. Es ist noch früh und da Mama heute Geburtstag hat, esse ich zur Feier des Tages ein Stück super leckeren und saftigen Apfelkuchen.

Ich quatsche mit einem Pärchen aus der Schweiz, die morgen über den Gletscher zur Simonyhütte gehen wollen. Und gemeinsam bestaunen wir dann doch noch die geniale Aussicht von hier oben. Die Wolken verziehen sich zwischendurch immer mal wieder und geben den Blick auf das Tal und die umliegenden Berge frei.

Auf dem ersten Bild ist so gerade die Große Bischofsmütze durch die Wolken erkennbar. Auf dem zweiten sieht man direkt hinter dem Gletscher den Hohen Dachstein und rechts davon die Mitterspitze.

Ich beobachte noch eine Gruppe Kletterer, die an der Schreiberwand hängen. Um 18 Uhr gibt es dann für alle Essen.


8,1 km
4:40 h
617 hm
651 hm
2359 m