Heute scheint die Sonne. Und ich fühle mich jeden Tag ein kleines bisschen besser. Nicht gut und nicht fit, aber besser. Heute versuche ich, nach Fauske zum nächsten Campingplatz zu kommen. Auch wenn das 25 Kilometer sind. Danach kommt dann schon Straumen, wo ich mein nächstes Paket bekomme und sowieso Pause machen wollte. Da würde ich dann bleiben, bis ich wieder komplett fit bin. So der Plan.

Als ich gerade meine Schuhe anziehe, höre ich ein leises Knistern. Das hört sich an, wie… Nein, ernsthaft? Meine neue Luftmatratze löst sich schon wieder auf! Und das nach der dritten Nacht. Das kann doch echt nicht sein. Im Moment läuft aber auch alles schief!

Ich habe keine Lust, nochmal in die Stadt rein und damit in die entgegengesetzte Richtung zu laufen, als da, wo ich eigentlich hin muss. Dann gehe ich eben in Fauske in den Sportladen, da gibt es zwei. Ich gönne mir aber noch eine Dusche, bevor ich packe. Und schaue mich ein wenig um, ein Stück weiter führt ein langer Steg ins Wasser.

Dann mache ich mich auf den Weg. Heute steht ein Straßen-Tag an. Ich werde der E6 leider nicht die ganze Zeit ausweichen können. Aber die ersten Kilometer kann ich einer kleinen Nebenstraße folgen.

Wahrscheinlich ist es die alte E6, bevor sie ausgebaut wurde. Diese dient jetzt nur noch als Radweg. Und Wanderern, wie mir. Eigentlich gehe ich diesen Weg ja nur, weil man nicht viele Optionen hat, wenn man in Norwegen bleiben möchte. Ich umgehe so den Gletscher Blåmannsisen, den ich nicht queren wollte. Schon mal gar nicht alleine. Ganz am Anfang meiner Planung habe ich das überlegt, aber das war eine Schnapsidee. Gletscher betritt man nicht alleine und erst recht nicht ohne Erfahrung. Und ohne den Gletscher bleibt einem nur die Straße. Die anderen NPLer gehen hinter Sulitjelma alle nach Schweden rüber.

Zum Glück kann ich auch alle Tunnel, die auf der Strecke nach Fauske liegen, auf der alten Straße umgehen. Da hätte ich gar keine Lust durchzulaufen. Und sie sind auch so eng, dass das etwas gefährlich wäre. Um den Kjenesnakken und ersten Tunnel ist die Straße noch ganz komfortabel. Sie ist gut erkennbar, wenn auch an den Seiten mit Moos bedeckt und eine Fahrspur ist teilweise zugewachsen. Langsam holt sich die Natur das Gebiet zurück. Der zweite Teil führt vorbei an steilen Felswänden. Hier ist schon einiges runtergekommen, schnell weiter.

Die Straße führt die ganze Zeit direkt am Fjord entlang. Links das Wasser, rechts steile Felsen und dichter Wald.

Ich mache an einem Rastplatz mit Picknickbänken Pause. Und komme mit einem Pärchen aus Limburg ins Gespräch. Sie kommen gerade von den Lofoten zurück und wollen rüber nach Schweden, da dort das Wetter besser sein soll. Das habe ich jetzt schon häufiger gehört mit dem besseren Wetter auf der anderen Seite der Grenze. Sie versorgen mich mit Essen, dass sie zu viel dabei haben. Wow, vielen Dank! Ich bekomme Apfel, Banane, ein paar deutsche Tütensuppen und eine große Flasche Wasser. Das Wasser ist am besten, da es hier kaum Möglichkeiten zum Auffüllen gibt. Als sie sich verabschieden, drückt die Frau mir noch eine Karte in die Hand. Wenn ich Lust hätte, solle ich mich auf der Internetseite mal umschauen. JW.org – das waren dann wohl Zeugen Jehovas.

Nachdem ich heute morgen schon eine E-Mail wegen meiner Luftmatratze geschrieben hatte, rufe ich jetzt bei dem Laden an. Dann muss ich nicht so lange auf die Antwort warten. Ich soll die neue Adresse per E-Mail schicken und dann verschicken Sie heute nochmal eine neue Matte. Die Kaputte kann ich zurückschicken, wenn ich morgen in Fauske bin. Na gut, wäre das auch geklärt. Dann muss ich jetzt wohl in Straumen bleiben, bis das Paket da ist.

Der nächste Tunnel ist gerade einmal 170 Meter lang. Aber auch hier nehme ich die Straße außen herum. Wobei es eigentlich nur noch ein Pfad durch hohe Wiese und Gestrüpp ist. Darunter ist zwischendurch ein bisschen aufgebrochener Asphalt erkennbar. Gerade, als ich auf die Karte schaue und mich frage, wie ich noch 10 Kilometer mehr schaffen soll, komme ich an einem möglichen Zeltplatz vorbei. Dem einzigen bisher. Die Entscheidung ist schnell getroffen, dass ich hier bleibe. 15 Kilometer scheine ich ganz gut zu schaffen im Moment. Bei mehr wird es echt anstrengend und ich schleppe mich nur noch vorwärts.

Also baue ich mein Zelt auf dem Stück Wiese schon gegen 16 Uhr auf und mache mir eine Hühnersuppe, die ich vorhin bekommen habe. Mit dem Sprudel, anderes Wasser habe ich nicht mehr. Aber die Kohlensäure geht ja eh raus beim Kochen.

Dann lege ich mich hin und ruhe aus. Als ich gegen 21 Uhr nochmal kurz raus muss, sieht der Himmel echt gut aus. Sonnenuntergang über dem Skjerstadfjorden.

Ich schaue nochmal auf die Karte und buche eine Unterkunft in Fauske für morgen Nacht. Bis in die Innenstadt sind es ungefähr 15 Kilometer und dann ist es nochmal genauso weit nach Straumen. Das passt doch super, wenn ich die Distanz im Moment gut gehen kann. Und dann habe ich in Fauske genug Zeit, alles zu erledigen, was noch auf meiner Liste steht. Außerdem schreibe ich mit Markus, der im Moment Pause in Sulitjelma macht. Er war heute schon mit dem Bus in Fauske und will morgen nochmal hin. Also verabreden wir uns zum Essen. Hoffentlich kommt bald auch mal mein Appetit wieder. So schnell sehen wir uns dann doch wieder, das hätte ich ja nicht gedacht. Wäre ich nicht krank geworden, wäre ich gestern schon an der Ragohytta gewesen und längst über alle Berge.


15,9 km
3:10 h
216 hm
114 hm
94 m