Die Hütten haben im Moment irgendwie einen etwas blöden Abstand für mich. Die nächste Hütte ist nur 18 Kilometer weiter und die danach gleich 42 Kilometer von hier. Ich überlege, ob ich es bis zur zweiten Hütte schaffe. Ich kann ja sonst immer noch mein Zelt vorher aufstellen. Auch wenn das im Moment nicht so gemütliches Wetter ist. Allerdings komme ich auch nicht so früh aus dem Bett, obwohl ich meinen Wecker wieder auf 6 Uhr gestellt habe. Ich stehe eine ganze Ecke später erst auf, koche Tee, packe, putze die Hütte. Und zack, schon ist es wieder halb 10. Los geht’s. Gleich wieder in voller Regenmontur.

Als Markus hier war, hat er einen Wanderführer vom DNT getroffen, der ihm eine Alternativroute bis zur Brücke über den Vuomajohka empfohlen hat. Dann müsse man nicht durch das sumpfige Tal. Der Weg ist in keiner Karte eingezeichnet, aber er sei mit Steinmännchen markiert und der Pfad wäre nach den ersten 2 Kilometern auch gut zu sehen. Dann nehme ich den doch. Allerdings muss ich erstmal den Einstieg finden. Markus hat mir seine Karte abfotografiert, wo der Weg grob eingezeichnet ist. Also peile ich einen kleinen See an und hoffe, den Pfad auf dem Weg dahin irgendwo zu finden.

Ich gehe ein Stück Richtung Vuomajávri und folge einem Trampelpfad, der zum See führt. Der scheint aber nicht richtig zu sein, ich muss ein bisschen höher. Also gehe ich querfeldein und sehe ständig undeutliche Pfade. Wahrscheinlich sind es viele Tierpfade. Das Gelände ist einfach und ich habe eine gute Übersicht. Ich schaue mich immer wieder um, entdecke aber keine Steinmännchen. Zwischendurch ist es ziemlich sumpfig, aber dank meiner wasserdichten Socken bleiben meine Füße trocken und warm.

Ich folge immer wieder einem Pfad ein Stück, bis er verschwindet. Gehe einfach weiter und finde den nächsten Pfad. Bis ich nach etwas über 2 Kilometern ein Stück unter mir ein Steinmännchen sehe. Es könnte zumindest eins sein. Ich steuere direkt darauf zu und tatsächlich ist dahinter auch ein Pfad, der sehr viel ausgetretener ist, als die anderen.

Der Weg ist richtig schön. Südlich um das Blåfjellet herum, aber so hoch am Hang, dass es nicht so sumpfig ist. Überwiegend ist der Boden trocken und man kann echt gut gehen. Zwischendurch verliere ich den Pfad mal, entdecke dann aber ein Stück weiter unter oder über mir wieder ein Steinmännchen und dahinter auch den Pfad.

Schaut euch diese Farben an. Wunderschön!

Ich nasche immer wieder Krähenbeeren. Die wachsen hier echt überall. Ich kann gut nachvollziehen, dass sie einen retten können, wenn es kein Wasser gibt. Sie sind super saftig. Wenn ich eine kleine Handvoll zerkaue, habe ich so viel Flüssigkeit im Mund, als wenn ich gerade einen Schluck aus meiner Flasche genommen hätte. Haut und Kerne spucke ich wieder aus, die schmecken etwas bitter.

Ein Stück weiter finde ich dicke Blaubeeren und nasche weiter. So dicke habe ich ja noch nie gefunden. Sie sehen aus wie die Kulturheidelbeeren aus dem Supermarkt.

Als ich um den Berg herum bin, geht es runter. Durch den Wald und bis zum Fluss. Zwischen den Bäumen verliere ich den Pfad irgendwann wieder und suche mir selber einen Weg.

Unten angekommen, stoße ich auf den markierten Wanderweg. Das waren jetzt knapp 9 Kilometer, also nicht kürzer als der markierte Weg. Aber auf jeden Fall schön und recht einfach.

Es geht über die Hängebrücke über den Fluss und wieder ein Stück hinauf.

Die nächsten Kilometer führt der Pfad oberhalb der Anjavasselva durch lichten Birkenwald. Es ist so schön hier. Vor allem zu dieser Jahreszeit. Und auch das Wetter meint es heute etwas besser mit mir. Es ist nicht ganz so windig und tröpfelt nur zwischendurch immer mal.

Als der Pfad ein Stück direkt unten am Fluss entlangführt, mache ich auf ein paar Steinen am Wasser Pause. Auch wenn es gerade doch wieder anfängt zu regnen. Ich esse die kalten Pfannkuchen und freue mich darüber, wie schön der Herbst hier doch ist.

Es geht weg vom Fluss. Als er einen scharfen Knick nach Norden macht, habe ich aber nochmal eine schöne Sicht. Bei diesem Anblick kann man doch nur ein Herbst-Lächeln lächeln.

Durch den Wald steige ich steil hinab und quere die Divielva über eine wackelige Hängebrücke. Die Birken werden hier unten von Tannen abgelöst. Der Weg ist jetzt wieder ziemlich matschig und rutschig. Teilweise steht der Pfad ganz unter Wasser. Dann geht es wieder nach oben. 250 Höhenmeter noch bis zur Dividalshytta. Vielleicht bleibe ich auch einfach da. Oder ich mache nur Pause, esse und gehe dann noch weiter. Aber ich bin schon ein bisschen müde.

Als ich hoch genug bin, ist das der Blick zurück. Orangene Bäume, so weit ich gucken kann. Wahnsinn.

Um kurz nach 16 Uhr bin ich an der Hütte. Ich treffe auf 3 norwegische Mädels, die ein paar Tage hier sind und Tagestouren machen. Jetzt machen sie sich auch gerade auf zu einem kleinen Spaziergang. Da die Hütte schon voll belegt ist, nehme ich die andere, die Nye Dividalshytta. Ich glaube, ich bleibe wirklich hier. Auf jeden Fall esse ich erstmal was. Während ich warte, dass das Wasser kocht, hole ich meinen Rucksack wieder aus dem Schlafraum. Eigentlich ist noch genug Zeit, dass ich nach dem Essen ein paar Kilometer weitergehen kann. Ich schaue nochmal in die Karte. Oder ich bleibe doch und versuche morgen bis zur Rostahytta zu kommen. Das sind zwar 40 Kilometer, aber ich kann ja heute früh schlafen und morgen zeitig losgehen. Eine kleine Herausforderung. Die Option zu zelten bleibt immer. Also gut, dann bleibe ich doch hier.

Ich esse und dann schreibe ich. Das habe ich nämlich gestern gar nicht mehr gemacht. Bis ich fertig bin, ist es auch halb 10 und Schlafenszeit. Zwischendurch bekomme ich noch Besuch von einem Norweger. Er und seine Freunde, die später kommen, bleiben ein paar Nächte. Sie sind zum Jagen hier und schießen Moorschneehühner. Er fragt mich, ob ich heute gar keine Schüsse gehört hätte. Im Wald hier in der Gegend seien so 40 bis 50 Jäger unterwegs im Moment. Habe ich aber nicht. Worüber ich eigentlich auch ganz froh bin.


19,0 km
4:35 h
509 hm
641 hm
776 m