Ich werde nachts einmal wach, weil es regnet. Ich werde aber zum Glück nicht nass in meiner Nische. Ich wache auch noch ein paar Mal auf, aber immer nur kurz. Ich habe noch keine Nacht so viel und gut geschlafen wie diese. Vielleicht liegt es ja daran, dass ein paar Meter weiter der Tscheche liegt und ich nicht alleine bin. Auch wenn ich ihn nicht weiter kenne. Oder einfach daran, dass der Nachmittag vorher entspannt war und ich mir keine Sorgen gemacht habe. Ich liege noch bis halb 9 in meinem Schlafsack und genieße die Aussicht auf das Meer.

Dann packe ich meine Sachen zusammen und frühstücke in Ruhe Bananen-Porridge. Das Essen ist nicht sehr abwechslungsreich. Aber das stört mich im Moment nicht weiter. Es geht schnell, ist warm und macht mich satt. Ich spüle mein Geschirr unter braunem Wasser aus dem Tank ab und mache mich auf den Weg.

Kurz vor dem Leuchtturm suche ich den Eingang zu einem Lava-Tunnel, damit ich einen Earth-Cache loggen kann. Ich lasse meinen Rucksack an einer Steinmauer stehen und nehme nur Stirnlampe und Kamera mit. Es geht ein paar Stufen hinunter und dann etwa 200 Meter durch den stockdunklen Tunnel. Nur an einer Stelle kann ich nach oben Licht sehen. Zwischendurch kann ich aufrecht gehen, an einigen Stellen muss ich mich unter den Felsen her ducken. Gut, dass ich den Rucksack draußen gelassen habe. Am Ende geht es wieder ein paar Naturstufen hoch und ich habe einen tollen Blick auf das weite Meer. Auf dem Rückweg nehme ich wieder den Weg durch den Tunnel, auch wenn es ein bisschen unheimlich ist. Oben drüber ist mir das Lava-Gestein zu rau und scharfkantig.

Kuba sitzt an der Straße und wartet, dass ein Auto vorbeikommt. Für mich sieht er sowieso nicht so aus, als würde er viel wandern. Er hat normale Halbschuhe an. Ich gehe weiter und mache mich an den Anstieg über denselben Pfad, den ich gestern heruntergekommen bin. Ich habe beschlossen, meine Route zu ändern, da ich keine Nacht mehr oben in den kalten Bergen schlafen möchte. Dafür muss ich zwar viel Straße gehen, da nach Westen kein Wanderweg führt, aber dafür kann ich dann bis nach Frontera an der Küste entlang gehen. Da ist ein krasser Temperaturunterschied zwischen der Küste und den Bergen in der Mitte der Insel.

Allerdings muss ich mit meinem Wasser haushalten. Ich habe nur noch 2 Liter. Außerdem nur noch jeweils eine Paprika, Möhre, Banane und Haferflocken für eine Portion Porridge. Ich muss also allerspätestens morgen einen Supermarkt finden. Das wenige Wasser macht mir schon Sorgen. Mein Plan ist es, heute zum Strand Playa del Verodal zu gehen und morgen der Küstenstraße weiter zum nächsten Ort, nach Pozo de la Salud, zu folgen.

Ich bringe die Höhenmeter hinter mich und komme mit abwechselnd Sonne und Regen und einem schönen Regenbogen oben an.

Ich biege links ab und folge der Straße. Hier fahren sowieso nur 2 bis 3 Autos pro Tag, da ist es nicht so schlimm, auf der Straße zu gehen. Allerdings tun durch das viele Laufen auf Asphalt meine Füße schon nach kurzer Zeit richtig weh. Und meine Schultern schmerzen auch wieder. Aber das wird etwas besser, wenn ich meine Schultergurte komplett löse, so dass das Gewicht mehr auf meinen Hüften sitzt.

Ich habe so einen Durst die ganze Zeit. Mein Mund ist schon ganz trocken. Ich erlaube mir aber immer nur kleine Schlucke zu trinken. Ich habe Angst, sonst ganz ohne Wasser dazustehen. Dass es nicht reicht bis zum Supermarkt morgen. Der ja auch gar nicht sicher ist. Ich spiele mit mir selber Spiele, um das Wasser zu rationieren. Ich darf erst an der nächsten Wegkreuzung wieder einen Schluck trinken oder erst in einer halben Stunde wieder einen kleinen Schluck.

Es geht einige Zeit eben und dann in engen Serpentinen wieder herunter. Beim Gehen singe ich laut alle möglichen Lieder, zu denen mir die Texte einfallen. Und in Dauerschleife Lemon Tree von Fools Garden, als mir nichts mehr einfällt. Hier ist ja niemand, den das stören könnte.

Ich komme an einem Aussichtspunkt vorbei, der aber eher für Autofahrer interessant ist. Hier stehen auch 3 Autos. Als Wanderer braucht man hier nicht stoppen, da man sowieso die ganze Zeit in Ruhe die Aussicht genießen kann.

Auf dem letzten Kilometer zum Strand hält ein Auto neben mir an und ich werde auf Deutsch gefragt, ob ich mitfahren möchte. Aber nach 10,6 Kilometern schaffe ich den letzten Kilometer jetzt auch noch zu Fuß.

Ich komme an einem Schild vorbei, wo steht, dass man den Strand wegen Steinschlaggefahr nicht betreten soll. Ich hoffe, dass der Picknickplatz davor liegt und geschützt ist. Und das ist tatsächlich so. Es ist traumhaft hier. Fast noch schöner als gestern der Platz hinter dem Leuchtturm.

Es gibt einen großen, wieder mit Palmwedeln geschützten Picknickbereich zwischen den Felsen. Perfekt zum Schlafen. Es gibt nur leider kein Trinkwasser.

Ich klettere ein paar Felsen hinab und stehe am schwarz-rötlichen Strand. Baden soll hier gefährlich sein wegen der Unterströmung. Also gehe ich nur mit den Füßen ins Wasser. Das tut sehr gut nach der Wanderung heute. Ich quatsche mit dem deutschen Pärchen aus dem Auto. Die beiden liegen auf ihren Handtüchern im Sand. Er geht ins Wasser und wird direkt von einer großen Welle umgerissen. Dabei verliert er seine Sonnenbrille und kann seine Uhr gerade noch retten. Vielleicht sollte man sich an die Warnung halten, hier nicht zu Baden.

Als sie wieder fahren, bin ich ganz alleine an diesem schönen Ort. Ich setze mich auf einen Fels in der Sonne, beobachte die Wellen und schreibe meine Erlebnisse auf. Wie gut, dass ich hier hergekommen bin. Auch wenn ich zwischendurch gar keine Lust mehr auf Abenteuer hatte.

Ich höre ein Auto und der Mann kommt nochmal zurück. Mit einer Dose Bier in der Hand. Sogar gekühlt. Die hatten sie noch im Auto und dachten, ich würde mich darüber freuen. Das ist ja lieb! Ich bedanke mich grinsend und wir verabschieden uns nochmal. Ich mag zwar den Geschmack von Bier nicht, aber ich nehme die kühle Dose mit zu meinem schönen Ausguck-Platz und freue mich sehr über solche netten Menschen. Und tatsächlich schmeckt es hier draußen nach einem anstrengenden Tag auch gar nicht so schlimm und hilft, meinen Durst ein bisschen weiter zu löschen.

Der Sonnenuntergang ist wieder ein Traum. Ich bereite mein Bett auf einer Steinbank. Allerdings habe ich heute immer wieder Rückenschmerzen und finde keine richtig bequeme Position.


11,1 km
3:25 h
291 hm
260 hm
322 m