Auf geht’s in den Nebel. Es ist nicht aufgeklart, es sieht also schlecht aus für meine beiden Gipfel heute. Aber das schauen wir dann oben mal. Um kurz nach 7 Uhr gehe ich los. Über die Wurzeralm bis zum Brunnsteinersee geht es nur leicht bergauf. Über mir sehe ich nur weiß.

In schmalen Kehren geht es dann steil hinauf zum Rote-Wand-Sattel. Wenn ich zurückschaue, sehe ich nicht mehr, wo ich hergekommen bin. Der Nebel hat mich verschluckt. Den Pfad und die Wegmarkierungen vor mir kann ich aber gut erkennen. So dicht ist der Nebel dann doch nicht, ich schätze, ich habe so 20 Meter Sicht, mal mehr, mal weniger. Da hinten kann ich noch ein Schneefeld erahnen.

Zum Glück machen mir der Rucksack und die Höhenmeter heute nichts aus, meine Form ist zurück.

Die Rote Wand wäre mein erster Gipfel gewesen. Hinter mir geht es 50 Höhenmeter runter und dann wieder hoch. Aber das bringt ja nichts bei dem Nebel. Es würde wahrscheinlich überhaupt nicht anders aussehen, als genau hier, nur mit Kreuz. Ein bisschen traurig bin ich schon, ich schlage doch so gerne am Gipfelkreuz an. Aber okay, dann geht’s auf der anderen Seite eben weiter den Berg hoch.

Der Weg ist so wunderschön. Selbst bei dem Nebel. Ich wünschte echt, ich könnte sehen, was so um mich herum ist.

Es wird immer windiger, dann habe ich bestimmt gleich den Grat erreicht. Bisher bin ich wohl auf der dem Wind abgewandten Seite gegangen. Und tatsächlich, noch ein paar Schritte – und dann muss ich laut lachen. Das kam jetzt überraschend! Ich kann was sehen und bis ins Tal hinab schauen.

Das Bild ändert sich sekündlich. Es ist ziemlich windig hier oben und ständig steigen weitere Nebelschwaden auf. Von links bin ich gekommen. Kaum mehr vorstellbar, wenn man sich die Kante und das Meer aus Nebel dahinter anschaut.

Leicht auf und ab geht’s weiter über die Speikwiese. Links die weiße Wand, rechts der Talblick. Allerdings ziehe ich erstmal Mütze, Handschuhe und Regenjacke über. Es ist ziemlich kalt.

Vor dem nächsten Anstieg führt ein schmaler Pfad über ein großes und steiles Geröllfeld.

Dann folgen nochmal ungefähr 200 Höhenmeter die Felsen hoch. Man braucht hier immer wieder die Hände zum Festhalten, aber es ist eine einfache Kletterei. Mir kommt eine Familie entgegen, eine Frau und 5 Kinder. Die machen solche Wanderungen scheinbar öfter, die Kinder wirken alle ziemlich fit und sicher auf den Felsen. Dann bin ich ja nicht die einzige, die bei so einem Wetter hier oben herumturnt. Sie kommen von der Zellerhütte, meinem Ziel für heute.

Die Landschaft ist so wunderschön hier. Und der Nebel macht das ganze irgendwie noch spannender. Die Felsen haben etliche Stufen, sind von tiefen Kratern durchzogen und an den Hängen hängen noch dicke Schneefelder.

Dann erreiche ich den Abzweig zum Warscheneck. Laut Schild ist es nur eine halbe Stunde bis zum Gipfel. Allerdings weiter hinein in die Wolke. Das brauche ich gerade nicht. Es ist eisig kalt und der Wind peitscht mir den Regen ins Gesicht. Vielleicht sind es auch Hagelkörner, es tut jedenfalls ziemlich weh auf der kalten Haut.

Hier kann man sich selber ausdenken, wie der Gipfel aussieht.

Ich mache mich also stattdessen an den Abstieg zur Hütte. Über Felsen und durch Latschenfelder geht es abwärts.

Inzwischen knurrt mein Magen ziemlich und Durst habe ich auch. Mein Wasser ist eiskalt, das tut schon an den Zähnen weh. Ich hoffe, dass ich bald einen windgeschützten Platz für meine Mittagspause finde. Dann gibt es was warmes zu Essen und ich kann auch mein Wasser warm machen.

Ein ganzes Stück weiter komme ich an einem Schild vorbei – Schallerkogel 5 Minuten. Oh, da komme ich wohl doch noch zu einem Gipfel heute. Nichts wie hin. An diesem süßen Gipfelkreuzchen mache ich dann auch Pause.

Während ich esse, weht der Wind noch 2 dicke Wolken in meine Richtung, die auf mich herabregnen. Also sitze ich da in Regenhose und -jacke und genieße trotzdem mein Essen und den Tee. Und als ich aufgegessen habe, kommen ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Jetzt kann ich zumindest kurz ein paar weitere Berge sehen.

Zur Hütte geht es dann in Kehren durch den Wald weiter hinab. Es ist echt rutschig auf den Steinen und Wurzeln. Einmal rutsche ich aus, lande aber auf weicher Erde.

Gegen 15 Uhr erreiche ich die Hütte und werde schon erwartet. Ich bin mal wieder der einzige Gast.

Hier übrigens mal ein Bild vom Lager. Für alle, die es nicht kennen. Das hier ist ein recht geräumiges Lager, natürlich mit Corona-konformen Trennwänden zwischen den Schlafplätzen. Normalerweise schläft man dicht an dicht. Es gibt auch viel engere Lager, wo einfach 10 oder 20 Leute in einer Reihe nebeneinander schlafen. Oder Etagenbetten mit 4 Ebenen, wobei das eher selten ist.


10,0 km
5:10 h
933 hm
772 hm
2268 m