Ich hätte gedacht, dass Markus nach der unplanmäßigen Aktion gestern heute noch einen Pausentag machen möchte. Ihm fehlt ja noch einiges an Schlaf. Aber er möchte auch weiter. Also gehen wir frühstücken, packen unsere Sachen und ärgern uns mal wieder über den Regen und das ungemütliche Wetter. Unser Plan, das schlechte Wetter hier auszusitzen, ist mal so gar nicht aufgegangen. Wer weiß, wie lange wir dafür noch bleiben müssten. Es ist nebelig, grau und schüttet.

Beim Frühstück fragen wir Christian nach dem Weg. Allerdings sind die Tipps nur bedingt hilfreich, da er im Sommer selten ringsherum durch den Sumpf stapft. Er ist eher im Winter unterwegs und da sind die Flüsse nach denen wir fragen alle zugefroren. Wir können aber wohl bis nach Raudmyra einem Pfad folgen und dann sollen wir einfach Richtung Norden gehen. Mehr oder weniger wollen wir Martin Kettlers Route folgen, so sparen wir uns aber den ersten Bogen.

Dann noch eben bezahlen und los. Bezahlen? Christian meint, dass Markus schon alles für uns bezahlt hätte. Er habe seinen Hund wiedergebracht. Er könne alles haben, was er wolle. Daran merkt man, wie dankbar Christian ist, auch wenn er seine Gefühle sonst vielleicht nicht so offen zeigt. Wir sind trotzdem erstaunt und bedanken uns zig mal. Das waren dann jetzt 3 Nächte inklusive Abendessen und Frühstück und mitgebrachte Sachen vom Einkaufen – da haben wir bestimmt beide zusammen um die 400 Euro gespart.

Als wir dann alles gepackt haben und von der Hütte wieder zur Scheune gehen, sehen wir von weitem 4 Wanderer dort stehen. Sie winken uns. Wer ist das denn? Markus kommt schnell auf die Idee, dass es der andere Markus, Sonja, Caro und Tim sein könnten. Wir haben in Gaundalen per Videoanruf schon kurz mit ihnen geredet, da waren sie noch hinter uns. Dann haben sie jetzt wohl aufgeholt. Also stehen wir noch eine ganze Weile zusammen und quatschen. Sie wollen in östliche Richtung weiter, so wie Els gegangen ist. Und auch Markus bei seiner nächtlichen Rettungsaktion. Er kann also ein paar Tipps für die Flussquerung weitergeben. Markus und Caro & Tim gehen auch Norge på langs. Sonja geht den E1. Sie haben sich für diese Etappe zusammengetan, um das Blåfjell gemeinsam zu durchqueren. Das ist eben immer eine gute Idee, bei so wegloser Wildnis.

Bis wir dann losgehen ist es schon 11 Uhr. Und zumindest hat es aufgehört zu regnen. Wir verabschieden uns von Christian, der Elsa extra vorher schon ins Haus geschickt hat, damit sie uns nicht nachläuft. Jetzt, wo sie und Markus gestern zusammen unterwegs waren, ist das wohl sicherer. Und auf geht’s.

Erst folgen wir noch einer Traktorspur vom Hof runter, die in einer sumpfigen Wiese endet. Ah, da steht mitten auf der Wiese ein kleines Schild „Raudmyra“. Dann sollen wir hier abbiegen. Wir hatten uns schon gefragt, wie wir die Stelle erkennen sollen. Ab jetzt gehen wir nach Karte und Kompass. Zwischendurch regnet es immer mal wieder und die Wolken gönnen uns nur wenig Ausblick.

Vielleicht habe ich jetzt zu lange Pause gemacht, das Laufen ist richtig anstrengend. Markus sagt dasselbe. Wobei er wahrscheinlich eher noch die Anstrengung von gestern merkt. Meine Beine sind schwer und ich muss erstmal wieder reinkommen irgendwie. Die zig Mücken helfen da nicht gerade. Da aber nur die großen Stechmücken unterwegs sind und keine winzigen Knots, hilft mein Kopfnetz ganz gut.

Ich melde an, dass ich alle 5 Kilometer eine Pause machen möchte. Das ist eine gute Motivation und überschaubar. Das hilft mir heute bei Laune zu bleiben. Es geht über Hügel, östlich am Litlfjellet vorbei und möglichst oberhalb der Baumgrenze am Hang entlang. Wobei wir irgendwie immer einen leichten Rechtsdrall haben, wenn wir nach Kompass laufen. Wahrscheinlich peilen wir auch zu weite Strecken und müssten besser in kürzeren Abständen den Kurs neu einstellen. Aber bisher kommen wir trotzdem immer an. Nur dass wir hier zwischendurch doch zwischen Bäumen und Gestrüpp landen.

Wir durchqueren eine Senke und gehen dann wieder hoch Richtung Finnbuhøgdin und östlich daran vorbei. Rechts unter uns fließt der große Fluss Djuptjønnelva, wir müssen aber zum Glück etwas weiter nur einen Seitenarm queren, der nicht so breit ist und flach. Da können wir einfach über Steine balancieren.

Zwischendurch lichten sich die Wolken auch mal ein bisschen und geben den Blick auf die Berge in der Ferne frei. Hier mit dem See Djuptjønna davor.

Unsere zweite Pause machen wir am nächsten See und nutzen die Regenpause, um was Warmes zu essen. Es ist schon recht kühl, wenn auch zum Glück nicht ganz so windig. Gerade als ich meinen Kocher anmache, fängt es doch wieder an zu tröpfeln. Toll! Wir bleiben trotzdem noch ein bisschen sitzen und essen.

Der Weg um den riesigen See Snaufjellvatnet zieht sich etwas. Die Landschaft gefällt mir aber gut. Die sumpfige Wiese ist durchzogen von grauen, glatten Felsbuckeln.

Wir kommen allerdings den ganzen Tag schon nur schleppend voran und werden langsam müde. Nur ist es etwas schwierig hier einen Zeltplatz zu finden. Nach fast 15 Kilometern finden wir ein kleines Stück relativ trockene Wiese. Das wäre gut. Aber wir haben ja nicht mal 15 Kilometer geschafft… Also geht’s noch weiter. Wir wollen eigentlich etwas höher am Hang gehen, um der riesigen, sumpfigen Ebene auszuweichen. Da es keine Ebenen Plätze mehr gibt, gehen wir doch weiter runter. Zum See hin wird es aber nicht flacher, sondern sieht so aus. Wie sollen wir da nur einen Zeltplatz finden?

Hätten wir doch die erste Möglichkeit genommen. Ab jetzt wird jeder mögliche Platz näher begutachtet. Zu nass, zu schräg, zu hügelig. Bis wir fündig werden, ist es schon 20 Uhr. Etwas vor dem See Narrajaevrie bauen wir die Zelte auf einer nassen Wiese auf. Auch etwas hügelig, aber es geht.

Ich habe vorher noch Probe gelegen, habe das Zelt aber dann doch ein bisschen anders ausgerichtet. Wir fragen über meinen Notfallsender den Wetterbericht ab und ich baue mein Zelt mit dem First in Windrichtung auf. Dadurch habe ich genau unter dem Rücken dann einen Grasbuckel. Wenn ich mich umdrehe, geht es besser, dann ist er unter meinen Kniekehlen. Okay, so kann ich schlafen. Das war ein anstrengender Tag, wo wir gefühlt nicht viel vorwärts gekommen sind.


16,8 km
5:35 h
463 hm
327 hm
673 m