Guten Abend,
ich schreibe euch noch kurz bevor mir schon die Augen zufallen.
Nachts ist es doch recht kühl, gestern habe ich mit Fleecejacke, Tuch als Schal und Buff um die Ohren geschlafen. Ich habe zwar sehr gut geschlafen, nur leider sind meine Füße noch nicht ganz erholt heute Morgen.
Trotzdem gehe ich erstmal los. Überwiegend ist der Weg heute ein Pfad etwas oberhalb vom Strand. Ein richtig schöner Weg, links von mir immer das Meer und rechts Felder oder kleine Siedlungen. Später geht es durch Wiesen, wo mich zottelige Kühe beobachten. Ich treffe sehr viele Fahrradfahrer, aber zu Fuß ist kaum jemand unterwegs.
Meine Füße quälen mich allerdings sehr. Wer erfindet nur Blasen direkt unter den Ballen?! Das nervt. Ich möchte so gerne das Gehen genießen und nicht nur so durch die schöne Landschaft humpeln.
Nach eineinhalb Stunden finde ich endlich mal ein Plätzchen im Schatten. Schatten ist heute selten, ich laufe nur in der prallen Sonne. Meine 3 Liter Trinkblase ist leer, lange bevor ich mein Ziel erreiche.
Ich sitze also im Schatten, esse etwas und überlege, was ich mache. Ich wollte eigentlich heute zur dänischen Grenze, dem nördlichsten Festland-Punkt und dann weiter nach Süderlügum. Das wären aber noch über 20 Kilometer und unmöglich zu schaffen in meinem Schneckentempo und mit den Schmerzen heute. Ich ringe mit mir selber, will ich doch so gerne weitergehen. Vernünftigerweise entscheide ich mich aber dann für (nur) noch eineinhalb Stunden bis zum nächsten Campingplatz, um den Nachmittag die Füße hochzulegen und zu schonen. Ich kann ja meine Füße schließlich nicht schon am Anfang ganz kaputt laufen.
Die schönste Stelle heute kommt kurz nachdem ich weitergehe. Entlang des Pfades flattern auf ein paar Metern hunderte von Schmetterlingen. Auf den Fotos sieht man das nicht so gut, aber es schwirren so viele um mich herum und begleiten mich ein Stück. Ich muss an das Buch von Hape Kerkeling denken, wo er den Jakobsweg geht. Dort beschreibt er immer wieder solche Stellen. Man sagt, dass die Schmetterlinge einem dort den Weg leiten.
Ich treffe auf meinem Weg heute sehr viele supernette und interessierte Menschen. Manchmal werde ich beim Gehen angesprochen, meistens wegen dem großen Rucksack.
Als ich am Straßenrand sitze und meine schmerzenden Füße mit Spitzwegerich versorge, halten viele Radfahrer an und fragen, ob ich mich verletzt hätte oder ein Pflaster bräuchte. Meine Nachbarn auf dem Campingplatz laden mich zum Essen ein, ich habe allerdings auf dem Weg schon eingekauft. Als ich dankend ablehne, spendieren sie mir trotzdem ein paar Erbsen für meine Linsen mit Champignons und bieten mir Gewürze an.
Wie ich so vor meinem Zelt auf dem Rasen sitze und auf meinem kleinen Gaskocher essen koche, bin ich richtig glücklich. Ich liebe dieses einfache Leben, welches man unterwegs hat. Und ich liebe es, den ganzen Tag draußen zu sein.
Drückt mir bitte alle die Daumen, dass ich morgen weitergehen kann und nicht noch einen Tag Pause machen muss. Auch wenn es super schön ist hier, aber ich möchte einfach locker leicht und ohne Schmerzen los stapfen können. Hoffentlich vergehen die Startschwierigkeiten schnell.