Am Freitag schlafe ich aus. Wir haben uns auf Frühstück um halb 9 geeinigt. Dann habe ich noch genug Zeit meine Sachen zu packen, bevor der Zug fährt. Ketil setzt sich zu mir an den Tisch und wir frühstücken zusammen. Es gibt Haferbrei und Brot mit Erdnussbutter und Preiselbeermarmelade. Als ich ihm von Filip erzähle, der mich in Hellmobotn so herzlich aufgenommen hat, meint er, dass es ein altes Wikingergesetz aus der Zeit um 1100 sei, dass man sich um Menschen kümmere, die nass und hungrig aus den Bergen kommen. Das waren genau die Worte, die Filip auch zu mir gesagt hat.

Da ich inzwischen ja gelernt habe, dass man in Norwegen eigentlich gar kein Bargeld braucht, habe ich auch nie neues geholt. Ketil ist seit dem kleinen Campingplatz Grannes der erste, der nur Bargeld nimmt. Na gut, er hat ja auch keinen Empfang oder W-Lan hier, dann ist das schwierig. Da er seine IBAN auch nicht kennt und später sowieso nach Narvik fährt, will er einfach heute Abend am Hotel vorbeikommen. Dann kann ich vorher Bargeld abheben.

Ich verabschiede mich und gehe das kurze Stück zum Bahnhof. Nur der Vollständigkeit halber und damit meine Route keine Lücke hat, unten auch die Karte dazu. Ab jetzt bin ich im Pausentags-Modus und hier geht es in 2 Tagen dann weiter. Als der „Arctic Train“ einfährt, ist der Bahnsteig für 10 Minuten überfüllt mit hauptsächlich deutschen Touristen, die jeden Winkel fotografieren. Dann ist es wieder verlassen und ruhig. Ich mache kurz einen Ausflug nach Schweden und steige in Riksgränsen um. Hier ist wohl nur im Winter was los, wenn die Leute zum Skifahren kommen. Ich höre der Norwegerin zu, die dem deutschen AIDA-Kreuzfahrts-Touristen seine Fragen beantwortet. Und als der nächste Zug sich verspätet, fühle ich mich doch gleich wie Zuhause.

Dann geht es nach Narvik. Wenn es nicht so nebelig wäre, wäre die Aussicht während der Fahrt sicher spektakulär. Vielleicht habe ich auf der Rückfahrt mehr Glück, was von der tiefen Schlucht und den steilen Bergen zu sehen. Irgendwann habe ich dann auch wieder Empfang und freue mich, dass meine neue Kamera seit heute Morgen abholbereit bei der Post liegt. Perfekt, dann ging es ja doch schneller.

In Narvik angekommen, mache ich mich direkt auf den Weg zur Post. Ich habe noch 2 Stunden Zeit, bevor ich im Hotel einchecken kann. Erst ärgere ich mich, dass ich 2 Nächte gebucht habe, jetzt brauche ich ja gar nicht länger auf die Kamera warten. Aber eigentlich habe ich auch nichts gegen noch einen Pausentag. Ich habe noch so viel zu schreiben, dass der Tag wieder viel zu schnell rum sein wird. Auf dem Weg komme ich an einer Pizzeria vorbei und kann nicht widerstehen. Ich esse eine Pizza und gehe dann zur Post und hole die Kamera ab. Ich freue mich jetzt schon wieder auf die frische Bergluft. Hier merkt man den Unterschied deutlich, es müffelt nach Stadt, Abgasen und Asphalt. Und es ist so laut, die ganzen Autos und Menschen. Das bin ich nicht mehr gewöhnt. Aber es gibt Supermärkte und Essen, genau das Richtige für meinen Pausentag.

Ich bin übrigens nur noch 2.407 Kilometer vom Nordpol entfernt. Also fast so viel, wie ich jetzt schon gelaufen bin. Allerdings Luftlinie. Ich habe jetzt knapp über 2.200 Kilometer zurückgelegt.

Am Samstag verbringe ich viel Zeit mit Schreiben. Ich finde unten im Einkaufszentrum eine Steinofen-Bäckerei mir richtigem Brot und Brötchen. Nicht so faden Toast-Scheiben, die es hier sonst gibt. Mit einem belegten Brötchen und einer Kanelknute, oder auch Zimtschnecke, setze ich mich draußen auf eine Bank. Und schreibe weiter. Zwischendurch gehe ich ein bisschen umher und schaue mich um. Aber als richtig schön würde ich die Stadt jetzt nicht bezeichnen. Was mir gut gefällt ist das Gebäude mit Museum, Touri-Info, Bücherei und Café. Mit ein bisschen Grün davor und vielen Sitzgelegenheiten. Die Bücherei ist öffentlich und man kann sich einen der vielen Sessel am Fenster aussuchen und lesen und Kaffee trinken. Solche öffentlichen, sozialen, gemütlichen und kostenlosen Orte für Jedermann sollte es überall geben.

Auf dem Vorplatz steht das Trinigon 3. Ein 18 Meter hohes Freiheitsdenkmal aus hochglanzpoliertem Stahl. Im Hintergrund sieht man das Scandic Hotel, das wohl modernste Gebäude in Narvik.

Inzwischen überlege ich, ob ich nicht noch eine Nacht verlängere. Ich werde heute nicht fertig mit Schreiben und möchte das ungerne weiter aufschieben, wenn dann schon wieder neue Tage dazukommen. Ich habe meine Tage und zwischendurch ein wenig Unterleibsschmerzen. Und vom Wetter ist es egal, es soll sowieso regnen. Also frage ich im Hotel nach und bleibe bis Montag. Dann kann ich alles in Ruhe erledigen und habe tatsächlich auch ein bisschen ganz Pause.

Ich will schonmal ein Ticket für die Rückfahrt nach Katterat buchen. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Das schwedische Transportunternehmen verweist zum Kauf der Tickets auf ihre norwegische Seite. Dort werden die Verbindungen gar nicht angezeigt, sondern nur ein großer Hinweis, dass man Tickets über die schwedische Seite kaufen muss. Das Geld will also scheinbar niemand haben. Da selbst hier in der Stadt der Bahnhof unbemannt ist, frage ich einfach in der Touri-Info nach. Die Tickets kann man tatsächlich nur online kaufen, eine andere Möglichkeit gäbe es nicht. Der junge Kerl schaut sich die Internetseite an, kommt aber auch nicht weiter als ich. Anstatt mir aber zu helfen, das zu klären, meint er nur, ich müsse dort anrufen. Damit ist das Thema für ihn erledigt. Ich würde schätzen, dass jeder andere hilfsbereite Touri-Info-Mitarbeiter selber dort angerufen hätte. Naja, da habe ich jetzt keine Lust drauf. Vielleicht gehe ich einfach zum Kontrolleur an Bord und schildere ihm das Problem. Vielleicht kann man ja doch im Zug noch ein Ticket kaufen.

Abends studiere ich nochmal die Karte und versuche mehr Infos zu finden zu dem Gelände, wo ich querfeldein gehen muss. Der Wanderweg führt wieder ein kleines Stück über Schweden. Tatsächlich finde ich auch eine Routenbeschreibung und ein paar Fotos von einem norwegischen Trailrunner. Das hilft ein bisschen. Außerdem stocke ich mein Essen auf und mische meine selbstgemachten Geeichte wieder mit ein paar Real Turmat Gerichten für ein bisschen mehr Abwechslung.

Am Sonntag genieße ich nochmal das gute Frühstücksbuffet im kleinen Hotel Wivel. Den Großteil des Tages verbinge ich dann im Café in der Bücherei, um zu schreiben. Zwischendurch schaue ich einfach den anderen Menschen zu. Am Nebentisch sitzen ein paar ältere Norweger, scheinbar eine Art Senioren-Kaffeklatsch. Kinder laufen umher und schleppen Bücher an, die sie ausleihen möchten. Andere Erwachsene sitzen still und in die Zeitung vertieft da. Ein Junge spielt an einem der Computer irgendein Spiel.

Abends packe ich noch meinen Rucksack wieder, damit ich für morgen bereit bin. Ich freue mich auf den nächsten Abschnitt und darauf, wieder in die Berge zu kommen und weiterzugehen.


0,1 km
0:02 h
4 hm
1 hm
378 m