Laut Wetterbericht sollte es letzte Nacht nur mal nieseln und keinen starken Wind geben. Ich wache allerdings gegen 2 Uhr von heftigem Regen und Windböen auf. Gut, dass wir zur Vorsicht die Zelte komplett abgespannt hatten. Man weiß ja nie und einen Platz mit Windschutz gab es nicht. Ich liege immer wieder wach, döse weg und wache wieder auf. Gut, dass mein Zelt mit der unanfälligsten Seite im Wind steht, so fühle ich mich sicher. Irgendwann wird es ruhiger, aber als ich gegen 7 Uhr wieder aufwache, sind Regen und Wind zurück. Ich beschließe, so lange liegen zu bleiben bis es aufhört. Aus Markus‘ Zelt kann ich auch noch keine Geräusche hören, er wird sich dasselbe denken. Wobei es schwierig ist, überhaupt etwas zu hören beim Prasseln des Regens auf die Zeltplane. Um 9 Uhr packe ich dann mal zusammen und lasse nur das Außenzelt für Windschutz stehen. Da es nebelig wird und wieder anfängt zu regnen, setze ich mich darunter und koche erstmal noch einen Tee. Es sollten heute über 20 Grad werden – wo denn bitte? Dafür müsste sich die Sonne ja mal zeigen.
Wir beschließen den Schauer noch abzuwarten, auch wenn wir später wahrscheinlich sowieso nochmal nass werden, so wie es aussieht. Ich flicke meine Regenhose und ein Loch an meinem Rucksack und schreibe. Gegen halb 11 sind wir dann bereit, uns dem kalten Wind wieder zu stellen. Naja, oder jedenfalls eher getrieben davon, dass wir irgendwie nicht vorwärts kommen hier.
Wir ändern unseren Plan und nehmen nun doch den direkten Weg weiter über die sumpfige Ebene anstatt den Berg ein Stückchen hoch und am Hang entlangzugehen. Wir werden so oder so nass, beziehungsweise sind die Schuhe auch noch nass von gestern. Es geht über unebenen Boden mit niedrigen Büschen und nasse Wiesen.
Schade, dass wir gerade hier so schlechtes Wetter haben. Der ganze Sumpf wäre mit Sonne bestimmt nur halb so schlimm. Die Landschaft ist ja schon super schön. Aber dann – etwas später schaue ich mich um und grinse die Sonne an. Sie zeigt sich tatsächlich! Wenn auch nur kurz. Ich habe Markus letztens von dem norwegischen Film North of the sun erzählt. Die Sonne ist im Moment so ein seltener Anblick, dass mich das an die Szene erinnert, wo die beiden Jungs nach einem langen, dunklen Winter am anderen Ende der Bucht einen Sonnenfleck entdecken und sich nichts schöneres vorstellen können, als den ganzen Tag genau dort zu stehen.
Es sieht alles gleich viel heller und freundlicher aus. Die Wolken verstecken die Sonne zwar schnell wieder, aber nachmittags kommt sie nochmal etwas länger raus. Schön! Heute machen wir wieder im 5 Kilometer Rhythmus eine Pause. Wir steigen Richtung Finnhuva den Berg hinauf, um am Hang herumzugehen. Da sind wir uns manchmal nicht so einig, Markus möchte Höhenmeter am liebsten vermeiden, ich nehme da einfach den direkten Weg, wenn es nicht zu steil ist. Aber ich bin ja auch nach meiner Alpendurchquerung letztes Jahr gut im Training was Höhenmeter angeht. Da ist das hier nichts gegen. Blöd sind nur Büsche und Gestrüpp, das uns überragt und wo wir uns einen Weg durch suchen müssen. Das mag ich nicht so gerne, wenn man ständig an Ästen hängen bleibt. Zum Glück sind es nur kurze Abschnitte bis wir wieder freie Bahn haben.
An diesem Bach machen wir unsere erste Pause. Und, wie sollte es anders sein, wir machen Pause und es fängt an zu regnen. Es hört aber schnell wieder auf, nachdem wir die Wolken böse anschauen.
Als wir weitergehen, haben wir ständig einen sehr prominenten Berg im Blick, den Lurusneisa. Der gefällt uns echt gut. Und auch die Landschaft drumherum. Am liebsten würden wir unser Zelt aufstellen und bleiben. Aber andersherum freuen wir uns auch schon auf morgen, wenn wir das Blåfjell hinter uns lassen können. Wir freuen uns auf ein bisschen schnödes Straßen-Laufen!
Mit den ganzen Bachquerungen haben wir echt Glück. Wir schauen uns morgens auf der Karte an, wo wir furten müssen oder Bäche umgehen können und machen uns bei einigen dann schon viele Gedanken. Bis wir davor stehen und es dann meistens doch nicht so schlimm ist. Zum Glück! Das hier ist der nächste Bach, westlich vom Luruvatnet, der auf der Karte etwas breiter aussieht. Breit heißt aber bisher häufig auch flach, was gut ist. Wir durchqueren das Wasser in einer S-Kurve, wo die wenigste Strömung ist.
Und danach ist dann auch direkt die zweite Pause, nach 10 Kilometern, angesagt. Mit Blick auf den Wasserfall und noch ein bisschen Sonne im Gesicht.
Dann geht’s weiter am Hang des Pliehtjesvijne entlang und Richtung Fossdalen. Dieses Mal halten wir uns wirklich etwas höher am Berg, unten im Tal sieht es ziemlich sumpfig aus.
Noch ein paar schöne Spiegelungen. Das sieht doch gleich alles viel besser aus mit ein bisschen Sonne.
Und einem total orange verfärbten Himmel weit hinter uns. Ob es da wohl gewittert? Wir bekommen zum Glück nichts mit.
Wir stoßen am Hang jetzt immer wieder auf große, glatte Felsplatten. An den Stellen, wo ein schwarzer Belag drauf ist, muss man echt aufpassen. Das ist spiegelglatt. Vielleicht ist es eine Art Moos.
Der Himmel sieht super aus beim Blick zurück. Orange, ein großer Wolken-Halbkreis und darüber blau mit Sonne. Darunter sieht man auch die glatten Felsen.
Es geht runter, durch eine kleine Schlucht mit Bach, dann wieder hoch. Das ganze ein paar Mal. Statt Bach manchmal auch am Schneefeld entlang. Sogar 2 Mücken haben sich hier einfach ins Bild geschlichen. Solange wir in Bewegung sind, schwirren sie aber nur in Wolken hinter uns her.
Dann beginnt die Zeltplatz-Suche von neuem. Es ist uneben, felsig oder die Wiese steht unter Wasser. Keine guten Vorraussetzungen. Martin hatte mir einen guten Zeltplatz auf der Karte markiert. Wir halten die Augen offen, können uns aber nicht vorstellen, dass man hier irgendetwas findet.
Erst als wir fast genau an den Koordinaten stehen, stehen wir auf einer trockenen Wiese zwischen all den Tümpeln, Felsen und Sumpf-Wiesen. Ach wie schön, wir sind super dankbar für den Tipp. Ansonsten hätten wir wahrscheinlich noch ewig gesucht.
Nur die Mücken feiern hier auch eine Party, also schnell Schutz- bzw. Regenkleidung und Kopfnetz überziehen. Ein Stück weiter unten finde ich einen Bach, koche draußen noch schnell und verschwinde im Zelt. Dabei wäre es heute mal wieder echt schön, noch draußen zu sitzen.