Morgens werde ich weiter bestens versorgt. Filip macht mir Spiegeleier zum Frühstück und brät den Seelachs an und packt ihn in Stückchen in eine Dose, damit ich ihn unterwegs essen kann. Was ein Service! Das ist ja besser als in jedem Hotel. Außerdem hat er gestern Abend noch die Küchenschränke durchgeschaut und gibt mir noch mehr Essen mit. 3 Tüten Real Turmat, Knäckebrot, Tütensuppen und eine Packung Mie-Nudeln. Er fragt ein paar Mal, ob ich noch irgendetwas brauche, aber damit bin ich schon mehr als glücklich. Wir tauschen Kontaktdaten aus, damit ich ihm eine Nachricht schreiben kann, wenn ich im Norden angekommen bin. Außerdem ruft er noch einen Freund an, der Journalist bei der lokalen Zeitung ist. Der hat gerade keine Zeit, will mir aber wohl eine E-Mail schicken. Dann komme ich vielleicht auch noch in die Zeitung.

Dann ist es Zeit loszugehen. Um kurz vor 9 Uhr mache ich mich auf den Weg. Tusen takk for meg, Filip!

Ich gehe erstmal das kurze Stück zum Bootsanleger. Wenn schon, dann richtig. Heute steht nämlich zur Abwechslung mal nicht Norge på langs an, sondern Norge på tvers. Also Norwegen der Breite nach. Eine Durchquerung des Landes an einer der schmalsten Stellen. Luftlinie ist Norwegen hier gerade mal 6,3 Kilometer breit. Es gibt nur eine noch schmalere Stelle oben in der Finnmark bei Kirkenes, also in der Nähe der russischen Grenze. Und es gibt eine offizielle Norge på tvers Route, die aber von Stjørdal aus 120 Kilometer bis zur schwedischen Grenze führt. Diese haben Markus und ich an der Ramsjøhytta gekreuzt, das war weit südlicher. Heute aber hier, von Hellmobotn aus zur schwedischen Grenze. Der Weg ist markiert und locker in einem halben Tag machbar. Die meisten Leute kommen dafür mit dem Boot nach Hellmobotn und gehen den Weg dann hin und zurück. Außerdem sind entlang der Route einige Geocaches versteckt und da ich bei Filip ganz unerwartet alles laden konnte, habe ich dafür auch genug Akku zur Verfügung. Sonst lasse ich es dann doch häufig lieber sein, um den Akku zu schonen.

Ich gehe durch die kleine Häusersiedlung und in den Wald. Es geht direkt einen kurzen Hang steil hoch. Bis ich auf eine Lichtung komme, wo die erste rote „T“-Markierung zu sehen ist. Hier der Blick zurück auf Siedlung und Fjord.

Filip hatte mir von einem heftigen Sturm erzählt, der vor ein paar Jahren hier alles zerstört hat. Deswegen gehe ich auch eine Weile über eine Ebene mit kaum Bäumen, bevor es wieder in den Wald geht. Entgegen der Wettervorhersage ist es trocken und ich freue mich, dass ich ein wenig Ausblick habe. Ich sehe durch die Bäume immer wieder zwei gigantische Wasserfälle.

Dann geht es über die Brücke, wo ich gestern schon drüber gegangen bin. Das nächste Stück kenne ich schon, allerdings ist es mit Blick in diese Richtung noch viel schöner. Der Berg wird wohl der Tjårok sein. Da geht es später links dran vorbei.

Oberhalb dieses Wasserfalls bin ich gestern runter gekommen. Jetzt habe ich einen schönen Blick von unten darauf.

Der Wanderweg ist hier echt gut präpariert. Mit Holzstegen und Geländer über die glatten Felsplatten.

Immer wieder drehe ich mich um, da der Blick zurück auch so super ist. Sowieso mache ich eine ganz entspannte Wanderung daraus heute. Durch das Geocachen komme ich sowieso langsamer voran und ich genieße die tolle Landschaft und schaue mich immer wieder um.

Es geht immer weiter hoch. Durch den Wald, dann über große Felsplatten. Teilweise mit Holzlatten und Kette gesichert.

Immer weiter auf die Schlucht Hellmojuvet zu. Rechts oberhalb führt der Weg entlang. Es soll eine der größten Schluchten Nordeuropas sein. Ich bin gespannt.

Und weil es so schön ist, hier nochmal der Blick zurück.

Immer weiter geht es hoch und Richtung Schlucht. Ganz oben ist schon Kanonen zu sehen. Eine spektakuläre Felsformation über der Schlucht.

Im Wald mache ich ein paar große Schritte über kleine Bäche. So platt gedrückt wie das Gras hier ist, muss hier aber eine Menge mehr Wasser heruntergekommen sein oder es lag bis vor kurzem vielleicht noch Schnee.

Es wird noch felsiger und ich gehe jetzt überwiegend über Felsplatten und -buckel. Dazwischen mal ein See und ein bisschen nasse Wiese.

Bis ich dann einen ersten guten Blick in die Schlucht habe. 200 Meter geht es senkrecht hinab.

Und hier rechts sieht man die Felsformation, die „Kanonen“ genannt wird.

Wo man von der anderen Seite spektakuläre Bilder von machen kann. Keine Sorge, ich war sehr vorsichtig! Der Fels ist vorne nicht so schmal, man kann dort gefahrlos sitzen. Heruntergeschaut habe ich allerdings nicht von dort. Ich wollte mich nicht über die Kante beugen.

Echt beeindruckend diese tiefe Schlucht.

Genauso wie irgendwie der ganze Weg heute. Hier bekommt man ganz schön was geboten von der Natur.

Weiter geht es über Felsen, jetzt nicht mehr so steil hoch. Das steilste Stück habe ich hinter mir.

Das Schild soll wohl heißen, dass in 400 Metern die Hütte steht. Dort wollte ich ja eventuell gestern schon hin. Sie liegt zwar etwas ab vom Weg, aber ich will zumindest dort Pause machen.

Was auch eine gute Idee ist. Schaut sie euch an, die Hobbit-Häuschen. So gut! Die Gamma i Nuortakrågge ist nur eine Nothütte, ist aber voll ausgestattet mit Kamin, Gasherd, Matratzen, Geschirr, Holz etc. Der norwegische Berghütten-Standard eben. Ich esse den Fisch, den ich gestern gefangen habe und trinke noch einen Tee. Beschließe dann aber noch weiterzugehen und nicht über Nacht zu bleiben, wie ich es bei schlechtem Wetter geplant hatte. Aber jetzt habe ich ja Glück, es ist immer noch trocken.

Also geht es nach der Pause wieder zurück zum Wanderweg. Weit ist es jetzt nicht mehr bis zur schwedischen Grenze. Noch 3 Kilometer oder so.

Von der besonderen Brücke am See Gussajávrre hatte ich vorher schon gelesen. Wenn der Wasserstand niedriger ist, kommt man wohl sogar mit trockenen Füßen rüber. Heute nicht. Von oben kann ich schon den hellen Streifen Steine unter der Wasseroberfläche erkennen. Da geht es rüber.

Dann wird es flacher und ich kann schon von weitem ein paar Schilder auf einer weiten Ebene sehen. Da muss die Grenze sein. Das ist zwar ein kleiner Umweg für mich, aber natürlich bringe ich meine Durchquerung Norwegens der Breite nach jetzt auch ganz zu Ende. Nur noch zwischen zwei großen Seen hindurch und dann geht es das letzte Stück eben über Gras und Flechten.

Die Herde Rentiere flüchtet, als ich näher komme. Und kurz darauf erreiche ich die Grenze. Jippieh, geschafft! Das war ja mal ein schöner Umweg und Ausflug! Ein super Weg mit einer ganzen Menge zu sehen.

Ich muss übrigens schmunzeln, als ich an der Grenze stehe. Es stimmt wohl, was mir bisher erzählt wurde, dass die Wanderwege in Schweden etwas besser präpariert sind und gepflegt werden. Hinter der Grenzmarkierung steht direkt ein Wegweiser mit den Distanzen zu den nächsten Hütten. Und rechts davon steht auch noch eine große Holztafel mit Infos über die Region und wie man sich im schwedischen Fjell zu verhalten hat.

Auch die Røysvatn Hütte steht dort angeschlagen. Ich könnte jetzt einfach dem Wanderweg über Schweden folgen und wäre in 28 Kilometern dort. Aber nichts da – jetzt bin ich schon soweit gekommen, jetzt versuche ich auch weiter auf norwegischer Seite zu bleiben. Gerade als ich an der Grenze stehe, fängt es an zu regnen. Als ich weitergehe und den Weg wieder ein Stück zurück, hört es wieder auf. Als ob auch das Wetter etwas dagegen hätte, dass ich auf dem Weg nach Schweden war.

Um den See Váldajávrre herum kann ich noch ein kleines Stück einem unmarkierten Pfad folgen. Allerdings verliere ich die Steinmännchen schnell aus den Augen und gehe lieber direkt nach Kompass weiter. Vielleicht schaffe ich es ja noch bis kurz vor den Berg Sválasvágtjåhkkå. Dann kann ich mir schonmal anschauen, wo es morgen hinaufgeht. Über das nächste Stück mache ich mir nämlich schon seit gestern Gedanken. Erst der steile Berg, wo ich nicht weiß, ob es klappt, dass ich in Norwegen bleibe und dahinter dann noch zwei Flüsse, die nicht ohne sein sollen. Aber eins nach dem anderen.

Es geht über Felsen und Gras aufwärts. Unter mir der nächste große See. Die ganzen Bäche sind einfach zu queren. Manche mit einem Schritt oder der hier mit vorsichtigen Schritten über den glatten Felsen.

Ich klettere ein paar Felswände über kleine Tritte und Stufen hinauf und komme zum See Badje-Sválasvágjávrre. Hier wollte ich hin. Ich gehe noch ein Stück näher zum Hang den Berg hinauf, aber die ganze Bergkette ist im Nebel verschwunden. Da kann ich noch nicht viel erkennen. Also erstmal einen Zeltplatz suchen.

Später taucht der Berg aus dem Nebel auf. Oh je, das sieht nach vielen glatten Felsen aus. Das schaue ich mir morgen früh nochmal genauer an.

Ich finde einen schönen Platz direkt an einem kleinen Bergsee-Strand. Das wäre auch ein guter Badesee, aber es ist eisig. Bis ich mein Zelt aufgebaut habe, sind meine Hände und Füße erfroren und ich verschwinde schnell im Schlafsack, um mich wieder aufzuwärmen.


17,4 km
5:25 h
955 hm
247 hm
702 m