Als ich heute Nacht eine Weile wach lag, ist mir plötzlich eingefallen, dass es ja auch noch Sonntage gibt. Heute morgen schaue ich nochmal nach und tatsächlich würde ich genau am Sonntag vor der geschlossenen Post stehen mit meiner aktuellen Planung. Und da ich danach den Tag an Supermarkt und Sportladen vorbeikomme, darf auch da kein Sonntag sein. 2 Tage schneller zu sein, wird schwierig, also muss ich wohl einen Tag vertrödeln, dass ich erst am Montag an der Post vorbeikomme.

Mit der dünnen Matte war es ein bisschen kühl von unten, aber noch okay. Trotzdem bin ich um 4 Uhr schon hellwach und eigentlich bereit loszugehen. Ich liege ein bisschen herum und falle doch nochmal in einen dämmrigen Schlaf. Draußen regnet es sowieso. Ich schreibe noch eine Weile und gegen 9 Uhr haben wir alles gepackt und gehen los. Heute wieder in Regenmontur.

Ziel ist die Virvasshytta. Wir gehen das Kvepsendalen entlang, links der Fluss, rechts das Ardekfjellet. Nach nicht einmal 2 Kilometern kommen wir an der Kvepsendalskoia vorbei, einer kleinen Nothütte. Ich erwarte nicht, jemanden anzutreffen und erschrecke mich ein bisschen, als ich die schwergängige Tür aufbekomme und Heike und Christoph drinnen hocken. Sie haben hier übernachtet und unsere Zelte gar nicht gesehen auf dem Weg hierher. Wir quatschen kurz und gehen dann weiter. Wir werden uns bestimmt nochmal über den Weg laufen in den nächsten Tagen.

Es geht erst ein bisschen hoch bis zum See Kvepsendalstjønna und dann wieder hinab. Ein schöner Weg. Da die Wolken wieder so tief hängen, sehen wir nicht viel. Aber oben auf den Bergen liegt scheinbar noch eine ganze Menge Schnee.

Die Felsen hier gefallen mir gut. Eine Art kleine Schlucht. Wobei ich mir immer wieder denke, wenn ich abends die Fotos von meiner Kamera aufs Handy ziehe, dass es in Wirklichkeit so viel schöner aussah. Wenn ihr euch nur kurz herbeamen könntet zu den schönen Orten. Aber nein, das geht auch nicht, man muss es sich schon erlaufen, dann ist es am schönsten.

Kurz vor dem See kommen uns 2 Männer entgegen. Angler, die die ganze Woche hier sind. Das Wetter ist ihnen wohl egal, sie hoffen nur auf viele Fische. Etwas weiter würden wir ihr Lager sehen. Sie hätten ein Tarp zwischen die beiden Zelte gespannt, so wäre es ganz gemütlich.

Als wir um den See herum sind, entdecke ich auch diesen kleinen Strand. Nicht gerade der Ausblick, den man sich vorstellt beim Gedanken an Strand. Es ist eben ein Fjell-Strand.

Markus und mein Tempo und auch wann wir Pause machen wollen, passen heute gar nicht zusammen. Also treffen wir uns einfach später an der Hütte. Ich mache auf einem Felsen kurz Pause und esse ein paar Nüsse. Dann geht es weiter über diese weite, sumpfige Ebene.

Die grünen Hügel mit den paar Bäumen sehen ganz mystisch aus da hinten im Nebel.

Auf der Karte sind 2 Flüsse eingezeichnet, die wir queren müssen. Der erste ist super einfach. Der Wasserfall fließt nämlich unter den Felsen her, also hat man eine trockene Brücke rüber.

Beim zweiten Fluss überhole ich Markus, der seine Schuhe auszieht. Aber Gedanken machen muss man sich nicht, das Wasser ist nur knöchelhoch und hat gar keine Strömung. Das weiß man halt nie vorher. Es bleibt immer spannend, bis man davor steht.

Es geht ein kurzes Stück durch den Wald. Ich schaue kurz in die Vardfjellkåta rein, mache die Tür aber schnell wieder zu. Ich weiß nicht, was die Leute in diesen Gammen veranstalten, das sind doch keine Mülldeponien. Hier stinkt es ziemlich. Das ist echt schade! Die offenen Schutzhütten sind alle gut gepflegt, aber ich wollte mich bisher in kaum eine der Gammen reinsetzen.

Dann geht es wieder hinauf und dieser Weg über das Slettfjellet ist eine echte Wohltat. Der Boden ist trocken und man kann hier super gut laufen. Einfach mal ein einfacher, schöner Wanderweg. Der Pfad ist gut sichtbar und man kann sich gut umschauen beim Gehen. Kurz nach dem Vardfjelltjønna kommt der große Virvatnet in Sicht. Da unten am Westufer liegt die Hütte. Man kann sie auch schon sehen, genau in dem Sonnenfleck.

Es ist gerade mal halb 2, als ich an der Virvasshytta ankomme. Auf dem Weg habe ich schon überlegt, noch ein Stück weiterzugehen, aber jetzt mache ich hier erstmal Pause und warte auf Markus. Ich schließe auf und fühle mich direkt total unwohl. Ich stehe in einem engen, langen Flur. Ich mache einen Rundgang durch das große Haus mit zig Türen. In der Küche steht dreckiges Geschirr und es ist alles total zugestellt und es steht so viel Kram herum. Nein, das ist gar nicht meins. Außerdem gibt es hier drinnen mehr Mücken als draußen und ständig piepen die Rauchmelder an der Decke. Hier schlafe ich auf keinen Fall. Falls ich bleiben sollte, stelle ich lieber draußen mein Zelt auf. Ich mache in der oberen Etage den Kamin an, um meine Sachen zu trocknen. In den Küchenschränken finde ich Kakao, Blaubeersirup, Sauerkraut, Popcornmais und Zucker. Mal was anderes, dann gibt es heute Popcorn.

Als Markus ankommt, meint er, dass er sich überlegt habe, noch ein Stück weiterzugehen. Top Idee, da bin ich dabei. Aber er will auch erstmal Pause machen und seine Sachen trocknen. Und wir nehmen uns vor, Popcorn zu essen, bis wir Bauchschmerzen bekommen. Okay, vielleicht nicht ganz so viel. Und erstmal gibt es das Sauerkraut. Es ist allerdings scheinbar gesüßt und schmeckt mir nicht so gut. Weiter zum Popcorn. Ich mache immer nur eine kleine Portion, da es warm am leckersten ist. Das funktioniert echt super auf dem Gasherd, ohne dass es anbrennt. Es wird von Portion zu Portion besser und so hängen wir auf der Couch, trinken warmen Blaubeersirup (mit viel Wasser) und futtern Popcorn.

Jetzt wäre ein bisschen Bewegung gut. Ein Verdauungsspaziergang sozusagen. Also gehen wir gegen halb 5 weiter. Unten sitzen inzwischen 4 junge Mädels. Sie waren letzte Nacht schon hier und wollten noch bis morgen bleiben. Aber da das Wetter echt schlecht werden soll, fahren sie heute Abend schon heim. Ich bin gespannt, alle erzählen uns im Moment von dem schlechten Wetter morgen. Ich habe auch schon auf die Karte geschaut, da es von hier noch einen alternativen Weg auf einer Schotterstraße unten durchs Tal gäbe. Aber das wäre schon ein Umweg und man müsste am Ende ein ganzes Stück an der E6 laufen.

Wir gehen stattdessen den Berg hinauf ins Virvassfjellet. Erst ein kleines Stück durch den Wald, mit Blick zurück auf die Hütte und den Berg auf der anderen Seite, wo wir hergekommen sind.

Noch ein Stück höher und ich sehe nur noch Gras in allen möglichen Grün- und Brauntönen. Ich bin total fasziniert von dieser Weite. Sanfte, grüne Hügel und weit und breit einfach nichts anderes. Außer mal ein kleiner See oder ein Bach.

Markus fühlt sich nicht ganz so gut und hat Kopfschmerzen. Also gehen wir ganz langsam den Berg hoch. Statt der üblichen Mini-Pause nach 100 Höhenmetern, rufe ich alle 50 Höhenmeter schon „Trinkpause“.

Kurz vor dem Fluss Daudmannselva, sehen wir in der Ferne eine kleine Hütte. Stimmt, da hatte ich gar nicht mehr dran gedacht. Hier oben steht ja eine Nothütte, die Corraskoia. Sie liegt zwar etwas ab vom „Weg“, also von den Markierungen, aber da zieht es uns hin. Ich freue mich richtig, als wir ankommen. Die Hütte ist ja ein Traum. Innen und außen. Schaut mal, wie urig und gemütlich. Das gefällt mir!

Wir machen den Kamin an, wärmen uns auf und breiten unsere Schlafsäcke einfach auf den Sitzbänken aus. Heute wird bestimmt keiner mehr vorbeikommen.


22,5 km
5:40 h
844 hm
569 hm
972 m