Nach meiner Deutschland-Durchquerung ist nun schon über ein Jahr vergangen. Letzten Herbst hat mich dann das „Weitwanderweh“ überrollt. Es wurde Zeit, neue Pläne zu konkretisieren. Am liebsten hätte ich direkt meinen Rucksack gepackt und wäre am nächsten Tag losgestapft. Allerdings erfordert meine nächste Tour doch ein bisschen mehr Planung. Solange begnüge ich mich eben mit kleinen Ausflügen und großer Vorfreude. Vorfreude auf einfaches Leben in und mit der Natur, wo die wichtigsten Dinge Laufen, Essen und Schlafen sind. Erkunden von Gegenden abseits der Zivilisation. Spüren der Weite unseres Planeten. Erleben von spektakulären Naturschauspielen. Lernen über andere Kulturen. Spannende Treffen mit Einheimischen und Gleichgesinnten.

Aber erstmal zurück ins Hier und Jetzt. Nach vielen verschiedenen Ideen habe ich mich zwischen meinen zwei Favoriten entschieden. Zur Wahl stand eine Ost-West-Alpendurchquerung, z.B. von Wien nach Nizza, oder eine Durchquerung Norwegens, von Süden nach Norden.

Und – Trommelwirbel – der Sieger ist: Norwegen!

Genauer gesagt: Norwegen der Länge nach. Oder auch Norge på langs, wie diese Tour auf norwegisch genannt wird. Abgekürzt spricht man von NPL bzw. bei den Wanderern von NPLern.

Für die bekanntesten Weitwanderwege in den USA, wie z.B. den Pacific Crest Trail (PCT), Appalachian Trail (AT) oder den Continental Divide Trail (CDT) gibt es Reiseführer und inzwischen auch Apps, die einem den Weg vorgeben. Anders sieht es bei Norge på langs aus. Man ist auf sich alleine gestellt. Es gibt keine vorgegebene Route, keine Streckenbeschreibung, keine offiziellen Empfehlungen, keine speziellen Wegmarkierungen. Man hat zwar teilweise die Möglichkeit, sich an anderen Fernwanderwegen und lokalen Wanderwegen zu orientieren, aber eben nur auf bestimmten Abschnitten.

Andere NPLer schreiben in ihren Blogs, dass sie ca. 1 Jahr vor dem Loswandern mit der Planung gestartet haben. Ich habe also noch eine Menge Arbeit vor mir, damit ich die Tour, wenn es soweit ist, dann auch genießen kann. Denn das geht bei so einer langen Wanderung am besten, wenn man vorher schon einen recht genauen Plan hat. Selbst wenn man diesen unterwegs dann ändert. Schließlich reden wir hier, je nach Route, von 2600 bis 3000 Kilometern. Diese führen nicht nur über Wanderwege und Straßen, sondern oft auch durch wegloses Gelände und Wildnis.

Ich weiß, dass diese Tour eine große Herausforderung wird und habe großen Respekt vor dem, was mich erwartet. Wahrscheinlich war meine Deutschland-Wanderung ein Klacks dagegen. Zivilisation und Hilfe waren nie weit weg und immer relativ schnell erreichbar. Am meisten Gedanken mache ich mir um die Schneeschmelze im Frühjahr und reißende Flüsse, tauende Altschneefelder und frühen Wintereinbruch im Herbst. Da bin ich nur ein winziges Wesen in der Weite, der Natur und allem um mich herum ausgesetzt.

Eine gute Vorbereitung ist das A und O und verleiht Sicherheit. Man sollte die eventuellen Gefahren kennen und wissen, wie man sich im Notfall helfen kann. Es gibt eine ganze Menge zu planen, aber dafür wird man mit einer entspannteren Wanderung belohnt. Es gab auch schon einige NPLer, die ihre Tour aufgrund des Wetters und zu schlechten Wegverhältnissen abbrechen mussten. Klar ist, dass Sicherheit vor dem Ehrgeiz steht, die Tour zu Ende bringen zu wollen. Mein Traum ist, am südlichsten Festlandpunkt loszugehen und am nördlichsten Festlandpunkt anzukommen. Also von Nesvarden an der Südspitze der Halbinsel Lindesnes bis zum Fels Kinnarodden auf der Nordkinnhalbinsel zu gehen. Und am liebsten nur innerhalb Norwegens zu bleiben. Ob das hinterher auch so klappt, wird sich zeigen.

Bevor ich aber ganz in die Planung einsteigen konnte, stand ein Gespräch mit meinem Arbeitgeber an. Am besten frühzeitig, damit beide Seiten genug Zeit zum Planen haben. Ich gehöre nicht zu den Langstreckenwanderern, die ihren Job kündigen (müssen), um ihre Pläne umzusetzen. Ich mag meinen Job und bin glücklich, dass ich diesen auch nach der Wanderung noch habe. Das Gespräch verlief positiv und der erste Schritt zur Umsetzung meines Traumes war getan. Von Mai bis Oktober 2021 wird gewandert! Juchu! Ich bin jetzt schon ganz aufgeregt.

Ich hoffe sehr, dass mir Corona im Mai keinen Strich durch die Rechnung macht und ich auch einreisen darf in Norwegen.