Heute ist es wieder vorbei mit Sonnenschein und dem herrlichen Sommerwetter. Draußen ist es kalt und nass. Und es sind für den ganzen Tag immer wieder Gewitter angesagt. Gut, dass ich nicht weiter aufsteige heute. Es geht erstmal nur hinab und auf der anderen Talseite dann wieder ein Stück hoch zur Hütte.

Ich stapfe in einer Regenpause los, kurz darauf fängt es aber schon wieder an. Also schnell noch die Regenhose übergezogen. Es geht leicht bergab, über den Gamsboden.

Links hinter der Bergkette donnert es immer wieder. Blitze sehe ich aber nicht. Unterhalb von Bratschenkopf und Feuerstein gehe ich den schmalen Pfad am Hang entlang. Ich klettere eine steile Rinne hinauf, die Felsen sind zum Glück trotz Regen nicht so rutschig. Dann geht es weiter hinab.

Und dann zuckt plötzlich doch ein Blitz durch den Nebel. Ich fange sofort an zu zählen, nicht mal 3 Sekunden bis der Donner folgt. Das Gewitter ist näher gekommen und nur noch ungefähr 1 Kilometer entfernt. Ich stehe in einer Senke, zwischen Grashügeln und ein paar höheren Felsen, also nicht so exponiert. Trotzdem gehe ich schnell noch ein paar Schritte weiter den Hang runter und hocke mich in eine Grasmulde, Füße zusammen und klein machen. Der Nebel wird dichter und es wird immer dunkler um mich herum. Aber es hat aufgehört zu regnen und windig ist es auch nicht, dann friere ich zumindest nicht so. So hocke ich bestimmt 10 Minuten da, es ist alles ruhig. Gerade als ich mich entschließe weiterzugehen, ein weiterer Blitz. Jetzt sind es 5 Sekunden bis zum Donner. Und zurück in die Grasmulde. Nochmal ein paar Minuten später höre ich dann nur noch Donnergrollen, das immer leiser wird. Dann ist das Gewitter hoffentlich jetzt wirklich weitergezogen. Weiter geht’s den Berg hinab. Ganz langsam verzieht sich auch der Nebel.

Ich muss die ganze Zeit aufpassen, wo ich hintrete. Auf dem Weg sitzen immer wieder Alpen-Salamander, die auf den dunklen Steinen nicht so gut zu sehen sind. Ein ganz schöner Slalomlauf.

Die sich schnell verändernden Wolken, sorgen den ganzen Abstieg lang für spannende Anblicke.

An einer Alpe vorbei und über die Kuhweide geht es jetzt in Kehren die Wiese hinab. Rechts von mir ein paar große Wasserfälle. Es hat aufgehört zu regnen und ist ein bisschen wärmer geworden.

Ich komme auf eine Schotterstraße und mache auf einer Bank Pause, um mich mit ein paar Nüssen und Rosinen zu stärken. Immer wieder kommen jetzt andere Wanderer an mir vorbei, die zur Göppinger Hütte hinauf wollen. Es ist ganz lustig, ich spiele nämlich Wegweiser. Die Schotterstraße geht in Serpentinen weiter den Berg hinauf, der Wanderweg zweigt aber nach links ab auf einen schmalen Wiesenpfad. Es passiert 4 mal hintereinander, dass die Leute beim Hochgehen nur auf den Boden schauen und weiter der Straße folgen. Ich rufe ihnen jedes Mal zu, dass sie hier abbiegen müssen. Mit einer Wanderin, die auch hier Pause macht, quatsche ich dann noch länger.

Dann geht es weiter durch den Talschluss des Lutztals. Wenn das Tal denn so heißt – jedenfalls muss ich über den Lutzbach drüber. Nachtrag: Es ist das Große Walsertal.

Hier nochmal der Blick zurück.

Es folgt ein Anstieg durch Tannen und Latschen. Es wird wieder nebeliger und ich sehe nicht mehr viel. Von der anderen Seite konnte ich zwischendurch schon den Weg erkennen. Wenn ich aus dem Wald komme, habe ich den Großteil der Höhenmeter geschafft.

Ich stapfe über sumpfige Kuhweiden und muss gut aufpassen, dass ich nicht ausrutsche auf dem lehmigen Boden. Oder in einem Schlammloch stecken bleibe. Da muss ich immer an meine Schwester denken. Ich glaube, das war bei unserer ersten Familien-Hüttentour. Meine Schwester läuft ein Stück vor auf einer Kuhweide, um die Ecke und plötzlich hören wir einen Schrei. Sie steckt mit einem Bein bis zum Oberschenkel in einem Schlammloch. Gut, dass noch ein Stück weiter ein Bach war, wo sie die dicke Schlammschicht wieder loswerden konnte.

An einer Alpe komme ich dann auf einen Schotterweg und folge diesem in leichtem Auf und Ab bis zur Hütte. Ich sehe sie erst, als ich schon fast davor stehe, so nebelig ist es. Ich schlafe die nächsten beiden Nächte in der Biberacher Hütte auf 1846 Meter Höhe.

Ich bin schon mittags da. Das ist auch gut so bei dem ungemütlichen Wetter. Es sind für nachmittags noch mehr Gewitter angesagt. Ich ziehe mir was trockenes an und mache es mir in der Stube gemütlich. Empfang habe ich nicht, aber ich nutze die Zeit, um mal auszurechnen, wie viele Kilometer und Höhenmeter ich schon zurückgelegt habe bisher. Die Daten habe ich ja alle in meiner Uhr. Und dafür brauche ich auch ein paar Stunden. Bei einem richtig leckeren Kaiserschmarrn schreibe ich mir die Daten von jedem Tag auf einen Zettel und rechne alles zusammen. Und da ich auf Zahlen und Statistiken stehe, auch gleich noch die täglichen Durchschnittswerte dazu. Das Ergebnis gibt es dann am Sonntag, wenn alles komplett ist.

Ich schaue mir aus der warmen Stube den Sturm draußen an, es hört gar nicht mehr auf zu schütten. Da habe ich noch Glück gehabt. Die Leute, die jetzt erst kommen, sind alle nass bis auf die Haut. Dann esse ich früh zu abend, da es nur bis 16:30 Uhr was warmes gibt. Danach dann nur noch das 3-Gänge-Menü der Halbpension. Das nehme ich heute nicht, um ein bisschen zu sparen. Ich muss im nächsten Ort erstmal wieder neues Bargeld abheben. Als alle anderen dann um 18 Uhr essen, verziehe ich mich ins Lager und kuschel mich schon in meinen Schlafsack. Ich schaue einen Film auf dem Handy, das erste mal auf dieser Wanderung. Auf meiner Deutschland-Wanderung habe ich das öfter abends im Zelt gemacht. Und dann schlafe ich früh und hoffe für morgen auf besseres Wetter.


10,5 km
3:40 h
577 hm
959 hm
2247 m