Ich war letzte Nacht doch nicht alleine mit meinem Zelt. Gegen 00:30 Uhr werde ich von 3 lauten Freudenschreien geweckt. Mehrere Männerstimmen, die sich scheinbar sehr freuen, einen Schlafplatz gefunden zu haben. Ich höre ihnen eine Weile zu und beschließe, dass sie ungefährlich sind. Heute Morgen stehen draußen 4 Räder und 2 Zelte mehr. Die Männer schlafen allerdings noch als ich um 9:30 Uhr alles zusammengepackt habe und losgehe.
Was ein herrlicher Tag. Nach dem Regen letzte Nacht scheint jetzt wieder die Sonne und es ist fast windstill. Die ersten 2 Kilometer führen mich über grüne Pfade, vorbei an der Zottelfamilie und Wildpferden.
Die nächsten 10 Kilometer muss ich allerdings wieder an einer viel befahrenen Landstraße entlang. Zumindest kann ich auf dem Radweg neben der Straße gehen. Ich hätte auch die 8 Kilometer weiter nach Flensburg und dort schon auf den E1 gehen können, machbar wäre es gewesen. Aber ich bleibe lieber bei dem Plan, meine Füße noch zu schonen.
Ich wundere mich dann aber doch ein bisschen, als ich ein Ortseingangsschild „Flensburg” sehe. Ich gehe zwar nicht mitten durch, aber anscheinend doch am Stadtrand her. Zumindest finde ich hier dann endlich auch eine Apotheke.
Ich kaufe beim Bäcker ein und lasse mir meine Trinkblase wieder auffüllen. Vor dem Supermarkt wird mir weiter viel Erfolg und viel Spaß gewünscht. Und als ich in der Apotheke mein Erste-Hilfe-Set nachfülle, bekomme ich noch eine Wund- und Heilsalbe und eine Fußcreme geschenkt.
Die Landschaft hat sich merklich verändert. Statt vielen platten Feldern ist es jetzt hügelig und es gibt viel mehr Wald. Kurz bevor ich von der Straße abbiege Richtung Sankelmarker See, sehe ich auch tatsächlich den ersten ausgeschilderten Wanderparkplatz. Ich freue mich sehr, als ich in der Nähe einen Pfad entdecke und so der restlichen Straße entfliehen kann.
Hier treffe ich dann auch auf den E1. Das weiße „X“ ist jetzt bis südlich von Hamburg meine Wegmarkierung.
Da ich schon gegen 13:30 Uhr am See ankomme und nur noch eine halbe Stunde Gehzeit vor mir habe, kann ich mich noch in Ruhe in die Sonne setzen. Leider ist baden nicht erlaubt. Aber zumindest meine Füße kühle ich kurz ab.
Da der Wind aber wieder so frisch ist, halte ich es gar nicht so lange dort aus. Also schnell noch einen Endspurt. Ich habe auch nach meinem Mittagssnack bestehend aus Möhre und Nüssen inzwischen richtig Hunger.
Mein Schlafplatz ist der Wohnmobilstellplatz in Oeversee. Hier hatte ich vorher schon angefragt und wusste, dass ich mit meinem Zelt umsonst übernachten kann. Als ich ankomme, werde ich direkt herzlich empfangen von einem Mann um die 60, der gerade an seinem Wohnmobil schraubt. Er hätte mich auch vorhin schon gesehen, als er kurz in Flensburg war und dachte sich, dass muss die Wanderin sein.
Er kommt ursprünglich aus Tschechien, ist aber ausgewandert nach Norwegen und wohnt mit seiner Frau 60 Kilometer vor Trondheim. Genau am Olavsweg. Ich finde es echt faszinierend, was für Menschen ich auf meiner Reise treffe. Er ist mit dem Fahrrad schon den Jakobsweg gefahren und möchte das nächstes Jahr nochmal machen. Allerdings dann mit Start am Nordkap. Morgen will er mir noch ein bisschen was zum Olavsweg erzählen und einen Schlafplatz habe ich dort auch schon sicher.
Ich mache es mir zum Picknick vor meinem Zelt gemütlich. Hier ist es schön windgeschützt. Es gibt frisches, saftiges Dinkelvollkornbrot mit Avocado, Sprossen und Pfeffer. Ein Traum! Probiert es mal aus.
Es ist zwar erst 16 Uhr und ich wollte auch nur kurz die Augen schließen, aber wandern macht müde. Als ich wieder aufwache ist es plötzlich schon 21:30 Uhr.
Dann kann ich ja eben Zähneputzen und weiterschlafen!