Ich liege wieder ziemlich viel wach nachts. Es ist sehr windig und regnet zwischendurch. Der Wind hat einen Hering aus dem Boden gezogen, aber mein Zelt hält super.

Zum Frühstück gibt es mal wieder Haferflocken-Bananen-Matsch. Da es gestern im Supermarkt aber keine einfachen Haferflocken gab, habe ich Müsli gekauft. Leider mit so ekelhaft grünen, roten und weißen Stückchen, die einfach nur künstlich süß schmecken. Also sitze ich erstmal in meinem Zelt und suche diese Stückchen raus bis nur noch Haferflocken und Rosinen übrig sind. Schon besser.

Eigentlich wollte ich gestern Abend noch meine Route für die nächsten Tage planen. Das habe ich aber doch nicht gemacht. Irgendwie habe ich im Moment mehr Lust, einfach draufloszugehen. Allerdings muss ich übernächsten Montag morgens früh am Hafen sein, also ist zumindest ein bisschen Planung vielleicht doch besser. Ich koche Tee und breite die Wanderkarte vor mir aus. Dann fange ich am besten von hinten an zu planen. Am Sonntag möchte ich am Hafen ankommen und da liegen noch einige Höhenmeter auf dem Weg. Irgendwann bin ich dann mit einer Route zufrieden, wo ich alles sehe, wo ich hinwollte und noch ein paar Geocaches mitnehmen kann.

Ich mache mich auf die Suche nach Trinkwasser. Das habe ich gestern bei meinem Rundgang nicht entdeckt. Dabei treffe ich Matthias. Frank hat ihm gestern wohl schon angekündigt, dass ich komme und er fragt mich direkt, ob ich das deutsche Mädel sei. Das ist ja lustig hier. Als ob jeder jeden kennt. Er arbeitet als Programmierer und reist dabei rum. Coole Sache! Das wäre auch was für mich. Er gibt mir ein paar wertvolle Tipps zu Schlafplätzen und Wasserstellen auf meinem weiteren Weg.

Ich packe zusammen und schaue mich nochmal um, ob nun irgendjemand zum Bezahlen zu sehen ist. Da kommt mir jemand entgegen, der wohl gerade Klopapier auffüllen will. Er spricht nur Spanisch, aber irgendwann versteht er, dass ich für die letzte Nacht noch bezahlen möchte. Er gibt mir ein Formular, wo ich meine Adresse und weitere Daten eintrage. Mein Personalausweis wird eingescannt und ich kann nur mit Karte bezahlen. Dieser ganze Aufwand für 4,32 €.

Dann geht es weiter. Mein nächstes Ziel ist der Berg Mercadel mit 1.253 Metern Höhe. Ich komme an einer Wasserstelle vorbei und folge einem breiten Weg durch den Kiefernwald. Oben angekommen steht dort statt Gipfelkreuz ein Strom-Erzeuger-Mast. Und es ist so extrem windig, dass ich mich an einem Baum festhalte. Dort warte ich ein bisschen bis ich mich überhaupt traue, weiterzugehen.

In der Ferne sehe ich das Meer und die Wolken ziehen so schnell über den Himmel, dass sich mir alle paar Minuten ein neues spannendes Bild bietet.

Ich mache mich an den Abstieg, hier oben möchte ich nicht so lange bleiben. So starker Wind ist echt ungemütlich. Ich erschrecke mich ziemlich, als mir eine Gruppe mit Quadbikes entgegenkommt, die durch den Wald heizt. Ich ziehe meine Regenjacke über. Mich verschluckt der Nebel, es regnet die ganze Zeit leicht. Unten angekommen fällt mir ein, dass ich hier doch eigentlich einen Geocache suchen wollte. Also gehe ich nochmal ein Stückchen zurück und finde ihn an einer riesigen Kiefer unter ein paar Steinen.

Dann geht’s weiter nach El Juan. Erst weiter durch den Wald, dann an der Straße entlang. Hier ist nichts los, mich überholt nur ein Auto. In El Juan komme ich an einem Besucherzentrum vorbei, wo einsam eine Dame sitzt. So spannend sieht es nicht aus, ich gehe nur daran vorbei. Ich muss mir ja auch noch einen Schlafplatz für die Nacht suchen. Bis zur Kapelle schaffe ich es wohl nicht, bevor es dunkel wird. Das war ein Tipp von Matthias.

Der Weg ist jetzt nur noch ein schmaler felsiger Pfad, der sich auf etwa 800 Meter Höhe über der Küste her windet. Die Suche nach einem Schlafplatz gestaltet sich als ziemlich schwierig. Rechts und links vom Weg ist es direkt sehr steil und meistens felsig. Ich komme an ein paar Plätzen vorbei, die eventuell funktionieren würden. Aber ich gehe jedes Mal weiter und hoffe, noch einen besseren Platz zu finden. Ich bin ziemlich fertig und meine Schultern schmerzen von meinem schweren Rucksack. Als es fast 18 Uhr ist, bekomme ich ein bisschen Angst. Was mache ich denn, wenn ich keinen Platz finde, wo ich mein Zelt aufstellen kann?

Dann finde ich eine Stelle etwas unterhalb des Weges, halb unter einer großen Kiefer. Es ist zwar nicht eben, aber nicht so steil wie alle anderen Stellen. Es ist sehr windig, aber die Aussicht ist grandios. Wie diese Bilder in Outdoor-Zeitschriften, wo das Zelt an irgendwelchen wunderschönen, abgelegen Orten steht.

Ich binde zwei der Zeltschnüre an dem Baum fest und räume ganz viele Kiefernnadeln zur Seite, die als dicke Schicht auf dem Boden liegen. Darin halten die Heringe nicht. Der Wind pfeift um mich herum und für mehr Halt benutze ich alle Heringe, die ich habe. So idyllisch wie es auf dem Foto aussieht, ist es gerade nicht.

Erst als ich mich zur Probe ins Zelt lege, merke ich, wie abschüssig es doch ist. Mist. Dann baue ich mir eben eine Konstruktion, wie ich hoffentlich schlafen kann. Der Rucksack kommt ans Fußende, die Matratze schiebe ich daran, dann kann sie nicht weiter nach unten rutschen und ich kann halb darauf liegen. Das Zelt biegt sich im Wind und ich liege die ganze Zeit wach. Ich traue mich auch nicht, nochmal aufzustehen und rauszugehen, um mir den Sonnenuntergang weiter anzuschauen. Ich wünsche mir einfach nur, dass der Wind aufhört und die Nacht schnell vorbei ist.


11,8 km
3:35 h
129 hm
349 hm
1137 m