Ich habe gut geschlafen. Es war in diesem Urlaub die erste Nacht in einem richtigen Bett. Zum Frühstück gibt es Bananen-Rührei à la Christopher. Die Idee stammt von einem guten Freund und schmeckt erstaunlich lecker, vor allem mit Zimt. Die beiden übrig gebliebenen Eier koche ich und nehme sie und die restlichen Bananen als Wegzehrung mit. Jetzt, wo ich mich wieder fit und ausgeschlafen fühle, habe ich doch keine Lust mehr, noch hierzubleiben. Ich will lieber wieder raus und wandern. Es muss ein neuer Plan her. Am besten plane ich also nicht abends weiter, wenn ich erschöpft und müde bin.

Ich hole die Wanderkarte und mein Handy raus. Es soll nach La Maceta gehen für die nächste Nacht. Den Tipp hatte Kuba mir ja gestern gegeben. Noch eine Nacht direkt am Meer bevor es dann die steile Wand hinauf geht. Diese sehr steile Bergseite sehe ich schon die ganze Zeit vor mir und frage mich, wie ich da hinaufkommen soll. Es ist der einzige Fußweg von hier zur anderen Seite der Insel, wo sich der Hafen befindet. Ich suche noch nach Alternativen, aber der lange Tunnel, wo die Autos herfahren macht mir noch mehr Angst. Da möchte ich zu Fuß nicht durch. Der Wanderweg, den es hoffentlich auch gibt, soll oben an einer Kapelle mit Picknickplatz rauskommen. Das wird dann noch eine Nacht im Freien oben auf dem Berg. Hoffentlich ist es dort ein bisschen windgeschützt. Samstag könnte ich in Valverde schlafen, am Sonntag abends in der Stadt essen gehen und danach die letzten 2,5 Kilometer zum Hafen laufen. Die Fähre fährt am Montag früh morgens ab. So weit, so gut.

Auf geht es. Ich statte einer kleinen Kapelle auf einem einsamen Hügel einen Besuch ab, um einen Geocache zu suchen. Geocaches sind echt eine gute Möglichkeit fremde Orte zu entdecken, wo man sich nicht auskennt. Meistens werden sie ja von Einheimischen versteckt, die in der Nähe wohnen und sich auskennen. Man gelangt so zu Orten abseits der Massen und erfährt aus den Listings oft noch interessante Details dazu.

Ich schaue mir auch die Kirche neben der Kapelle an. Daneben befindet sich eine Ringkampfarena, wie sie jeder Ort hier hat. Dann steige ich nach unten in den Ort ab. Ich laufe durch eine breite Allee mit ganz vielen Bänken auf beiden Seiten der Straße. Jede Rückenlehne ist mit einem anderen bunten Gemälde bemalt. Ich statte dem Supermarkt noch einen Besuch ab und kaufe bis Samstag Vorräte ein. Und als Belohnung, als ich alles im Rucksack verstaut habe, gönne ich mir ein Eis. Der Rucksack ist jetzt wieder echt schwer mit 5 Litern Wasser und dem ganzen Essen.

Ich gehe die Straße hinunter bis zur Küste. Ich möchte nach Charco Azul. Das ist eine natürliche Höhle mit Naturschwimmbecken. Die Felsen schützen die ruhige Bucht vor den großen Wellen. Wenn man nach El Hierro googelt, findet man direkt zig Bilder dieses Naturschauspiels. Es ist auch schön, aber es ist bewölkt heute. Die leuchtenden Farben, das Türkis des Wassers, sieht man wohl nur bei Sonnenschein. Auf den Felsen entdecke ich einen Maler mit seiner Staffelei. Ich mache nur ein paar Fotos und setze mich auf eine Holzplattform.

Ich schaue nochmal auf die Karte. Es macht mich stutzig, dass der Wanderweg den steilen Berg hinauf nur auf einer einzigen Karte eingezeichnet ist. Auf den anderen ist dort kein Weg, bei Outdooractive auch nicht. Da ich hier noch Empfang habe, gucke ich im Internet nach. Der Weg war 2011 und 2013 gesperrt, schreiben Leute in einem Forum. In einem anderen Forum heißt es, dass man den Weg bloß nicht gehen solle, es müsste einiges an Ausbesserungs- und Sicherungsarbeiten gemacht werden, ansonsten wäre es ziemlich gefährlich. Na toll, dann probiere ich das lieber nicht. Ein anderer Weg muss her. Und da gibt es nur einen einzigen. Dafür muss ich allerdings einen ziemlich langen Umweg gehen und erst wieder nach La Frontera hoch. Aber eine andere Möglichkeit habe ich nicht, ich kann ja schlecht durch den Autotunnel gehen.

Okay, also wieder die steilen Stufen hoch mit dem schweren Rucksack. Und dann vergesse ich auch noch den Geocache. Also verstecke ich den Rucksack hinter einer Steinmauer und renne wieder runter. Es ist so leicht ohne Rucksack. Das beflügelt. Ich finde schnell die richtige Stelle, beantworte die Fragen zum Earth Cache und laufe wieder die Treppen hoch.

Jetzt kann ich entweder den Wanderweg mit 6 Kilometern und 250 Höhenmetern nach oben und wieder runter nehmen oder 4 Kilometer der Straße folgen mit wenigen Höhenmetern. Da es schon recht spät ist und ich nicht ganz genau weiß, wo ich schlafen kann, entscheide ich mich für die Straße. Allerdings zieht sich das richtig. Die Straße führt so weit ich gucken kann schnurgerade geradeaus. Zwischendrin ein paar kleine Wellen nach oben.

Ein Spanier hält mit seinem Auto neben mir und erzählt mir irgendwas von schlechtem Wetter und dass ich einsteigen soll. Mehr verstehe ich nicht, dafür reicht mein Spanisch nicht. Als ich „Nein“ sage, dreht er und fährt wieder. Komischer Vogel. Gut, dass ich nicht eingestiegen bin. Weiter geht es, vorbei an großen Bananenplantagen.

Dann kann ich endlich von der Straße abbiegen Richtung Küste. Erst an Charco los Sargos vorbei, einer weiteren Felsbucht mit Naturschwimmbecken. Von dort führt ein Pfad weiter nach La Maceta. Ich gehe über den Parkplatz, am Restaurant und öffentlichen Toiletten vorbei. Als ich dann die Treppe heruntergehe, habe ich meinen Schlafplatz gefunden. Das ist genial. Hier gibt es einen Picknickplatz und ein noch größeres Meeres-Naturschwimmbecken. Wenn doch nur die Sonne scheinen würde und der Wind nicht so kalt wäre.

Ich mache es mir auf der Steinbank bequem, koche und esse.

Leider ist es so bewölkt, dass später auch keine Sterne zu sehen sind. Da eine ganze Menge Kakerlaken herauskommen und auf dem Boden herumkrabbeln, sobald es dunkel wird, schnüre ich meinen Schlafsack, bis auf einen kleinen Schlitz für die Augen, komplett zu. Die Kakerlaken waren auch schon an den anderen Picknickplätzen, wo ich draußen geschlafen habe. Sobald ich die Stirnlampe anmache und das Licht auf sie richte, verschwinden sie wieder in den Spalten im Fels. Es dauert sehr lange bis ich einschlafe.


13,5 km
4:10 h
69 hm
408 hm
432 m