Heute geht es früh los. Ich hoffe, noch bevor es wieder so heiß wird, schon einige Höhenmeter hinter mich zu bringen. Davon gibt es nämlich eine Menge heute. Ich stelle mir also ausnahmsweise mal den Wecker, bin aber doch wieder wach bevor er klingelt. Um 20 nach 5 gehe ich los. Es ist richtig angenehm, bewölkt und noch schön kühl so früh am Morgen.

Ich gehe durch den kleinen Ort und lasse die schöne Kirche mit den 2 Türmen hinter mir.

Und dann geht es in den Wald und steil hinauf. Der Weg ist allerdings so zugewuchert von Brennesseln und Disteln, dass ich bald meine Regenhose als Schutz überziehe. Zwischendurch kann man mal ein kurzes Stückchen besser gehen, dann wieder den Pfad kaum erkennen. So geht das eine ganze Weile. Immer höher, bis ich einen schönen Blick zurück habe. Die Wolken hängen tief, so langsam kommt aber die Sonne durch und es wird immer wärmer.

Ein kurzes Stück geht es über eine Forststraße und ich freue mich darüber, ein bisschen entspannter auf dem breiten Weg gehen zu können. Kurz darauf geht es aber wieder in steilen Kehren über einen schmalen Pfad.

Nach den ersten 800 Höhenmetern komme ich aus dem Wald und es wird felsiger. Da habe ich mich schon die ganze Zeit drauf gefreut. Allerdings bin ich wohl ein bisschen blind vor Begeisterung. Erst geht es über große Felsblöcke höher.

Noch weiter oben ragt eine senkrechte Felswand vor mir auf. Daran entlang und drumherum wird wohl der Weg führen. Der Weg ist bisher sehr gut markiert, dann übersehe ich aber eine Markierung. Ich gehe fest davon aus, dass der Weg weiter nach oben führt. Ich stehe allerdings vor einer Rinne, wo man erstmal auf einen großen Felsblock rauf muss bevor man weiter hochklettern kann. Ich schaue mich unschlüssig um, entdecke aber nirgendwo eine Markierung, komisch. Hier komme ich jedenfalls nicht hoch. Also gehe ich wieder ein Stück zurück und finde eine andere Rinne, wo ich vorsichtig hochklettern kann. Auch oben sehe ich keine weitere Markierung. Allerdings könnte das schon ein Pfad sein hier. Also klettere ich weiter an der Felswand entlang. Zwischendurch muss ich allerdings den Rucksack absetzen, um mich durch schmale Spalten zu quetschen oder hohe Stufen hinab zu kommen. Ich erschrecke mich ein bisschen, als mein Blick auf meine Beine fällt. Beide sind blutverschmiert. Da bin ich wohl irgendwo am Fels entlang geratscht. Es ist aber nicht so schlimm, wie es aussieht, nur eine Schramme seitlich vom linken Knie. Dann stehe ich vor einer Kante, ein paar Meter unter mir ein Geröllfeld. Und etwas entfernt sehe ich auch eine Wegmarkierung. Na toll, dann muss ich wohl falsch gegangen sein. Irgendwie muss ich hier wieder runter kommen. Also klettere ich auf demselben Weg wieder zurück, auf der Suche nach einer Stelle, wo ich runter zum Geröllfeld komme. Mit dem Rucksack ist das allerdings etwas schwierig. Als ich eine Stelle finde, die funktionieren könnte, lasse ich meinen Rucksack herunterfallen, setze mich auf den Hintern und rutsche und klettere so den Abhang hinab. Puh, alles gut gegangen. Das hat mich jetzt mindestens eine halbe Stunde herumirren gekostet, das hätte nicht sein müssen. Zwischendurch wollte sich schon Panik in mir ausbreiten, aber zum Glück nur ganz kurz. Jetzt erstmal durchatmen. Mit Schnee wische ich mir das Blut von den Beinen. Mein Rucksack hat leider auch ein paar Schrammen abbekommen, das ist ärgerlich. Die Netztaschen an den Seiten sind eingerissen, aber man kann sie noch weiter benutzen.

Auf dem Geröllfeld kann man den Pfad dann wieder ganz gut erkennen und es gibt alle paar Meter eine Markierung. Es ist zwar steil und ich rutsche mit jedem Schritt wieder ein bisschen zurück, aber das kriege ich jetzt auch noch hin. Es können nur noch 100 Höhenmeter sein, bevor es erstmal wieder hinab geht. Als nach der nächsten Ecke im Fels noch ein Geröllfeld folgt, das ich vorher noch nicht sehen konnte, schimpfe ich laut mit dem Berg. So schnell kriegt er mich aber nicht klein!

Am Schoderkreuz angekommen, mache ich erstmal eine Pause. Allerdings nicht so lange, ich habe noch ein ganzes Stück vor mir heute. Von hier könnte man auch weiter auf den Lugauer gehen, mir reicht heute aber das umrunden.

Jetzt geht es über Wiesen und durch den Wald wieder bergab. Dann weiter über die Scheucheggalm bis in den Hartelsgraben. Zwischendurch werden die Kehren der Forststraße wieder über zugewucherte Pfade durch den Wald abgekürzt.

An einer Jagdhütte kann ich nochmal mein Wasser auffüllen, es ist schon wieder so heiß inzwischen. Gut, dass ich so früh losgegangen bin und die meisten Höhenmeter schon hinter mir habe. Es folgen aber trotzdem nochmal 600 oder so.

Bis zur Sulzkaralm geht es über Weiden und durch lichten Wald. Ein sehr schöner Weg. Und dann taucht eine kleine, urige Holzhütte vor mir auf. Vor der Hütte sitzt ein Mann und spielt Gitarre und singt dazu. Das ist ein schönes Bild, dahinter die hohen Felswände, drumherum Wiese und ein Bachlauf. Hier gefällt es mir.

Der Mann fragt, ob ich was trinken möchte. Eine kleine Abkühlung vor dem letzten Anstieg kann nicht schaden, also setze ich mich zu ihm. Michel lebt im Sommer mit seiner Frau und den beiden kleinen Kindern hier oben. Im Moment bereiten sie alles für die Kühe vor, die nächste Woche hier raufgebracht werden. Er war selber schon Weitwanderer und ist ganz begeistert von meinem Vorhaben. Er versorgt mich mit frischen Erdbeeren, Trauben und Pfirsichen. Das tut gut! Frisches Obst oder Gemüse bekommt man eher selten auf den Hütten. Bezahlen brauche ich auch nichts. Er bietet mir noch eine Matratze an, aber ich habe auf der Hesshütte schon reserviert und keinen Empfang, um wieder abzusagen. Also geht’s noch weiter.

Und nun folgt der schönste Teil des Weges heute. Eingekesselt von Felswänden, geht es weiter über die Sulzkaralm und am Ende steile Kehren hoch zum Sulzkarhund.

Die letzte halbe Stunde bis zur Hesshütte gehe ich wieder durch den Wald hinab. Und dann ist es geschafft – was für ein Tag!

Es folgt ein gemütlicher Hüttenabend, wo ich von den anderen Gästen über meine jetzige und die Deutschland-Wanderung ausgefragt werde. Ich sitze mit einem Pärchen zusammen. Später gesellt sich Herbert dazu, ein 80-jähriger, immer noch fleißiger Wanderer. Auch der Hüttenwirt, Polde, und Antonia, die im Moment hier aushilft, setzen sich zwischendurch zu uns. Außerdem gibt es noch Unterhaltungsprogramm. Auf ORF kommt heute eine Sendung über das Gesäuse, also die Region hier, wo auch die Hesshütte drin vorkommt. Wir sitzen alle um den Laptop herum, es ist sehr lustig.

Ich glaube, die Höhenmeter heute stimmen nicht so ganz, so nah an den Felsen, war das GPS Signal nicht so gut. Da sieht man ein paar Sprünge auf der Karte. Aber viel war es so oder so.


22,5 km
9:00 h
1993 hm
894 hm
1786 m