Da ich ja nie frühstücke, kann ich auch länger im Bett liegen bleiben. Ich schreibe vom Tag gestern, bis Antonia kommt, um sich zu verabschieden. Ich gehe mit raus und wir quatschen noch ein bisschen. Die beiden Belgierinnen sind auch noch da. Da sie jetzt absteigen und ihren Proviant nicht wieder mitnehmen wollen, schenken sie Antonia und mir ihre restlichen Müsli- und Schokoriegel. Wir verabschieden uns und ich hole mir meine Daunenjacke. Es ist ganz schön draußen, zwischendurch kommt die Sonne raus. Im Schatten ist es aber ziemlich kühl. Ich gönne mir einen Kakao und setze mich auf die schöne Bank vor der Hütte.

Erstmal noch ein bisschen weiter schreiben. Später überlege ich mir dann, ob ich einen der Hüttengipfel besteige. Beide, Plattenspitze und Wolfebnerspitze, sind mit nur einer Stunde ausgeschildert. Allerdings beides schwarze Touren. Mal sehen, ob ich da Lust zu habe. Im Moment bin ich ganz glücklich, einfach hier zu sitzen.

Ständig werde ich auf meine Beine angesprochen. Was denn passiert sei. Zwei Kerle, die sich gerade auf den Weg zur Kemptner Hütte machen und auch auf den Krottenkopf wollen, warne ich vor dem Schnee. Ich bin sehr froh, dass meine Leiste und Oberschenkel nicht mehr weh tun. Meine Knie und das Schienbein habe ich gestern schon gemerkt, meine Beine fühlten sich richtig steif an. Aber jetzt ist es besser. Da ist halt was, aber ich habe keine Schmerzen. Meine Erinnerung an den Großen Krottenkopf.

Mittags habe ich dann doch Lust auf ein bisschen Bewegung. Ich ziehe mich um, schnüre meine Bergstiefel und mache mich auf den Weg zur Plattenspitze.

Direkt hinter der Hütte geht es über die Wiese in engen Kehren steil hinauf. Es wird immer steiniger. Rechts von mir ragen die Wolfebnerspitzen auf. In der Hütte sind auch einige Kletterer, die eine ganze Woche hier bleiben. Die schrägen Felsen scheinen ein richtiges Kletterparadies zu sein.

Vor mir erstreckt sich das Wolfebnerkar. Ein grauer Kessel, bestehend aus Geröll und Schotter, darüber dicke Felsen.

Rechts das Geröllfeld geht es hinauf zur Plattenspitze. Wieder in Kehren. Und wieder denke ich schon jetzt an den blöden Abstieg hinterher. Aber erstmal geht es weiter hoch. Trotz allem. Irgendwann wird es dann felsiger. Über Felsplatten und große Felsblöcke steige ich vorsichtig weiter auf. Bis zu dieser Rinne. Links die steile Felswand. Daneben loses Geröll und das ziemlich steil.

Nein, das brauche ich heute nun wirklich nicht. Ich weiß nicht, wo ich meine Füße hinsetzen soll. Da müsste ich ein bisschen puzzeln. Das würde ich schon schaffen, aber mir fehlt die Abenteuerlust. Die ist immer noch aufgebraucht. Dabei wären es nur noch ein paar Meter hoch bis zur Wolfebnerscharte. Und von da ist es auch nicht mehr weit zum Gipfel. Aber das ist mir egal. Heute nicht.

Ich setze mich auf einen Felsen und schaue mich um. Von hier habe ich auch einen schönen Blick.

Dann mache ich mich an den Abstieg. Langsam die Schotterpiste hinab. Das geht doch ganz gut. Es gibt schlimmere Abstiege. Unten angekommen entdecke ich einen großen Felsen, der oben ganz glatt ist. Da lege ich mich drauf und hoffe, dass die Sonne nochmal aus den Wolken schaut. Es ist so still um mich herum. Richtig schön.

Als die Sonne sich nicht zeigt, mache ich mich nach einer Weile auf den Rückweg. Ich schaue auf mein Handy, aber auch hier gibt es keinen Empfang. An der Hütte nur mal zwischendurch und wenn dann, sehr schlecht. Dann halt nicht. Das war jetzt zwar nur ein sehr kurzer Spaziergang, aber wenigstens hatte ich ein bisschen Bewegung. Zumindest beim Anstieg bin ich außer Atem gekommen.

Heute sitze ich in der Stube mit 2 Mädels aus Oberstaufen, einem 8-jährigen Mädel mit ihrem Papa aus Hamburg und einem Kerl in meinem Alter mit seiner Mama zusammen. Eine bunt zusammengewürfelte Runde. Wir unterhalten uns gut. Nach dem Essen spielen wir ein paar Runden Mikado. Dann nochmal eben frische Lust schnappen und ab ins Bett. Ich bin immer so früh müde abends, meistens liege ich schon vor 21 Uhr in meinem Hüttenschlafsack.


2,3 km
1:05 h
251 hm
232 hm
2.357 m