Meine Beine und Füße haben sich gut erholt und tun nicht mehr weh. Draußen schüttet es und ist windig. Markus kramt herum und packt seine Sachen. Ich liege im Bett und schaue mir alles aus dem Schlafsack an. So sieht es aus.

Da Markus auch nicht wirklich in den Regen raus will, geht er rüber in den Frühstücksraum und fragt nach, ab wann wir einen Burger bekommen könnten. Nicht vor 12 oder 13 Uhr, heißt es. Es müsse ja auch noch aufgeräumt und geputzt werden. Das ist ihm zu spät, also macht er sich schon auf den Weg. Eventuell sehen wir uns später in der Sauvasshytta oder eben die nächsten Tage in einer anderen Hütte.

Ich bleibe noch ein bisschen im Bett liegen und schreibe. Bis ich fertig bin, ist es halb 11 und mich zieht es inzwischen auch raus. Ich packe meine Sachen. Da das Café aber offiziell um 11 Uhr öffnet, will ich auch nochmal mein Glück probieren. Vielleicht bekomme ich ja schon eine Waffel. Ich nehme alles mit und gehe rüber ins andere Gebäude. Die Dame scheint bessere Laune zu haben, natürlich würde ich schon etwas zu essen bekommen. Ja, wenn das so ist – dann gibt es noch einen Burger.

Ich sitze auch nicht lange alleine in der Stube. Ich lerne Mona kennen. Sie ist diejenige, die die NPL Hütte belegt. Sie ist Mittsommer um Mitternacht am Nordkap gestartet und geht südwärts. Auch eine coole Idee. Sie ist ultraleicht und ziemlich schnell unterwegs. Am Nebentisch sitzt ein älteres norwegisches Pärchen, die mir von ihrem Urlaub in Schweden erzählen. Sie seien gerade auf dem Weg nach Hause. Und mit Heike und Christoph quatsche ich auch noch eine ganze Weile. Nach noch einer Waffel und so viel quatschen, ist es dann schon 13 Uhr. Aber es ist schön, so viele nette Menschen kennenzulernen. Es gibt auch ein paar neue Bilder in der „Teeklatsch“-Galerie. Danke für eure zahlreichen Einladungen!

Jetzt geht es aber mal los. Es regnet auch gerade nicht. Über den Campingplatz und rein in den Wald Richtung Sauvasshytta.

Nach 1,5 Kilometern habe ich Heike und Christoph eingeholt, die gerade ihre Schuhe ausziehen zum Furten. Ich hole meine Trekkingstöcke raus und quere den Bach. Noch habe ich keine Ahnung, dass das die einfachste Querung heute wird. Ich warte auf der anderen Seite bis alle sicher drüben sind, dann gehe ich weiter. Wahrscheinlich sehen wir uns auch später an der Hütte.

Durch lichten Wald geht es den Berg hoch. Beim Blick zurück verschwindet der See schon fast im Nebel. Und auch nach vorne kann ich die Berge nur erahnen.

Und der Weg? Matschig eben, was auch sonst…

Es wird aber besser, als ich über der Baumgrenze bin. Und die Landschaft gefällt mir auch gut. Wenn es nur nicht so windig wäre. Ich verstecke mich hinter einem Felsen, um Handschuhe und Buff überzuziehen.

Das ist das erste Warnschild, das ich in den norwegischen Bergen sehe, was nicht auf unsicheres Eis hinweist. Hier herrscht Erdrutschgefahr.

Der Nebel wird dichter, als ich oberhalb des Vestre Sauvatnet hergehe. Auf dem Foto erkennt man es nicht so gut, aber es sieht lustig aus, wie die ganzen schmalen Bäche und Wasserfälle am Berg gegenüber scheinbar aus dem Nebel fließen.

Noch ein Stück weiter und ich stehe vor diesem breiten und tiefen Fluss. Ein Zufluss in den Vestre Sauvatnet vom etwas höher gelegenen namenlosen See 863. Scheinbar gab es hier auch mal eine Brücke, eine dicke Metallstrebe liegt noch im Wasser. Die Strömung ist ziemlich stark.

Ich gehe ein Stückchen weiter, direkt am See ist das Wasser ruhiger. Das sieht okay aus.

Was ich aber vom Rand nicht sehen konnte, ist, wie tief der Fluss doch in der Mitte ist. Es sind nur 3 Schritte durch das tiefe Wasser, aber dort reicht es mir bis zur Hüfte. Schon ein bisschen gruselig. Bei stärkerer Strömung würde man sich bei der Tiefe wahrscheinlich nicht mehr halten können. Aber es geht alles gut. Ich atme durch, als ich auf der anderen Seite stehe. Gut, dass es nicht mehr so weit zu Hütte ist. Ich bin bis auf die Unterhose nass und friere. Das war meine tiefste Furt bisher.

Aber es folgen noch mehr Hindernisse. Es geht am Hang des Saufjellets entlang. Die ganzen Bäche, die von links den Berg hinunterkommen, haben ziemlich Hochwasser. Das Wasser sucht sich neben dem Bachbett einen Weg über die Wiese und den Weg. Dieser reißende Bach ist zwar nicht so breit, aber ich finde ihn fast schlimmer, als den tiefen Fluss vorhin. Es kostet mich einiges an Überwindung meinen Fuß in die Strömung zu stellen. Auch wenn es im Endeffekt gar nicht so schlimm ist.

Jippieh, nur noch 1,5 Kilometer. Dann kann ich aus den nassen Sachen raus. Weiter gehe ich heute auch definitiv nicht mehr, das war genug Wasser für einen Tag.

Es folgen noch zig kleinere und größere Bäche. Aber im Gegensatz zu denen vorher, alles ein Klacks.

Beim letzten Anstieg geht es dieses Schneefeld hoch. Jetzt bin ich ja auch auf fast 1.000 Meter Höhe. Die Sauvasshytta ist die höchstgelegene Hütte dieser Region.

Über eine Kuppe und dann steht sie plötzlich da. Eine Überraschungshütte. Wobei Markus mir später erzählt, dass er die Hütte schon von unten gesehen hätte. Da war es bei mir wohl zu nebelig.

Die Hütte gefällt mir richtig gut. Drumherum kann ich nicht viel sehen. Den See Østre Sauvatnet und ein paar Felsen. Es wäre bestimmt traumhaft bei Sonnenschein. Drinnen ist es super gemütlich. Ich hatte mir schon gedacht, dass Markus bei dem Wetter nicht weitergeht, sondern auch hierbleibt. So ist der Ofen schon an und es ist schön warm. Ich schäle mich schnell aus meinen nassen Klamotten und hänge alles vor den Kamin.

Manchmal lassen Wanderer Essen auf den Hütten, wenn sie zu viel mitschleppen oder am Ende der Tour noch was über haben. Markus hat in der Nebenhütte ein paar Tütensuppen gefunden. Das ist jetzt genau das Richtige. Ich mache mir eine Champignon-Suppe zum Aufwärmen. Dann mache ich es mir auf der Couch gemütlich und stöbere im Hüttenbuch.

Die Hütte hätte die perfekte Größe zum Leben. Wir vermessen sie mit Schritten und kommen auf ungefähr 5 mal 5 Meter. Das merke ich mir. Davon gehen hier noch 3 Schlafräume und ein Vorraum ab. Und das Plumpsklo ist, wie meistens, draußen im Holzschuppen. Markus und ich suchen uns immer den Schlafraum am weitesten weg vom Kamin und machen dann oft auch noch das Fenster auf. Wir mögen es beide eher kühl zum Schlafen.

Manchmal lichtet sich der Nebel so weit, dass man bis zum großen See unten gucken kann. Wir schauen immer wieder mal, ob Heike und Christoph in Sicht kommen. Hoffentlich kommen sie auch heile über alle Bäche. Tun sie, sie stehen 2 Stunden später klitschnass in der Tür und wollen auch nicht mehr weiter. Interessant ist, dass wir alle eine andere Stelle gewählt haben, um den tiefen Fluss zu queren. Markus ist ein ganzes Stück zurück gelaufen und ist an einer breiten Stelle rüber, wo es nicht so tief war. Und Heike und Christoph sind komplett um den namenlosen See herumgelaufen und haben dafür viele kleine Bäche queren müssen. Was die beste Variante war? Wer weiß, alle sind heile auf die andere Seite gekommen.

Ich frage über mein Notfallgerät das Wetter ab. Morgen soll ein richtig schöner Tag werden. Der einzige in nächster Zeit. Das will ich ausnutzen. Also gehe ich früh ins Bett und stelle meinen Wecker auf 6 Uhr.


11,6 km
2:55 h
625 hm
144 hm
986 m