Die erste Herausforderung heute ist es, die Schuhe und Socken aus dem Trockenraum zu holen, ohne umzufallen. Stellt euch einen kleinen beheizten Raum vor, wo bestimmt 50 Paare nasse und stinkende Wanderschuhe drin stehen.
Die ersten 20 Minuten des Weges kenne ich schon von gestern. Heute nehme ich dann aber den Abzweig Richtung Pühringerhütte. Es geht den Hang zwischen Latschen und über Felsen hinauf.
Es wird noch felsiger und der Pfad führt über Geröllfelder und große Felsblöcke. Zwischendurch muss immer wieder ein kleines Schneefeld gequert werden. Man kann aber alles gut gehen. Ich gehe ein Stückchen mit einem jungen Pärchen aus Wien zusammen, die mit ihrem Hund hier unterwegs sind. Sie wollen sich aber nur die Flugzeugteile anschauen, die hier von einem Flugzeugabsturz 1942 noch herumliegen. Dann gehen sie zurück zur Hütte und machen einen Entspannungs-Tag.
Die Landschaft ist wieder genau nach meinem Geschmack, nur Felsen. Die Schneefelder werden allerdings immer mehr und größer. Da ziehe ich doch lieber meine Grödel über die Schuhe, damit ich ein bisschen mehr Halt habe. Heute ist hier scheinbar noch niemand hergegangen, es gibt keine frischen Spuren im Schnee. Es ist ganz schön anstrengend für jeden Tritt erst eine Kerbe in den Schnee zu treten, um nicht abzurutschen.
Hinter mir ist noch eine kleine Gruppe, die mich überholt als ich meine Grödel wieder ausziehe. Von der Sprache denke ich erst, dass es Holländer sind, aber es sind Belgier. Einer von ihnen wohnt in Wien und hat gerade Besuch von seinen 4 Geschwistern. Sie machen zusammen eine Hüttentour, 3 Brüder und 2 Schwestern. Sehr cool! Wir quatschen recht lange über meine Wanderung. Im Laufe des Tages überholen wir uns noch ein paar Mal gegenseitig, sie wollen auch zur Pühringerhütte.
Die Schneefelder sind teilweise ziemlich steil. Und wenn ich denke, dass es gleich geschafft ist, kommt doch noch ein weiteres Schneefeld. Man geht mehr über Schnee als über Fels. Meine Schuhe sind auch schon ziemlich nass inzwischen, da immer wieder Schnee oben reinkommt.
Auf dem Temlbergsattel ist dann Pause angesagt. Ich will Wasser kochen, um mein Essen aufzuschütten. Allerdings ist meine Gaskartusche leer, bevor das Wasser richtig warm ist. Da muss ich im nächsten Tal mal schauen, ob ich eine neue Kartusche bekomme. Dann muss ich eben ein bisschen länger warten, bis alles eingeweicht ist. Ich nutze die Zeit und plane noch die nächsten Tage weiter. Hier oben habe ich ein bisschen Empfang. Mir wurde schon angekündigt, dass ich dann die nächsten beiden Tage bis zur Loserhütte kein Netz mehr haben werde. Wobei genau die Loserhütte gerade mein Problem ist. Da wollte ich eigentlich morgen übernachten und von dort dann absteigen nach Bad Goisern. Als ich vor ein paar Tagen angerufen habe, wurde mir gesagt, dass sie nur bei schönem Wetter aufhaben. Gestern hieß es dann, dass morgen Ruhetag ist. Ansonsten gibt es noch das Appel-Haus auf dem Weg. Von dort ist es dann aber noch ein sehr langer Abstieg mit über 2000 Höhenmetern bis ins Tal. Und draußen schlafen wollte ich eigentlich nicht, da hier überall Naturschutzgebiet ist. Also entscheide ich mich doch für das Appel-Haus und reserviere mir einen Schlafplatz. Dann nochmal Zuhause anrufen, essen und weiter geht’s. Inzwischen ist mir sowieso ziemlich kalt vom Wind.
Meine Hoffnung, dass man ohne weiteren Schnee jetzt besser vorankommt, wird schnell zerschlagen. Das ist eine richtige Schnee-Wanderung heute. Zwischendurch tauchen mal ein paar Wegmarkierungen auf, ansonsten hält man sich an die vorhandene Spur oder sucht etwas weiter weg nach den nächsten Markierungen und bahnt sich einen Weg in die richtige Richtung.
Dieser Kessel wird umrundet. Rechts im Schneefeld sieht man eine Spur.
Und bei dem ganzen Schnee heute, darf doch auch ein Berg-Schnee-Engel nicht fehlen.
Nach mehr und noch mehr Schnee, tauchen dann auch wieder ein paar Latschen auf. Da haben die grauen Berge dann weiße und grüne Flecken.
Über Felsplatten und -buckel mit tiefen Spalten geht es bald steil hinab. Nach einiger Kletterei über Felsblöcke wird es langsam wieder grüner. Erst geht es durch Latschen, dann über Wiesen.
Und dann taucht plötzlich die Hütte vor mir auf. Sie liegt direkt am Elmsee. Darauf habe ich mich schon den ganzen Tag gefreut, in den See zu springen.
Das Wasser ist kalt, aber es tut gut. Es ist nicht so kalt, dass man es nicht aushält. Ich schwimme zu dem großen aufblasbaren Schwan in der Mitte des Sees und setze ihn wieder hin, er war auf die Seite gekippt. Als ich das später dem Hüttenwirt erzähle, gibt er mir gleich einen Zirbenschnaps dafür aus. Und trinkt natürlich einen mit. Ich habe ihn nicht direkt verstanden und ehe ich mich versehe, halte ich das Pinnchen in der Hand. Also gut – schmeckt mir sogar heute.
Die kleine Hütte ist super gemütlich, in meinem Hüttenranking rutscht sie sofort ganz nach vorne. Für Unterhaltung sorgen auch die beiden Ziegen, die draußen auf der Terrasse die Blumen aus der Vase auf dem Tisch futtern, wenn niemand guckt.
Dominik
Hi Sophie, verfolge mit Spannung deine. Nordalpenweg. Bin selbst entlang des Weges unterwegs aber ein Stück hinter dir.
Dein Bericht bzgl Schnee hat mich etwas verunsichert. Ich komme bald nach Hinterstoder, nächtige im Prielachutzhaus. Ist die Überquerung des Toten Gebirges dzt echt so schwer? Habe keine Grödel o.ä. dabei sondern laufe in Traillaufschuhen. Sind die Schneefeldquerungen die gefährlich sind zahlreich bzw echt so gefährlich? Umgehung scheint es keine logische zu geben…
Hoffe du kannst mir ein bisschen berichten.
Gerne auch an info [at] wegalsziel.at
Danke und gute Wanderung,
Dominik
Sophie
Hi Dominik,
es liegt dieses Jahr immer noch einiges an Schnee. Ob die Querung der Schneefelder sehr gefährlich ist, ist sicher ein Stück weit Ansichtssache und kommt auf die Erfahrung und Trittsicherheit an. Es sind schon einige ziemlich steile Stellen dabei, wo es recht weit runter geht, wenn man abrutscht. Ich habe sonst keine anderen Leute mit Grödeln gesehen bisher, ich fühle mich damit aber oft sicherer. Allerdings hatten schon alle Bergschuhe an, jedenfalls was ich gesehen habe. Wenn Du gute Sohlen hast und sicher unterwegs bist, dann sollte das trotzdem klappen.
Waren beim Aufstieg von der Voisthaler Hütte zum Schiestlhaus im Hochschwab bei Dir noch die steilen Schneefelder da? Wenn die kein Problem waren, dann kommst Du im Toten Gebirge auch gut klar, denke ich.
Zu Ungehungen kann ich nichts sagen, ich bin zum ersten Mal in dieser Gegend und kenne mich micht weiter aus. Im Wanderführer steht jedenfalls keine Alternative, aber den hast Du ja sicher selber.
Wie weit hinter mir bist Du denn?
Vielen Dank und Dir auch eine gute Wanderung!
Dominik
Hi Sophie,
Danke für deine Infos.
Ich komme heute (9.7) in Spital an und starte dann am 11.7 über das Tote Gebirge ab der Prielhütte. Also ca. 1 Woche nach deiner Überschreitung. Vielleicht ist die Situation vom Schnee her schon besser. Im Hochschwab hatte ich nur 1 kurzes Schneefeld. Ich bin dort vorgestern (7.7) durch.
Die Schneefelder sind aber nicht so, dass man am Ende absturzgefärdet ist?Schneefelder hoch ist nicht sobarg, mag nur Querungen nicht gerne.
Ich ruf auch mal in der Hütte an und Frag nach.
Danke dir und alles Gute!
Sophie
Hi Dominik,
es ist beides dabei, auch Querungen. Wenn man abrutscht, würde man teilweise ziemlich steil und weit herunterrutschen, aber nicht abstürzen. Die meisten Schneefelder enden in einem großen Fels-Kessel. Ungefährlich ist es trotzdem nicht.
Ich habe mir auch mal Deinen Blog angeschaut. Bei Deinem Tempo holst Du mich ja vielleicht noch ein irgendwann 😉
Guten Weg Dir!