Ich habe gestern noch nachgeforscht, ob inzwischen alle meine Versorgungspakete angekommen sind und die Leute nochmal angeschrieben. Die beiden Pakete nach Strømhaug und Skoganvarre habe ich zwar direkt bis zur Haustür liefern lassen, habe aber nichts mehr gehört bisher, auch auf Nachfrage nicht. Hoffen wir einfach, dass die Pakete nicht die ganze Zeit im Regen liegen.

Dann habe ich mir noch die Route für die nächsten Tage angeschaut und die Karte studiert. Vor allem beschäftigt mich gerade der Teil zwischen Røros bzw. Glåmos bis zur Kjølihytta. Ursprünglich wollte ich dem E1 folgen, der aber in Skandinavien wohl nicht wirklich existiert. Weder ist er markiert, noch die Wegführung abseits der anderen bekannten Wanderwege, wie zum Beispiel Kungsleden und Nordkalottruta, sehr sinnvoll oder sicher. Das habe ich jetzt schon von mehreren Leuten gehört. Ich finde einen norwegischen Blogeintrag zu dem Abschnitt, der sich ziemlich gruselig liest. Mit schwer zu furtendem Fluss und einem sehr schmalen Damm, der überquert werden muss. Der zum Zeitpunkt des Berichtes unter einem niedrigen, aber starken Wasserfall begraben war. Jedenfalls ist mir schnell klar, dass ich das nicht ausprobieren möchte. Die Straße als Alternative reizt mich auch nicht. Also suche ich weiter die Karte nach kleinen Wegen ab. Das könnte funktionieren… Durchs Molingdalen am Fluss entlang bis zu einer Hütte, auf den Litjskarven und runter zur Killingdalsgruva. In der Siedlung gibt es eine Brücke über die Gaula und dann geht es über Schotterstraße und Wanderweg zur Hütte. Nur zwischen Stormolinga und Litjskarven sind dann ungefähr 4 Kilometer weglos. Ich suche alle Infos zu dem Gebiet, die ich finden kann, was nicht ganz so viel ist. Ein norwegischer Blog, Satellitenbilder und Geocaches. Das ist echt manchmal eine ganz gute Hilfe, vor allem bei weglosem Gelände. Wenn dort zufällig jemand einen Geocache versteckt hat, gibt es meistens in der Beschreibung auch ein paar Tipps zum Weg. So auch hier. Auf dem Storskarven, einem Gipfel weiter östlich liegt ein Geocache. Und dort steht genau meine Route beschrieben. Der Aufstieg durch das Molingdalen soll etwas anspruchsvoller, aber machbar sein und der Abstieg vom Litjskarven einfach. Das klingt doch vielversprechend. Trotzdem schreibe ich Markus an, ob wir das Stück vielleicht zusammen gehen wollen. Solange unsere Route noch mehr oder weniger ähnlich verläuft, kann es ja nicht schaden, etwas knifflige Stellen zu zweit anzugehen.

So, jetzt aber mal los. Die Hütte ist geputzt, Müll entsorgt, Kochgeschirr zurückgegeben an der Rezeption und ich frisch geduscht. Gegen halb 10 gehe ich los. Heute wird gepilgert. Und zwar auf dem Olavsweg. Oder genauer gesagt auf dem Østerdalsleden, einem Abschnitt des Olavsweges. Oder auf dem Gammel Allmannveien. So ist der Weg in der Karte eingezeichnet und auch ausgeschildert. Welcher Name auch immer, es ist alles derselbe Weg. Und neben der Straße wohl der kürzeste Weg nach Røros.

Es ist morgens schon richtig warm und der Himmel über mir blau und wolkenlos. Nur ganz hinten, über den Bergen, hängen große Wolken. Ich überquere die Glomma und gehe ein kurzes Stück die Straße hoch. Bis ich auf die ersten Wegmarkierungen stoße und es ins Grüne geht.

Über eine Wiese, durch hohes Gras und Gestrüpp, immer weiter bergauf. Mit Blick zurück auf die Stadt.

Auf breiten Wegen geht es durch den Wald. Ein einfach zu gehender, sehr fußfreundlicher Weg. Zumindest überwiegend. Zwischendurch wird es dann doch mal ein bisschen matschig, aber immer nur kleine Abschnitte. Dann wieder ist der Weg nur ein schmaler Pfad. Aber super markiert, verlaufen kann man sich quasi nicht.

So weit, so gut. Ein schöner Weg. Auch für einen Sonntagsspaziergang mit der Familie geeignet. Trotzdem bin ich nicht so ganz glücklich. Es fehlen die Highlights, der Weg ist relativ langweilig und zieht sich. Dazu kommt die Hitze, wenige Möglichkeiten zum Wasser nachfüllen und die nervigen Fliegen und Mücken. Besonders ätzend ist es, wenn sie einem ständig ins Gesicht fliegen. Und sobald man stehenbleibt, ist man in eine Wolke von Insekten gehüllt. Das macht die Pausen ziemlich unentspannt.

Ich motiviere mich mit einer Pause in Vingelen, einem kleinen Ort, wo ich durchkomme. Markus, Katharina und Manuel sind gestern denselben Weg gegangen und haben dort Kaffee und Kuchen bekommen. Der Supermarkt und das Café in dem winzigen Ort sind auch schnell gefunden. Ich mache relativ lange Pause und freue mich darüber, dass die Mücken die Waffeln hier wohl nicht mögen. Danke an Monika für die Einladung!

Ich hatte eigentlich geplant, mein Zelt etwas weiter an einem See aufzustellen. Die anderen waren aber gestern schon als Zeltplatz-Scouts unterwegs und da findet man nicht so einfach etwas. Dafür schickt Markus mir einen anderen schönen Platz und da es dort kein Wasser gibt, auch den letzten Bach vorher. Wie praktisch, muss ich mir darüber schonmal keine Gedanken mehr machen. Da geht’s jetzt hin.

Meine Füße schmerzen und es fühlt sich gar nicht so an, als hätte ich erst 2 Tage Pause gemacht. Das Gefühl war heute nach den ersten 2 Kilomtern schon weg. Es ist anstrengend heute bei der Hitze und mit den Mücken. Und ich habe wahrscheinlich viel zu wenig getrunken, ich habe schon Kopfschmerzen. Leider finde ich auch wieder nur dreckige Tümpel.

Ich bin ganz froh, dass ich irgendwann auf eine Schotterstraße komme. Zwar auch im Wald und mit Mücken, aber nicht ganz so viele. Dafür mit Schafen. Sie liegen mitten auf der Straße und springen auf, als ich näher komme. Dann laufen sie so 2 Meter vor mir her und drehen sich immer wieder um. Als ich sie abhänge, fällt mir wieder der Bach ein, den Markus mir markiert hatte. Der sollte hier sein. Also nochmal ein Stück zurück. Das ist eher ein Rinnsal und mit den ganzen Schafen hier, würde ich bei mehr Auswahl auch erstmal weitergehen. Aber was anderes gibt es ja nicht.

Während ich meine Wasserblase fülle, werde ich neugierig von den Schafen beäugt. Lustig, wie sie in einer Reihe auf der Straße stehen und mich beobachten. Mit dem Foto war ich ein bisschen langsam, hier wird den ersten schon langweilig und sie drehen sich weg.

Da ich keine Lust habe, meinen Rucksack nochmal abzusetzen, trage ich das Wasser so. Und finde eine gute Möglichkeit für ein bisschen Abkühlung, indem ich mir die Wasserblase in den Nacken lege.

Endlich komme ich zu der Wiese mit ein paar Büschen, wo ich mein Zelt aufstellen wollte. Perfekt. Direkt dahinter geht der Wanderweg wieder von der Schotterstraße in den Wald. Allerdings währt meine Freude nicht lange und ich ziehe schnell meine Regenkleidung als Schutz vor den ganzen Kriebelmücken an, die mich umzingeln.

Schnell das Zelt aufbauen und rein da. Und erstmal meinen Wasserhaushalt wieder auffüllen. Das schmeckt allerdings ziemlich schrecklich, das Wasser aus dem letzten Bach. Ich spucke es direkt wieder aus. Na toll, ich habe solchen Durst. Und jetzt? Ich habe noch ein paar Tüten Kakao. Auf was Süßes habe ich zwar jetzt gar keine Lust, aber ich schütte 2 Tüten zu dem Wasser in meine Flasche, damit mir wenigstens von dem Wassergeschmack nicht schlecht wird. Wahrscheinlich nicht die beste Idee, falls das Wasser verunreinigt ist, aber für die Sorgen ist mein Durst zu groß. Ich trinke fast alles aus und lasse mir nur einen Schluck für morgen früh über. Dann wird heute eben auch nicht mehr gekocht, dafür reicht das Wasser nicht. Es gibt Knäckebrot und Schokolade, ich habe aber eh nicht viel Hunger. Im Zelt ist es nämlich super heiß, die Sonne hat es schnell in eine Sauna verwandelt. Und raus will ich auch nicht mehr zu den Blutsaugern. Nicht der glücklichste Abend. Ich stopfe meinen Winterschlafsack in eine Ecke des Zeltes, liege nackig auf meiner Matratze und freue mich über jeden winzigen Luftzug. Es ist aber leider ziemlich windstill. Es hört sich an, als würde es regnen, das sind aber nur die Mücken, die gegen die Zeltplane fliegen. Körperlich ist diese Wanderung eine Herausforderung, keine Frage. Aber man wird ziemlich fit mit der Zeit und baut genug Kondition auf. Mental ist es manchmal sehr viel härter.


29,7 km
6:15 h
826 hm
523 hm
849 m